Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.Napoleons nahm dann die durch die verschiedenen Verfassungen bereits aus- System des Volksschulwesens. Das System des Volksschulwesens enthält in der Schulordnung I. Die Schulordnung. a) Die Schulordnung enthält zuerst in der Schulpflicht die ge- Napoleons nahm dann die durch die verſchiedenen Verfaſſungen bereits aus- Syſtem des Volksſchulweſens. Das Syſtem des Volksſchulweſens enthält in der Schulordnung I. Die Schulordnung. a) Die Schulordnung enthält zuerſt in der Schulpflicht die ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0143" n="119"/> Napoleons nahm dann die durch die verſchiedenen Verfaſſungen bereits aus-<lb/> gebildeten Kategorien der <hi rendition="#aq">Instruction primaire, secondaire et supérieure</hi> als<lb/> amtlichen Organismus auf, aber erſt das Geſetz vom 28. Juni 1833 iſt das<lb/> eigentliche Volksſchulgeſetz, das auch durch das Geſetz von 1850 nicht geändert,<lb/> aber praktiſch viel zu wenig durchgeführt iſt, während die Abhängigkeit der<lb/> Gemeinde einerſeits, und das <hi rendition="#aq">Enseignement libre</hi> der Privatſchulen <hi rendition="#g">ohne</hi><lb/> alle Aufſicht des Staats andererſeits auch die Weiterentwicklung ernſtlich in<lb/> Frage ſtellen. — In <hi rendition="#g">Deutſchland</hi> hat die Theorie das Volksſchulweſen ſchon<lb/> ſeit Mitte des vorigen Jahrhunderts in die Staatswiſſenſchaft aufgenommen<lb/> (<hi rendition="#g">Juſti</hi>, Bd. 10. S. 58); das <hi rendition="#g">preußiſche</hi> Generallandſchulreglement vom<lb/> 12. Aug. 1763 iſt die erſte große ſyſtematiſche Schulordnung für das eigentliche<lb/> Unterrichtsweſen. <hi rendition="#g">Schulrecht</hi> im Allgemeinen Landrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> T. 12. Vergl.<lb/><hi rendition="#g">Rönne</hi>, Staatsrecht <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 200. Die übrigen Staaten ſind dann gefolgt;<lb/><hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> erſt 1808 mit ſeiner „Verfaſſung der teutſchen Schulen,“ die mit<lb/> vielen Aenderungen bis jetzt galt, und erſt durch das Volksſchulgeſetz vom<lb/> 14. Mai 1869 umgeſtaltet iſt. Seit 1848 iſt nun das Princip des Volksunter-<lb/> richts auch vielfach in die Verfaſſungen aufgenommen, eigentlich nutzlos. <hi rendition="#g">Aretin</hi><lb/> (Conſtitutionelles Staatsrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 265) führt es in die Verfaſſungslehre (als<lb/> „Garantie der Verfaſſung“) ein; <hi rendition="#g">Mohl</hi> in das Verwaltungsrecht (württem-<lb/> bergiſches Verwaltungsrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 393 ff.); <hi rendition="#g">Zöpfl</hi> ins deutſche Staatsrecht<lb/> §. 480. Die Auffaſſung vom Standpunkt der Pädagogik ſeit <hi rendition="#g">Peſtalozzi,<lb/> Niemeyer</hi> und <hi rendition="#g">Düntzer</hi>; neueſte zugleich lehrreiche publiciſtiſche Behandlung<lb/> von <hi rendition="#g">Hohenegger</hi> und <hi rendition="#g">Beer</hi>. Verſuch der Syſtematik mit Material bei<lb/><hi rendition="#g">Stein</hi>, Bildungsweſen S. 72 ff.; encyclopädiſche Darſtellung bei <hi rendition="#g">Schmid</hi>;<lb/> ſtatiſtiſche Zuſammenſtellung bei <hi rendition="#g">Brachelli</hi>, Staaten Europas S. 533 ff.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head><hi rendition="#g">Syſtem des Volksſchulweſens</hi>.</head><lb/> <p>Das Syſtem des Volksſchulweſens enthält in der <hi rendition="#g">Schulordnung</hi><lb/> das Recht derſelben gegenüber den Einzelnen, in dem <hi rendition="#g">Lehrerweſen</hi><lb/> das Recht für die Lehrer, und in der <hi rendition="#g">Schulverwaltung</hi> die Grund-<lb/> ſätze für das Verhältniß der Schule zur inneren Verwaltung überhaupt.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Die <choice><sic>Schnlordnung</sic><corr>Schulordnung</corr></choice>.