Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

GOtt wolle ihn nicht verlassen.
Menschen sprechen: Ich kan euch nicht
helffen; und so bin ich ja von allen
Menschen verlassen. Doch ich weiß,
daß ich von dir nicht verlassen bin;
denn GOtt verläßt der keinen, der
sich auf ihn verläßt, er bleibt getreu
den Seinen, die ihm vertrauen fest;
läßt sichs an wunderlich, laß du dir
gar nicht grauen, mit Freuden wirst
du schauen, wie GOtt wird retten
dich. Ach mein GOtt! verlaß mich
nicht, siehe doch, wie mein Leiden
schon lange währet. Am Abend ge-
dencke ich, morgen wird es besser wer-
den, und am Mittag sehne ich mich
schon wieder nach dem Abend; ja in
der Nacht ruffe ich offt: Hüter, ist die
Nacht schier hin? meine Seele war-
tet auf dich von einer Morgen-Wache
biß zur andern. Ach! mein GOtt,
verlaß mich nicht, siehe doch, wie mein
Leiden immer schwerer wird: ach! laß
mich doch die Last nicht gar erdrücken,
nimm weg den Stein, der auf mir lie-

get,

GOtt wolle ihn nicht verlaſſen.
Menſchen ſprechen: Ich kan euch nicht
helffen; und ſo bin ich ja von allen
Menſchen verlaſſen. Doch ich weiß,
daß ich von dir nicht verlaſſen bin;
denn GOtt verlaͤßt der keinen, der
ſich auf ihn verlaͤßt, er bleibt getreu
den Seinen, die ihm vertrauen feſt;
laͤßt ſichs an wunderlich, laß du dir
gar nicht grauen, mit Freuden wirſt
du ſchauen, wie GOtt wird retten
dich. Ach mein GOtt! verlaß mich
nicht, ſiehe doch, wie mein Leiden
ſchon lange waͤhret. Am Abend ge-
dencke ich, morgen wird es beſſer wer-
den, und am Mittag ſehne ich mich
ſchon wieder nach dem Abend; ja in
der Nacht ruffe ich offt: Huͤter, iſt die
Nacht ſchier hin? meine Seele war-
tet auf dich von einer Morgen-Wache
biß zur andern. Ach! mein GOtt,
verlaß mich nicht, ſiehe doch, wie mein
Leiden immer ſchwerer wird: ach! laß
mich doch die Laſt nicht gar erdruͤcken,
nimm weg den Stein, der auf mir lie-

get,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0523" n="495"/><fw place="top" type="header">GOtt wolle ihn nicht verla&#x017F;&#x017F;en.</fw><lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;prechen: Ich kan euch nicht<lb/>
helffen; und &#x017F;o bin ich ja von allen<lb/>
Men&#x017F;chen verla&#x017F;&#x017F;en. Doch ich weiß,<lb/>
daß ich von dir nicht verla&#x017F;&#x017F;en bin;<lb/>
denn GOtt verla&#x0364;ßt der keinen, der<lb/>
&#x017F;ich auf ihn verla&#x0364;ßt, er bleibt getreu<lb/>
den Seinen, die ihm vertrauen fe&#x017F;t;<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ichs an wunderlich, laß du dir<lb/>
gar nicht grauen, mit Freuden wir&#x017F;t<lb/>
du &#x017F;chauen, wie GOtt wird retten<lb/>
dich. Ach mein GOtt! verlaß mich<lb/>
nicht, &#x017F;iehe doch, wie mein Leiden<lb/>
&#x017F;chon lange wa&#x0364;hret. Am Abend ge-<lb/>
dencke ich, morgen wird es be&#x017F;&#x017F;er wer-<lb/>
den, und am Mittag &#x017F;ehne ich mich<lb/>
&#x017F;chon wieder nach dem Abend; ja in<lb/>
der Nacht ruffe ich offt: Hu&#x0364;ter, i&#x017F;t die<lb/>
Nacht &#x017F;chier hin? meine Seele war-<lb/>
tet auf dich von einer Morgen-Wache<lb/>
biß zur andern. Ach! mein GOtt,<lb/>
verlaß mich nicht, &#x017F;iehe doch, wie mein<lb/>
Leiden immer &#x017F;chwerer wird: ach! laß<lb/>
mich doch die La&#x017F;t nicht gar erdru&#x0364;cken,<lb/>
nimm weg den Stein, der auf mir lie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">get,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0523] GOtt wolle ihn nicht verlaſſen. Menſchen ſprechen: Ich kan euch nicht helffen; und ſo bin ich ja von allen Menſchen verlaſſen. Doch ich weiß, daß ich von dir nicht verlaſſen bin; denn GOtt verlaͤßt der keinen, der ſich auf ihn verlaͤßt, er bleibt getreu den Seinen, die ihm vertrauen feſt; laͤßt ſichs an wunderlich, laß du dir gar nicht grauen, mit Freuden wirſt du ſchauen, wie GOtt wird retten dich. Ach mein GOtt! verlaß mich nicht, ſiehe doch, wie mein Leiden ſchon lange waͤhret. Am Abend ge- dencke ich, morgen wird es beſſer wer- den, und am Mittag ſehne ich mich ſchon wieder nach dem Abend; ja in der Nacht ruffe ich offt: Huͤter, iſt die Nacht ſchier hin? meine Seele war- tet auf dich von einer Morgen-Wache biß zur andern. Ach! mein GOtt, verlaß mich nicht, ſiehe doch, wie mein Leiden immer ſchwerer wird: ach! laß mich doch die Laſt nicht gar erdruͤcken, nimm weg den Stein, der auf mir lie- get,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Auflagennummer hier erschlossen und nicht gesiche… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-05-24T12:24:22Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/523
Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/523>, abgerufen am 22.07.2024.