Das achtzehnte Jahrhundert ist nun die Epoche, in welcher die Regierungen beginnen, die Elementarbildung als Volksschulwesen in die Staatsverwaltung aufzunehmen, und die Leitung der gelehrten Vor- und Fachbildung gleichfalls derselben unterzuordnen. Dadurch entsteht zuerst der Gedanke einer Einheit des ganzen Bildungswesens, indem dasselbe jetzt auch die Elemente der künstlerischen Bildung ent- wickelt, und Staatsanstalten für die allgemeine Bildung, Bibliotheken, Museen u. s. w. herzustellen beginnt. Allein die wirthschaftliche Bil- dung bleibt noch unfrei und zufällig, und die Presse wird unter scharfe Ueberwachung gestellt. Der Charakter dieser Epoche ist der Ausschluß der freien einzelnen Arbeit für das Ganze und die Herrschaft der polizeilichen Bevormundung, die im Volksschulwesen viel Gutes wirkt, dagegen das Berufsbildungswesen vielfach beschränkt und der freien allgemeinen Bildung geradezu feindlich ist.
Die dritte Epoche, das neunzehnte Jahrhundert, ist nun die Zeit des entscheidenden Kampfes der freien Bildung, sowohl mit den Resten der ständischen Wissenschaft, als mit der polizeilichen Bevormundung. Hier treten an die Stelle der Regierung das wirthschaftliche Leben und die Presse in erste Reihe. Der Erwerb wird seinerseits zu einem Beruf und die Arbeit der Presse zu einem allgemeinen Bedürfniß und Recht. Die Elementarbildung empfängt allmälig ihre gleichartige Organisation; sie wird Sache der Selbstverwaltung unter Aufsicht der Regierung; die Berufsbildung erzeugt neben dem gelehrten das wirthschaftliche Bildungs- wesen in all seinen verschiedenen Formen, und nach langem und hartem Kampfe wird die Presse frei. In dem Kampfe dieser Elemente wird nun die große Thatsache klar, daß die Bildung nicht bloß die Grund- lage der individuellen Entwicklung, sondern auch alles Werthes der Formen des öffentlichen Rechts und des Fortschrittes in Ver- fassung und Verwaltung sei; und damit verschwinden die letzten Gränzen der ständischen Epoche zwischen den Gebieten des menschlichen Wissens, das geistige Leben erscheint in seiner großen, machtvollen Ein- heit, die Verwaltung des Bildungswesens wird ein äußerliches und innerliches Ganzes, und jetzt erst beginnt das Bildungswesen der Na- tionen das zu werden, was es seinem höhern Wesen nach ist, das zur selbständigen und thätigen Organisation gewordene Bewußtsein der Völker, daß in ihm der Geist sich zum Gegenstande und Ziel seiner eigenen Arbeit erhoben hat.
Allein in dieser organischen Einheit und Anschauung des Bildungs- wesens bleiben nun die drei großen Grundformen. Sie behalten nach wie vor ihr selbständiges Recht, ihre selbständige Aufgabe und ihre selbständige Geschichte. Während in dem Obigen die Idee des Bildungs-
Das achtzehnte Jahrhundert iſt nun die Epoche, in welcher die Regierungen beginnen, die Elementarbildung als Volksſchulweſen in die Staatsverwaltung aufzunehmen, und die Leitung der gelehrten Vor- und Fachbildung gleichfalls derſelben unterzuordnen. Dadurch entſteht zuerſt der Gedanke einer Einheit des ganzen Bildungsweſens, indem daſſelbe jetzt auch die Elemente der künſtleriſchen Bildung ent- wickelt, und Staatsanſtalten für die allgemeine Bildung, Bibliotheken, Muſeen u. ſ. w. herzuſtellen beginnt. Allein die wirthſchaftliche Bil- dung bleibt noch unfrei und zufällig, und die Preſſe wird unter ſcharfe Ueberwachung geſtellt. Der Charakter dieſer Epoche iſt der Ausſchluß der freien einzelnen Arbeit für das Ganze und die Herrſchaft der polizeilichen Bevormundung, die im Volksſchulweſen viel Gutes wirkt, dagegen das Berufsbildungsweſen vielfach beſchränkt und der freien allgemeinen Bildung geradezu feindlich iſt.