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Die Schulordnung enthält zuerſt in der <hi rendition="#g">Schulpflicht</hi> die ge-<lb/> ſetzliche Anerkennung der ſtaatsbürgerlichen <hi rendition="#g">Pflicht</hi> des Einzelnen, die<lb/> Kinder zum Erlernen der elementaren Bildung anzuhalten. Das Geſetz<lb/> ſpricht dieſe Pflicht aus; die Gemeinde <hi rendition="#g">ſoll</hi> ihre Vollziehung bewirken;<lb/> die Regierung durch ihre Organe dieſe Vollziehung überwachen. Die<lb/> Vorausſetzung der letzteren <hi rendition="#g">bleibt</hi> daher ein tüchtiges Gemeindeweſen;<lb/> die elementare Bildung ſoll dem Zufall und der Willkür <hi rendition="#g">nicht</hi> über-<lb/> laſſen bleiben. Demnach gehört ſchon ein gebildetes Volk dazu, um ſie<lb/> einzuführen; aber ein noch gebildeteres, um ſie überflüſſig zu machen.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0143]
Napoleons nahm dann die durch die verſchiedenen Verfaſſungen bereits aus-
gebildeten Kategorien der Instruction primaire, secondaire et supérieure als
amtlichen Organismus auf, aber erſt das Geſetz vom 28. Juni 1833 iſt das
eigentliche Volksſchulgeſetz, das auch durch das Geſetz von 1850 nicht geändert,
aber praktiſch viel zu wenig durchgeführt iſt, während die Abhängigkeit der
Gemeinde einerſeits, und das Enseignement libre der Privatſchulen ohne
alle Aufſicht des Staats andererſeits auch die Weiterentwicklung ernſtlich in
Frage ſtellen. — In Deutſchland hat die Theorie das Volksſchulweſen ſchon
ſeit Mitte des vorigen Jahrhunderts in die Staatswiſſenſchaft aufgenommen
(Juſti, Bd. 10. S. 58); das preußiſche Generallandſchulreglement vom
12. Aug. 1763 iſt die erſte große ſyſtematiſche Schulordnung für das eigentliche
Unterrichtsweſen. Schulrecht im Allgemeinen Landrecht II. T. 12. Vergl.
Rönne, Staatsrecht I. §. 200. Die übrigen Staaten ſind dann gefolgt;
Oeſterreich erſt 1808 mit ſeiner „Verfaſſung der teutſchen Schulen,“ die mit
vielen Aenderungen bis jetzt galt, und erſt durch das Volksſchulgeſetz vom
14. Mai 1869 umgeſtaltet iſt. Seit 1848 iſt nun das Princip des Volksunter-
richts auch vielfach in die Verfaſſungen aufgenommen, eigentlich nutzlos. Aretin
(Conſtitutionelles Staatsrecht II. S. 265) führt es in die Verfaſſungslehre (als
„Garantie der Verfaſſung“) ein; Mohl in das Verwaltungsrecht (württem-
bergiſches Verwaltungsrecht II. S. 393 ff.); Zöpfl ins deutſche Staatsrecht
§. 480. Die Auffaſſung vom Standpunkt der Pädagogik ſeit Peſtalozzi,
Niemeyer und Düntzer; neueſte zugleich lehrreiche publiciſtiſche Behandlung
von Hohenegger und Beer. Verſuch der Syſtematik mit Material bei
Stein, Bildungsweſen S. 72 ff.; encyclopädiſche Darſtellung bei Schmid;
ſtatiſtiſche Zuſammenſtellung bei Brachelli, Staaten Europas S. 533 ff.
Syſtem des Volksſchulweſens.
Das Syſtem des Volksſchulweſens enthält in der Schulordnung
das Recht derſelben gegenüber den Einzelnen, in dem Lehrerweſen
das Recht für die Lehrer, und in der Schulverwaltung die Grund-
ſätze für das Verhältniß der Schule zur inneren Verwaltung überhaupt.
I. Die Schulordnung.
a) Die Schulordnung enthält zuerſt in der Schulpflicht die ge-
ſetzliche Anerkennung der ſtaatsbürgerlichen Pflicht des Einzelnen, die
Kinder zum Erlernen der elementaren Bildung anzuhalten. Das Geſetz
ſpricht dieſe Pflicht aus; die Gemeinde ſoll ihre Vollziehung bewirken;
die Regierung durch ihre Organe dieſe Vollziehung überwachen. Die
Vorausſetzung der letzteren bleibt daher ein tüchtiges Gemeindeweſen;
die elementare Bildung ſoll dem Zufall und der Willkür nicht über-
laſſen bleiben. Demnach gehört ſchon ein gebildetes Volk dazu, um ſie
einzuführen; aber ein noch gebildeteres, um ſie überflüſſig zu machen.
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