pst_033.001 dagegen meint mit denselben Worten nichts Neues, pst_033.002 sondern dieselbe einzigartige Stimmung klingt noch einmal pst_033.003 auf.
pst_033.004
Die verschleierte Wiederholung wie in Eichendorffs pst_033.005 "Nachts" kommt seltener vor und kann die lyrische pst_033.006 Stimmung höchstens über zwei, drei Strophen ausdehnen. pst_033.007 Was weitergeht, ermüdet. So läßt man sich in pst_033.008 Brentanos "Spinnerin" die Wiederholung das erste Mal pst_033.009 gern gefallen; die zweite wirkt bereits monoton. Die pst_033.010 wörtliche Wiederholung dagegen heißt Kehrreim und pst_033.011 ist in jüngster und ältester Dichtung vieler Völker üblich. pst_033.012 Freilich sind die meisten Kehrreime anders angeschlossen pst_033.013 als in Mörikes "Um Mitternacht". In diesem pst_033.014 Gedicht ist nämlich der Ton lyrisch vom Anfang bis pst_033.015 zum Schluß. Der Kehrreim unterscheidet sich in seinem pst_033.016 Aggregatzustand kaum von den ersten Versen der pst_033.017 Strophe. Meist aber, zumal in Volksliedern und in volksliedmäßigen pst_033.018 Gedichten, fällt er auf durch musikalischere pst_033.019 Diktion. Ja, er scheint nicht selten alles Lyrische pst_033.020 in sich zu sammeln, während die übrigen Verse mehr pst_033.021 zum Epischen oder Dramatischen neigen. Unzählige pst_033.022 Beispiele gibt Brentano. In seinen längeren Gedichten pst_033.023 wird immer wieder ein balladenhafter Vorgang oder pst_033.024 auch ein Erlebnis in ziemlich saloppen Versen erzählt pst_033.025 und gleichsam kapitelweise durch einen bezaubernden pst_033.026 Kehrreim abgeschlossen:
pst_033.027
"O wie blinkte ihr Krönlein schön,pst_033.028 Eh die Sonne wollt untergehn."
pst_033.029 "O Stern und Blume, Geist und Kleid,pst_033.030 Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit."
pst_033.001 dagegen meint mit denselben Worten nichts Neues, pst_033.002 sondern dieselbe einzigartige Stimmung klingt noch einmal pst_033.003 auf.
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Die verschleierte Wiederholung wie in Eichendorffs pst_033.005 «Nachts» kommt seltener vor und kann die lyrische pst_033.006 Stimmung höchstens über zwei, drei Strophen ausdehnen. pst_033.007 Was weitergeht, ermüdet. So läßt man sich in pst_033.008 Brentanos «Spinnerin» die Wiederholung das erste Mal pst_033.009 gern gefallen; die zweite wirkt bereits monoton. Die pst_033.010 wörtliche Wiederholung dagegen heißt Kehrreim und pst_033.011 ist in jüngster und ältester Dichtung vieler Völker üblich. pst_033.012 Freilich sind die meisten Kehrreime anders angeschlossen pst_033.013 als in Mörikes «Um Mitternacht». In diesem pst_033.014 Gedicht ist nämlich der Ton lyrisch vom Anfang bis pst_033.015 zum Schluß. Der Kehrreim unterscheidet sich in seinem pst_033.016 Aggregatzustand kaum von den ersten Versen der pst_033.017 Strophe. Meist aber, zumal in Volksliedern und in volksliedmäßigen pst_033.018 Gedichten, fällt er auf durch musikalischere pst_033.019 Diktion. Ja, er scheint nicht selten alles Lyrische pst_033.020 in sich zu sammeln, während die übrigen Verse mehr pst_033.021 zum Epischen oder Dramatischen neigen. Unzählige pst_033.022 Beispiele gibt Brentano. In seinen längeren Gedichten pst_033.023 wird immer wieder ein balladenhafter Vorgang oder pst_033.024 auch ein Erlebnis in ziemlich saloppen Versen erzählt pst_033.025 und gleichsam kapitelweise durch einen bezaubernden pst_033.026 Kehrreim abgeschlossen:
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«O wie blinkte ihr Krönlein schön,pst_033.028 Eh die Sonne wollt untergehn.»
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Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit.»
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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/37>, abgerufen am 16.02.2025.
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