Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.hat bei aller Verschiedenheit des Charakters der einzelnen Staaten das Das Beste über das englische Bildungswesen haben die Deutschen gesagt. A. Das Elementar- oder Volksschulwesen. Begriff und Elemente der Geschichte. Die Elementarbildung umfaßt ihrem formalen Begriffe nach So lange nun die Geschlechterordnung herrscht, beruht diese ele- hat bei aller Verſchiedenheit des Charakters der einzelnen Staaten das Das Beſte über das engliſche Bildungsweſen haben die Deutſchen geſagt. A. Das Elementar- oder Volksſchulweſen. Begriff und Elemente der Geſchichte. Die Elementarbildung umfaßt ihrem formalen Begriffe nach So lange nun die Geſchlechterordnung herrſcht, beruht dieſe ele- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0141" n="117"/> hat bei aller Verſchiedenheit des Charakters der einzelnen Staaten das<lb/> Bildungsweſen Europas eine Gleichartigkeit der Geſtaltung und des<lb/> öffentlichen Rechts gewonnen, durch welche ſich unſer Erdtheil an die<lb/> Spitze der Geſittung der Welt erhoben hat.</p><lb/> <p>Das Beſte über das <hi rendition="#g">engliſche</hi> Bildungsweſen haben die Deutſchen geſagt.<lb/> Hiſtoriſche Notizen bei <hi rendition="#g">Buckle</hi>, Geſchichte der Civiliſation <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 202. Ueber<lb/> den gegenwärtigen Zuſtand namentlich <hi rendition="#g">Wieſe</hi>, Briefe über engliſche Erziehung<lb/> (1852), welcher vorzugsweiſe den Charakter, und <hi rendition="#g">Guglers</hi> Ueberſetzung von<lb/> Taylors <hi rendition="#aq">Industry and schools</hi> 1865, welche die Inſtitutionen, jedoch vorzugs-<lb/> weiſe des Volksſchulweſens beſpricht. Das öffentliche Recht bei <hi rendition="#g">Gneiſt</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 326.<lb/> — <hi rendition="#g">Frankreich</hi> hat ſelbſt wenig Literatur über ſein Bildungsweſen; da das-<lb/> ſelbe vorzugsweiſe unter die Verwaltung fällt, ſo muß man die franzöſiſchen<lb/> Bearbeitungen in den Werken über das <hi rendition="#aq">droit administratif</hi> ſuchen. Die Ge-<lb/> ſchichte der <hi rendition="#aq">Université</hi> ſeit 1808 ſehr kurz und klar bei <hi rendition="#g">Laferri<hi rendition="#aq">è</hi>re</hi>, <hi rendition="#aq">Droit<lb/> publ. et admin. II. p.</hi> 265 ff. — <hi rendition="#g">Deutſchlands</hi> Literatur iſt unendlich reich<lb/> im Einzelnen; doch fehlt im Ganzen genommen die eingehende Behandlung<lb/> des Berufsbildungsweſens, namentlich der Univerſitäten. Vortreffliches Material<lb/> in <hi rendition="#g">Schmids</hi> Encyclopädie des Unterrichtsweſens ziemlich über alle Staaten<lb/> Europas; dazu das Werk von <hi rendition="#g">Hochſtetter</hi> und <hi rendition="#g">Beer</hi>, die Fortſchritte des<lb/> Unterrichtsweſens in den Culturſtaaten Europas Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> 1867. Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> 1868.<lb/> (Vergl. über die übrigen Länder ſo wie die übrigen Staaten die kurze Dar-<lb/> ſtellung bei <hi rendition="#g">Stein</hi>, Bildungsweſen S. 39—65.)</p><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A.</hi> Das Elementar- oder Volksſchulweſen.</hi> </head><lb/> <div n="6"> <head>Begriff und Elemente der Geſchichte.</head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Elementarbildung</hi> umfaßt ihrem formalen Begriffe nach<lb/> die Geſammtheit von Kenntniſſen und Fähigkeiten, welche an und für<lb/> ſich keinen Werth haben, ſondern nur als die <hi rendition="#g">Bedingung jeder<lb/> Bildung und Geſittung</hi> erſcheinen. Das <hi rendition="#g">Volksſchulweſen</hi><lb/> iſt die Geſammtheit von Anſtalten und Thätigkeiten, durch welche dieſe<lb/> Elementarbildung als Aufgabe der Verwaltung erzeugt wird.</p><lb/> <p>So lange nun die Geſchlechterordnung herrſcht, beruht dieſe ele-<lb/> mentare Bildung allein auf der Familie; daher hat es in der Ge-<lb/> ſchlechterordnung wohl einzelne Schulen, wie bei den Griechen und<lb/> Römern, aber nie ein Volksſchulweſen gegeben. In der ſtändiſchen<lb/> Ordnung entſteht allerdings der Gedanke der „Volksſchule,“ aber er<lb/> gehört in Auffaſſung und Durchführung ganz der Geiſtlichkeit. Erſt<lb/> im achtzehnten Jahrhundert beginnt mit der ſtaatsbürgerlichen Geſell-<lb/> ſchaft der Gedanke, daß die Volksbildung ein nothwendiges Element<lb/> der Geſammtentwicklung des Staats ſei. Die erſte Erſcheinung dieſes<lb/> Gedankens iſt die Gründung der <hi rendition="#g">Gemeindeſchulen</hi>, die urſprünglich<lb/> nur in den Städten, dann aber ſich auch aufs Land verpflanzen; dann<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0141]
hat bei aller Verſchiedenheit des Charakters der einzelnen Staaten das
Bildungsweſen Europas eine Gleichartigkeit der Geſtaltung und des
öffentlichen Rechts gewonnen, durch welche ſich unſer Erdtheil an die
Spitze der Geſittung der Welt erhoben hat.
