Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.sicht durch einfache Anwendung der Grundsätze des Vereins- Die Stellung der Theorie des Versicherungswesens in der Staatswissen- B. Grundsagen des öffentlichen Rechts des Versicherungswesens. Es ist kein Zweifel, daß jede Versicherungsgesellschaft zunächst ein ſicht durch einfache Anwendung der Grundſätze des Vereins- Die Stellung der Theorie des Verſicherungsweſens in der Staatswiſſen- B. Grundſagen des öffentlichen Rechts des Verſicherungsweſens. Es iſt kein Zweifel, daß jede Verſicherungsgeſellſchaft zunächſt ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0194" n="170"/> ſicht durch einfache Anwendung der <hi rendition="#g">Grundſätze des Vereins-<lb/> rechts</hi> auf die Geſellſchaften auszuüben, während ſtatt feſter <hi rendition="#g">Prin-<lb/> cipien die Concurrenz</hi> der letzteren für das ganze Verſicherungs-<lb/> weſen maßgebend wird. Das deutſche Handelsgeſetzbuch hat dieß ſo<lb/> wenig geändert wie der <hi rendition="#aq">Code de Com.</hi> und ſeine Nachbildungen in<lb/> den übrigen Staaten. Dieß iſt der gegenwärtige Zuſtand. Sein<lb/> Charakter iſt der Mangel einer, auf einer feſten Theorie beruhenden<lb/> Oberaufſicht trotz richtigem Verſtändniß der öffentlichen Bedeutung der<lb/> Sache. Die Aufgabe der Zukunft iſt demnach, die erſtere zu formu-<lb/> liren, wie der zweiten ihren wahren Inhalt zu geben. Dafür aber<lb/> ſind die leitenden Grundſätze folgende.</p><lb/> <p>Die Stellung der Theorie des Verſicherungsweſens in der Staatswiſſen-<lb/> ſchaft (<hi rendition="#g">Juſti</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> 718) iſt falſch; <hi rendition="#g">Berg, Sonnenfels</hi>, Handbuch <hi rendition="#aq">VII.</hi> 256<lb/> nehmen es noch allgemein a. a. O.; ähnlich <hi rendition="#g">Mohl</hi>, Polizeiwiſſenſchaft <hi rendition="#aq">II.</hi> 127 ff.<lb/><hi rendition="#g">Rau</hi> dagegen hat es in die „Landwirthſchaft“ verwieſen (Volkswirthſchaftspflege<lb/><hi rendition="#aq">I.</hi> 105), dem <hi rendition="#g">Roſcher</hi> (Volkswirthſchaft <hi rendition="#aq">II.</hi> C. 13) gefolgt iſt. Wie gering<lb/> iſt aber das verſicherte landwirthſchaftliche Capital gegenüber dem übrigen!<lb/> Ein Verſtändniß des Verwaltungsrechts für dieſes Gebiet mangelt gänzlich.<lb/><hi rendition="#g">Gierke</hi> (Genoſſenſchaft S. 1049 ff.) hat wieder nichts darin geſehen, als eine<lb/> Form der Genoſſenſchaft, und behandelt nur ihre formalen Elemente. <hi rendition="#g">Döhl</hi>,<lb/> Verſicherungsweſen des preuß. Staates 1865 iſt eine ſehr fleißige Zuſammen-<lb/> ſtellung der preußiſchen Geſetzgebung. Die eigentliche <hi rendition="#g">Verſicherungslehre</hi><lb/> iſt neben der Verſicherungsjurisprudenz höchſt unentwickelt; ihr Vater bleibt<lb/> noch immer <hi rendition="#g">Maſius</hi> (ſyſtematiſche Darſtellung des geſammten Verſicherungs-<lb/> weſens 1846, rein geſchäftlich). Die neuere Zeit arbeitet dagegen kräftig;<lb/> viel Inhalt in <hi rendition="#g">Elsners</hi> Aſſecuranzalmanach 1867 f. Freilich alles nur vom<lb/> Standpunkt des Verſicherungs <hi rendition="#g">geſchäfts</hi>, ſogar ohne <hi rendition="#g">alle</hi> Rückſicht auf die<lb/> innere Verwaltung des Geſellſchafts- geſchweige denn des öffentlichen Intereſſes.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">B.</hi> Grundſagen des öffentlichen Rechts des Verſicherungsweſens.