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Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

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Der Betrübte tröstet sich
Trübsal weiß zu sagen, weil tausend Creutz und
Leid sich stellet bey mir ein, so scheint es, ich muß
gar von GOtt verlassen seyn.

2. Ach wo ist nun mein GOtt? Hat er mir
doch verheissen, er wolle bey mir seyn, und mich
der Noth entreissen; warum verzeucht er denn,
verbirgt sein Angesicht, als wär er nicht mein
GOtt, als kennt er mich jetzt nicht?

3. Ach wo ist nun mein GOtt in diesen meinen
Nöthen, die an das Leben gehn, und mich fast
wollen tödten? Zwar seine Allmacht ist mir allzu
wohl bekannt, und doch empfind ich nicht die star-
cke Helffers-Hand.

4. Ach wo ist nun mein GOtt? will er sich
nicht erbarmen? sieht er nicht meine Noth? kennt
er nicht mehr mich Armen? Ach ja, ich bin gewiß,
daß die Barmhertzigkeit mich einst erfreuen
wird; allein wenn kommt die Zeit?

5. Doch was betrübst du dich, mein Hertz!
mit solchen Fragen? GOtt lebet ja annoch; was
wilt du immer klagen? der dich mit seiner Hülff
erfreuet ohne Zahl, der hilfft gewißlich dir, glaubs
nur, auch dieses mahl.

6. Es hat ja GOtt noch nie in Nöthen dein
vergessen, warum wilt du denn jetzt so ängstiglich
dich pressen? GOtt sieht dein Leiden wohl, und
läst es so geschehn, er will in diesem Kampff nun
deinen Glauben sehn.

7. Verzage nicht an GOtt: wilt du den nicht
mehr kennen, der da dein Vater ist, und den du

pflegst

Der Betruͤbte troͤſtet ſich
Truͤbſal weiß zu ſagen, weil tauſend Creutz und
Leid ſich ſtellet bey mir ein, ſo ſcheint es, ich muß
gar von GOtt verlaſſen ſeyn.

2. Ach wo iſt nun mein GOtt? Hat er mir
doch verheiſſen, er wolle bey mir ſeyn, und mich
der Noth entreiſſen; warum verzeucht er denn,
verbirgt ſein Angeſicht, als waͤr er nicht mein
GOtt, als kennt er mich jetzt nicht?

3. Ach wo iſt nun mein GOtt in dieſen meinen
Noͤthen, die an das Leben gehn, und mich faſt
wollen toͤdten? Zwar ſeine Allmacht iſt mir allzu
wohl bekannt, und doch empfind ich nicht die ſtar-
cke Helffers-Hand.

4. Ach wo iſt nun mein GOtt? will er ſich
nicht erbarmen? ſieht er nicht meine Noth? kennt
er nicht mehr mich Armen? Ach ja, ich bin gewiß,
daß die Barmhertzigkeit mich einſt erfreuen
wird; allein wenn kommt die Zeit?

5. Doch was betruͤbſt du dich, mein Hertz!
mit ſolchen Fragen? GOtt lebet ja annoch; was
wilt du immer klagen? der dich mit ſeiner Huͤlff
erfreuet ohne Zahl, der hilfft gewißlich dir, glaubs
nur, auch dieſes mahl.

6. Es hat ja GOtt noch nie in Noͤthen dein
vergeſſen, warum wilt du denn jetzt ſo aͤngſtiglich
dich preſſen? GOtt ſieht dein Leiden wohl, und
laͤſt es ſo geſchehn, er will in dieſem Kampff nun
deinen Glauben ſehn.

7. Verzage nicht an GOtt: wilt du den nicht
mehr kennen, der da dein Vater iſt, und den du

pflegſt
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[290/0316] Der Betruͤbte troͤſtet ſich Truͤbſal weiß zu ſagen, weil tauſend Creutz und Leid ſich ſtellet bey mir ein, ſo ſcheint es, ich muß gar von GOtt verlaſſen ſeyn. 2. Ach wo iſt nun mein GOtt? Hat er mir doch verheiſſen, er wolle bey mir ſeyn, und mich der Noth entreiſſen; warum verzeucht er denn, verbirgt ſein Angeſicht, als waͤr er nicht mein GOtt, als kennt er mich jetzt nicht? 3. Ach wo iſt nun mein GOtt in dieſen meinen Noͤthen, die an das Leben gehn, und mich faſt wollen toͤdten? Zwar ſeine Allmacht iſt mir allzu wohl bekannt, und doch empfind ich nicht die ſtar- cke Helffers-Hand. 4. Ach wo iſt nun mein GOtt? will er ſich nicht erbarmen? ſieht er nicht meine Noth? kennt er nicht mehr mich Armen? Ach ja, ich bin gewiß, daß die Barmhertzigkeit mich einſt erfreuen wird; allein wenn kommt die Zeit? 5. Doch was betruͤbſt du dich, mein Hertz! mit ſolchen Fragen? GOtt lebet ja annoch; was wilt du immer klagen? der dich mit ſeiner Huͤlff erfreuet ohne Zahl, der hilfft gewißlich dir, glaubs nur, auch dieſes mahl. 6. Es hat ja GOtt noch nie in Noͤthen dein vergeſſen, warum wilt du denn jetzt ſo aͤngſtiglich dich preſſen? GOtt ſieht dein Leiden wohl, und laͤſt es ſo geſchehn, er will in dieſem Kampff nun deinen Glauben ſehn. 7. Verzage nicht an GOtt: wilt du den nicht mehr kennen, der da dein Vater iſt, und den du pflegſt

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Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/316>, abgerufen am 22.11.2024.