Das Beſte über das engliſche Bildungsweſen haben die Deutſchen geſagt.
Hiſtoriſche Notizen bei Buckle, Geſchichte der Civiliſation I. S. 202. Ueber
den gegenwärtigen Zuſtand namentlich Wieſe, Briefe über engliſche Erziehung
(1852), welcher vorzugsweiſe den Charakter, und Guglers Ueberſetzung von
Taylors Industry and schools 1865, welche die Inſtitutionen, jedoch vorzugs-
weiſe des Volksſchulweſens beſpricht. Das öffentliche Recht bei Gneiſt I. S. 326.
— Frankreich hat ſelbſt wenig Literatur über ſein Bildungsweſen; da das-
ſelbe vorzugsweiſe unter die Verwaltung fällt, ſo muß man die franzöſiſchen
Bearbeitungen in den Werken über das droit administratif ſuchen. Die Ge-
ſchichte der Université ſeit 1808 ſehr kurz und klar bei Laferrière, Droit
publ. et admin. II. p. 265 ff. — Deutſchlands Literatur iſt unendlich reich
im Einzelnen; doch fehlt im Ganzen genommen die eingehende Behandlung
des Berufsbildungsweſens, namentlich der Univerſitäten. Vortreffliches Material
in Schmids Encyclopädie des Unterrichtsweſens ziemlich über alle Staaten
Europas; dazu das Werk von Hochſtetter und Beer, die Fortſchritte des
Unterrichtsweſens in den Culturſtaaten Europas Bd. I. 1867. Bd. II. 1868.
(Vergl. über die übrigen Länder ſo wie die übrigen Staaten die kurze Dar-
ſtellung bei Stein, Bildungsweſen S. 39—65.)
A. Das Elementar- oder Volksſchulweſen.
Begriff und Elemente der Geſchichte.
Die Elementarbildung umfaßt ihrem formalen Begriffe nach
die Geſammtheit von Kenntniſſen und Fähigkeiten, welche an und für
ſich keinen Werth haben, ſondern nur als die Bedingung jeder
Bildung und Geſittung erſcheinen. Das Volksſchulweſen
iſt die Geſammtheit von Anſtalten und Thätigkeiten, durch welche dieſe
Elementarbildung als Aufgabe der Verwaltung erzeugt wird.
So lange nun die Geſchlechterordnung herrſcht, beruht dieſe ele-
mentare Bildung allein auf der Familie; daher hat es in der Ge-
ſchlechterordnung wohl einzelne Schulen, wie bei den Griechen und
Römern, aber nie ein Volksſchulweſen gegeben. In der ſtändiſchen
Ordnung entſteht allerdings der Gedanke der „Volksſchule,“ aber er
gehört in Auffaſſung und Durchführung ganz der Geiſtlichkeit. Erſt
im achtzehnten Jahrhundert beginnt mit der ſtaatsbürgerlichen Geſell-
ſchaft der Gedanke, daß die Volksbildung ein nothwendiges Element
der Geſammtentwicklung des Staats ſei. Die erſte Erſcheinung dieſes
Gedankens iſt die Gründung der Gemeindeſchulen, die urſprünglich
nur in den Städten, dann aber ſich auch aufs Land verpflanzen; dann
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