hier daher noch mit Andeutungen begnügen. Erst wenn man Regie- rung und Verein als Organ derselben Idee erkennen wird, wird man in beiden und ihrer Wechselwirkung das Bild der für sich selbst thätigen Gemeinschaft der Interessen gewinnen.
Allgemeiner Theil. Elemente des Systems.
Der allgemeine Theil der wirthschaftlichen Verwaltung enthält seinem formalen Begriffe nach die Gesammtheit derjenigen Thätigkeiten, welche sich auf die allen Arten von Unternehmungen gemeinsamen Be- dingungen beziehen. Seinem Inhalte nach ist er der bei weitem rich- tigste, da gerade hier die Kraft des Einzelnen am wenigsten ausreicht. In seinen Elementen ist er daher von jeher dagewesen; so wenig es einen Staat ganz ohne Verfassung gibt, so wenig gibt es einen solchen ganz ohne allgemeine wirthschaftliche Verwaltung. Seine Entwicklung beginnt mit dem Königthum und seinem Sieg über die ständische Ge- sellschaft; seine Vollendung aber kann erst durch die freie Entwicklung des Vereinswesens gegeben werden. Sein System endlich beruht auf den großen Elementen alles Lebens, dem persönlichen, dem natürlichen und dem wirthschaftlichen Element. Auf das erste bezieht sich die Entwährung, auf das zweite die Verwaltung der Elemente, auf das dritte die Verwaltung des Verkehrswesens unter den Einzelnen. Der Reichthum dieser Gebiete, deren jedes wieder sein System und seine Geschichte hat, ist so groß, daß derselbe wohl nie von einem Einzelnen ganz erfaßt, geschweige denn in Geschichte und Gesetzgebung vollständig bewältigt werden wird.
Erstes Gebiet. Die Entwährung. Wesen und System.
Die Entwährung entsteht da, wo die Aufhebung eines bestimmten einzelnen Rechts als unabweisbare Bedingung der allgemeinen Ent- wicklung der Gesammtheit erscheint, und als solche vom Staate aner- kannt ist. Bedürfniß und Inhalt einer solchen allgemeinen Entwicklung aber entstehen ihrerseits aus der Bewegung der Gesellschaftsordnungen. Jede Entwährung ist daher eine Forderung des gesellschaftlichen Fort- schrittes an den Einzelnen; der Staat erzeugt keine Entwährung, son- dern ordnet und vollzieht sie nur; jede Entwährung ist daher ihrem Wesen nach ein gesellschaftlicher Proceß und ihr Recht ein gesell- schaftliches Recht, beide durch die Verwaltung des Staats geordnet.
hier daher noch mit Andeutungen begnügen. Erſt wenn man Regie- rung und Verein als Organ derſelben Idee erkennen wird, wird man in beiden und ihrer Wechſelwirkung das Bild der für ſich ſelbſt thätigen Gemeinſchaft der Intereſſen gewinnen.
Allgemeiner Theil. Elemente des Syſtems.
Der allgemeine Theil der wirthſchaftlichen Verwaltung enthält ſeinem formalen Begriffe nach die Geſammtheit derjenigen Thätigkeiten, welche ſich auf die allen Arten von Unternehmungen gemeinſamen Be- dingungen beziehen. Seinem Inhalte nach iſt er der bei weitem rich- tigſte, da gerade hier die Kraft des Einzelnen am wenigſten ausreicht. In ſeinen Elementen iſt er daher von jeher dageweſen; ſo wenig es einen Staat ganz ohne Verfaſſung gibt, ſo wenig gibt es einen ſolchen ganz ohne allgemeine wirthſchaftliche Verwaltung. Seine Entwicklung beginnt mit dem Königthum und ſeinem Sieg über die ſtändiſche Ge- ſellſchaft; ſeine Vollendung aber kann erſt durch die freie Entwicklung des Vereinsweſens gegeben werden. Sein Syſtem endlich beruht auf den großen Elementen alles Lebens, dem perſönlichen, dem natürlichen und dem wirthſchaftlichen Element. Auf das erſte bezieht ſich die Entwährung, auf das zweite die Verwaltung der Elemente, auf das dritte die Verwaltung des Verkehrsweſens unter den Einzelnen. Der Reichthum dieſer Gebiete, deren jedes wieder ſein Syſtem und ſeine Geſchichte hat, iſt ſo groß, daß derſelbe wohl nie von einem Einzelnen ganz erfaßt, geſchweige denn in Geſchichte und Geſetzgebung vollſtändig bewältigt werden wird.