Die dritte Epoche, das neunzehnte Jahrhundert, iſt nun die Zeit des entſcheidenden Kampfes der freien Bildung, ſowohl mit den Reſten der ſtändiſchen Wiſſenſchaft, als mit der polizeilichen Bevormundung. Hier treten an die Stelle der Regierung das wirthſchaftliche Leben und die Preſſe in erſte Reihe. Der Erwerb wird ſeinerſeits zu einem Beruf und die Arbeit der Preſſe zu einem allgemeinen Bedürfniß und Recht. Die Elementarbildung empfängt allmälig ihre gleichartige Organiſation; ſie wird Sache der Selbſtverwaltung unter Aufſicht der Regierung; die Berufsbildung erzeugt neben dem gelehrten das wirthſchaftliche Bildungs- weſen in all ſeinen verſchiedenen Formen, und nach langem und hartem Kampfe wird die Preſſe frei. In dem Kampfe dieſer Elemente wird nun die große Thatſache klar, daß die Bildung nicht bloß die Grund- lage der individuellen Entwicklung, ſondern auch alles Werthes der Formen des öffentlichen Rechts und des Fortſchrittes in Ver- faſſung und Verwaltung ſei; und damit verſchwinden die letzten Gränzen der ſtändiſchen Epoche zwiſchen den Gebieten des menſchlichen Wiſſens, das geiſtige Leben erſcheint in ſeiner großen, machtvollen Ein- heit, die Verwaltung des Bildungsweſens wird ein äußerliches und innerliches Ganzes, und jetzt erſt beginnt das Bildungsweſen der Na- tionen das zu werden, was es ſeinem höhern Weſen nach iſt, das zur ſelbſtändigen und thätigen Organiſation gewordene Bewußtſein der Völker, daß in ihm der Geiſt ſich zum Gegenſtande und Ziel ſeiner eigenen Arbeit erhoben hat.
Allein in dieſer organiſchen Einheit und Anſchauung des Bildungs- weſens bleiben nun die drei großen Grundformen. Sie behalten nach wie vor ihr ſelbſtändiges Recht, ihre ſelbſtändige Aufgabe und ihre ſelbſtändige Geſchichte. Während in dem Obigen die Idee des Bildungs-
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Das achtzehnte Jahrhundert iſt nun die Epoche, in welcher die
Regierungen beginnen, die Elementarbildung als Volksſchulweſen
in die Staatsverwaltung aufzunehmen, und die Leitung der gelehrten
Vor- und Fachbildung gleichfalls derſelben unterzuordnen. Dadurch
entſteht zuerſt der Gedanke einer Einheit des ganzen Bildungsweſens,
indem daſſelbe jetzt auch die Elemente der künſtleriſchen Bildung ent-
wickelt, und Staatsanſtalten für die allgemeine Bildung, Bibliotheken,
Muſeen u. ſ. w. herzuſtellen beginnt. Allein die wirthſchaftliche Bil-
dung bleibt noch unfrei und zufällig, und die Preſſe wird unter ſcharfe
Ueberwachung geſtellt. Der Charakter dieſer Epoche iſt der Ausſchluß
der freien einzelnen Arbeit für das Ganze und die Herrſchaft der
polizeilichen Bevormundung, die im Volksſchulweſen viel Gutes wirkt,
dagegen das Berufsbildungsweſen vielfach beſchränkt und der freien
allgemeinen Bildung geradezu feindlich iſt.
Die dritte Epoche, das neunzehnte Jahrhundert, iſt nun die Zeit
des entſcheidenden Kampfes der freien Bildung, ſowohl mit den Reſten
der ſtändiſchen Wiſſenſchaft, als mit der polizeilichen Bevormundung.
Hier treten an die Stelle der Regierung das wirthſchaftliche Leben und
die Preſſe in erſte Reihe. Der Erwerb wird ſeinerſeits zu einem Beruf
und die Arbeit der Preſſe zu einem allgemeinen Bedürfniß und Recht.
Die Elementarbildung empfängt allmälig ihre gleichartige Organiſation;
ſie wird Sache der Selbſtverwaltung unter Aufſicht der Regierung; die
Berufsbildung erzeugt neben dem gelehrten das wirthſchaftliche Bildungs-
weſen in all ſeinen verſchiedenen Formen, und nach langem und hartem
Kampfe wird die Preſſe frei. In dem Kampfe dieſer Elemente wird
nun die große Thatſache klar, daß die Bildung nicht bloß die Grund-
lage der individuellen Entwicklung, ſondern auch alles Werthes der
Formen des öffentlichen Rechts und des Fortſchrittes in Ver-
faſſung und Verwaltung ſei; und damit verſchwinden die letzten
Gränzen der ſtändiſchen Epoche zwiſchen den Gebieten des menſchlichen
Wiſſens, das geiſtige Leben erſcheint in ſeiner großen, machtvollen Ein-
heit, die Verwaltung des Bildungsweſens wird ein äußerliches und
innerliches Ganzes, und jetzt erſt beginnt das Bildungsweſen der Na-
tionen das zu werden, was es ſeinem höhern Weſen nach iſt, das zur
ſelbſtändigen und thätigen Organiſation gewordene Bewußtſein der Völker,
daß in ihm der Geiſt ſich zum Gegenſtande und Ziel ſeiner eigenen Arbeit
erhoben hat.
Allein in dieſer organiſchen Einheit und Anſchauung des Bildungs-
weſens bleiben nun die drei großen Grundformen. Sie behalten nach
wie vor ihr ſelbſtändiges Recht, ihre ſelbſtändige Aufgabe und ihre
ſelbſtändige Geſchichte. Während in dem Obigen die Idee des Bildungs-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/135>, abgerufen am 28.11.2024.
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