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Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

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Der Betrübte klaget
nicht mein Wort, ich billige es nicht; weg aus
meinem Hertzen! Ich bin GOttes, GOTT
ist mein; wer ist, der uns scheide? 9) Durch
lästerliche Gedancken sol man doch sich nicht vom
Gebet, und Lesung des Worts GOttes abhal-
ten lassen, sondern wenig, und auch offt beten
und lesen. 10) Weil solche Seelen sagen, sie
wolten lieber auf Dornen gehen, am Leibe Schmer-
tzen leiden, als solche Gedancken haben; ja weil
sie sich auch vor Sünden und bösen Wercken hü-
ten, so ists ja eine unwidersprechliche Probe, daß
der Glaube, JEsus, der Heilige Geist, ja die gan-
tze Heilige Dreyeinigkeit, noch im Hertzen ist,
11) Können sie auch wegen der bösen Gedancken
weder beten, noch an GOTT gedencken, so ist
ihre Klage schon ein Gebet, und ihr Winseln nach
GOtt, ein gewiß Zeichen der Gegenwart GOt-
tes im Hertzen; denn das Verlangen kommt von
der einwohnenden Gnade, ja sie beten durch ihr
Winseln und Klagen am hefftigsten, eifrigsten
und kräfftigsten. 12) Ob sie sich gleich einbil-
den, sie erzürnen GOtt in allen Dingen, was
sie thun, so nimmts ihnen GOtt nicht übel
auf, er siehet ihren Willen und ihr Verlangen an;
sie meynen, sie wären die Allerentferneste von
GOtt, und sind ihm die nähesten: sie meynen,
sie wären die Bösesten, und sind die Treuesten: sie
meynen, sie wären die Verstossene, und sind GOtt
die Liebsten. 13) Sie sollen gedultig ausharren,
denn man hat kein Exempel, daß GOtt solche

Seelen

Der Betruͤbte klaget
nicht mein Wort, ich billige es nicht; weg aus
meinem Hertzen! Ich bin GOttes, GOTT
iſt mein; wer iſt, der uns ſcheide? 9) Durch
laͤſterliche Gedancken ſol man doch ſich nicht vom
Gebet, und Leſung des Worts GOttes abhal-
ten laſſen, ſondern wenig, und auch offt beten
und leſen. 10) Weil ſolche Seelen ſagen, ſie
wolten lieber auf Dornen gehen, am Leibe Schmer-
tzen leiden, als ſolche Gedancken haben; ja weil
ſie ſich auch vor Suͤnden und boͤſen Wercken huͤ-
ten, ſo iſts ja eine unwiderſprechliche Probe, daß
der Glaube, JEſus, der Heilige Geiſt, ja die gan-
tze Heilige Dreyeinigkeit, noch im Hertzen iſt,
11) Koͤnnen ſie auch wegen der boͤſen Gedancken
weder beten, noch an GOTT gedencken, ſo iſt
ihre Klage ſchon ein Gebet, und ihr Winſeln nach
GOtt, ein gewiß Zeichen der Gegenwart GOt-
tes im Hertzen; denn das Verlangen kommt von
der einwohnenden Gnade, ja ſie beten durch ihr
Winſeln und Klagen am hefftigſten, eifrigſten
und kraͤfftigſten. 12) Ob ſie ſich gleich einbil-
den, ſie erzuͤrnen GOtt in allen Dingen, was
ſie thun, ſo nimmts ihnen GOtt nicht uͤbel
auf, er ſiehet ihren Willen und ihr Verlangen an;
ſie meynen, ſie waͤren die Allerentferneſte von
GOtt, und ſind ihm die naͤheſten: ſie meynen,
ſie waͤren die Boͤſeſten, und ſind die Treueſten: ſie
meynen, ſie waͤren die Verſtoſſene, und ſind GOtt
die Liebſten. 13) Sie ſollen gedultig ausharren,
denn man hat kein Exempel, daß GOtt ſolche

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[366/0392] Der Betruͤbte klaget nicht mein Wort, ich billige es nicht; weg aus meinem Hertzen! Ich bin GOttes, GOTT iſt mein; wer iſt, der uns ſcheide? 9) Durch laͤſterliche Gedancken ſol man doch ſich nicht vom Gebet, und Leſung des Worts GOttes abhal- ten laſſen, ſondern wenig, und auch offt beten und leſen. 10) Weil ſolche Seelen ſagen, ſie wolten lieber auf Dornen gehen, am Leibe Schmer- tzen leiden, als ſolche Gedancken haben; ja weil ſie ſich auch vor Suͤnden und boͤſen Wercken huͤ- ten, ſo iſts ja eine unwiderſprechliche Probe, daß der Glaube, JEſus, der Heilige Geiſt, ja die gan- tze Heilige Dreyeinigkeit, noch im Hertzen iſt, 11) Koͤnnen ſie auch wegen der boͤſen Gedancken weder beten, noch an GOTT gedencken, ſo iſt ihre Klage ſchon ein Gebet, und ihr Winſeln nach GOtt, ein gewiß Zeichen der Gegenwart GOt- tes im Hertzen; denn das Verlangen kommt von der einwohnenden Gnade, ja ſie beten durch ihr Winſeln und Klagen am hefftigſten, eifrigſten und kraͤfftigſten. 12) Ob ſie ſich gleich einbil- den, ſie erzuͤrnen GOtt in allen Dingen, was ſie thun, ſo nimmts ihnen GOtt nicht uͤbel auf, er ſiehet ihren Willen und ihr Verlangen an; ſie meynen, ſie waͤren die Allerentferneſte von GOtt, und ſind ihm die naͤheſten: ſie meynen, ſie waͤren die Boͤſeſten, und ſind die Treueſten: ſie meynen, ſie waͤren die Verſtoſſene, und ſind GOtt die Liebſten. 13) Sie ſollen gedultig ausharren, denn man hat kein Exempel, daß GOtt ſolche Seelen

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Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/392>, abgerufen am 25.11.2024.