Erſtes Gebiet. Die Entwährung. Weſen und Syſtem.
Die Entwährung entſteht da, wo die Aufhebung eines beſtimmten einzelnen Rechts als unabweisbare Bedingung der allgemeinen Ent- wicklung der Geſammtheit erſcheint, und als ſolche vom Staate aner- kannt iſt. Bedürfniß und Inhalt einer ſolchen allgemeinen Entwicklung aber entſtehen ihrerſeits aus der Bewegung der Geſellſchaftsordnungen. Jede Entwährung iſt daher eine Forderung des geſellſchaftlichen Fort- ſchrittes an den Einzelnen; der Staat erzeugt keine Entwährung, ſon- dern ordnet und vollzieht ſie nur; jede Entwährung iſt daher ihrem Weſen nach ein geſellſchaftlicher Proceß und ihr Recht ein geſell- ſchaftliches Recht, beide durch die Verwaltung des Staats geordnet.
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hier daher noch mit Andeutungen begnügen. Erſt wenn man Regie-
rung und Verein als Organ derſelben Idee erkennen wird, wird man
in beiden und ihrer Wechſelwirkung das Bild der für ſich ſelbſt thätigen
Gemeinſchaft der Intereſſen gewinnen.
Allgemeiner Theil.
Elemente des Syſtems.
Der allgemeine Theil der wirthſchaftlichen Verwaltung enthält
ſeinem formalen Begriffe nach die Geſammtheit derjenigen Thätigkeiten,
welche ſich auf die allen Arten von Unternehmungen gemeinſamen Be-
dingungen beziehen. Seinem Inhalte nach iſt er der bei weitem rich-
tigſte, da gerade hier die Kraft des Einzelnen am wenigſten ausreicht.
In ſeinen Elementen iſt er daher von jeher dageweſen; ſo wenig es
einen Staat ganz ohne Verfaſſung gibt, ſo wenig gibt es einen ſolchen
ganz ohne allgemeine wirthſchaftliche Verwaltung. Seine Entwicklung
beginnt mit dem Königthum und ſeinem Sieg über die ſtändiſche Ge-
ſellſchaft; ſeine Vollendung aber kann erſt durch die freie Entwicklung
des Vereinsweſens gegeben werden. Sein Syſtem endlich beruht auf
den großen Elementen alles Lebens, dem perſönlichen, dem natürlichen
und dem wirthſchaftlichen Element. Auf das erſte bezieht ſich die
Entwährung, auf das zweite die Verwaltung der Elemente, auf
das dritte die Verwaltung des Verkehrsweſens unter den Einzelnen.
Der Reichthum dieſer Gebiete, deren jedes wieder ſein Syſtem und
ſeine Geſchichte hat, iſt ſo groß, daß derſelbe wohl nie von einem
Einzelnen ganz erfaßt, geſchweige denn in Geſchichte und Geſetzgebung
vollſtändig bewältigt werden wird.
Erſtes Gebiet. Die Entwährung.
Weſen und Syſtem.
Die Entwährung entſteht da, wo die Aufhebung eines beſtimmten
einzelnen Rechts als unabweisbare Bedingung der allgemeinen Ent-
wicklung der Geſammtheit erſcheint, und als ſolche vom Staate aner-
kannt iſt. Bedürfniß und Inhalt einer ſolchen allgemeinen Entwicklung
aber entſtehen ihrerſeits aus der Bewegung der Geſellſchaftsordnungen.
Jede Entwährung iſt daher eine Forderung des geſellſchaftlichen Fort-
ſchrittes an den Einzelnen; der Staat erzeugt keine Entwährung, ſon-
dern ordnet und vollzieht ſie nur; jede Entwährung iſt daher ihrem
Weſen nach ein geſellſchaftlicher Proceß und ihr Recht ein geſell-
ſchaftliches Recht, beide durch die Verwaltung des Staats geordnet.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/168>, abgerufen am 19.11.2024.
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