</hi> </head><lb/> <p>Es iſt kein Zweifel, daß jede Verſicherungsgeſellſchaft zunächſt ein<lb/> Unternehmen iſt, und daher berechtigt, frei nach eigenem Intereſſe zu<lb/> handeln. Es iſt aber auch kein Zweifel, daß das Intereſſe des Ver-<lb/> ſicherten zugleich ein öffentliches iſt, das ſie trotz alles allgemeinen<lb/> Vereinsrechts nicht vertreten können. Wenn daher die Geſellſchaften<lb/> den Einzelnen gegen Elementarſchaden ſchützen, ſo hat die Verwaltung<lb/> die Aufgabe, die Anſprüche der letzteren gegen die Geſellſchaft und<lb/> ihre Intereſſen zu ſichern. Die Kenntniß der Elemente des Verſiche-<lb/> rungsweſens, das jetzt tauſende von Millionen umfaßt, iſt daher ein<lb/> weſentlicher Theil der Verwaltungslehre, nicht in Beziehung auf die<lb/> einzelnen Geſchäfte, ſondern auf ihre prineipiellen Grundlagen; nur<lb/> ſie zeigt die wahre Stelle für die Oberaufſicht des Staats in <hi rendition="#g">allen</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0194]
ſicht durch einfache Anwendung der Grundſätze des Vereins-
rechts auf die Geſellſchaften auszuüben, während ſtatt feſter Prin-
cipien die Concurrenz der letzteren für das ganze Verſicherungs-
weſen maßgebend wird. Das deutſche Handelsgeſetzbuch hat dieß ſo
wenig geändert wie der Code de Com. und ſeine Nachbildungen in
den übrigen Staaten. Dieß iſt der gegenwärtige Zuſtand. Sein
Charakter iſt der Mangel einer, auf einer feſten Theorie beruhenden
Oberaufſicht trotz richtigem Verſtändniß der öffentlichen Bedeutung der
Sache. Die Aufgabe der Zukunft iſt demnach, die erſtere zu formu-
liren, wie der zweiten ihren wahren Inhalt zu geben. Dafür aber
ſind die leitenden Grundſätze folgende.
Die Stellung der Theorie des Verſicherungsweſens in der Staatswiſſen-
ſchaft (Juſti I. 718) iſt falſch; Berg, Sonnenfels, Handbuch VII. 256
nehmen es noch allgemein a. a. O.; ähnlich Mohl, Polizeiwiſſenſchaft II. 127 ff.
Rau dagegen hat es in die „Landwirthſchaft“ verwieſen (Volkswirthſchaftspflege
I. 105), dem Roſcher (Volkswirthſchaft II. C. 13) gefolgt iſt. Wie gering
iſt aber das verſicherte landwirthſchaftliche Capital gegenüber dem übrigen!
Ein Verſtändniß des Verwaltungsrechts für dieſes Gebiet mangelt gänzlich.
Gierke (Genoſſenſchaft S. 1049 ff.) hat wieder nichts darin geſehen, als eine
Form der Genoſſenſchaft, und behandelt nur ihre formalen Elemente. Döhl,
Verſicherungsweſen des preuß. Staates 1865 iſt eine ſehr fleißige Zuſammen-
ſtellung der preußiſchen Geſetzgebung. Die eigentliche Verſicherungslehre
iſt neben der Verſicherungsjurisprudenz höchſt unentwickelt; ihr Vater bleibt
noch immer Maſius (ſyſtematiſche Darſtellung des geſammten Verſicherungs-
weſens 1846, rein geſchäftlich). Die neuere Zeit arbeitet dagegen kräftig;
viel Inhalt in Elsners Aſſecuranzalmanach 1867 f. Freilich alles nur vom
Standpunkt des Verſicherungs geſchäfts, ſogar ohne alle Rückſicht auf die
innere Verwaltung des Geſellſchafts- geſchweige denn des öffentlichen Intereſſes.
B. Grundſagen des öffentlichen Rechts des Verſicherungsweſens.
Es iſt kein Zweifel, daß jede Verſicherungsgeſellſchaft zunächſt ein
Unternehmen iſt, und daher berechtigt, frei nach eigenem Intereſſe zu
handeln. Es iſt aber auch kein Zweifel, daß das Intereſſe des Ver-
ſicherten zugleich ein öffentliches iſt, das ſie trotz alles allgemeinen
Vereinsrechts nicht vertreten können. Wenn daher die Geſellſchaften
den Einzelnen gegen Elementarſchaden ſchützen, ſo hat die Verwaltung
die Aufgabe, die Anſprüche der letzteren gegen die Geſellſchaft und
ihre Intereſſen zu ſichern. Die Kenntniß der Elemente des Verſiche-
rungsweſens, das jetzt tauſende von Millionen umfaßt, iſt daher ein
weſentlicher Theil der Verwaltungslehre, nicht in Beziehung auf die
einzelnen Geſchäfte, ſondern auf ihre prineipiellen Grundlagen; nur
ſie zeigt die wahre Stelle für die Oberaufſicht des Staats in allen
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