pst_027.001 wird ein Ideal des ununterbrochenen lyrischen Daseins pst_027.002 erstrebt, das künstlerisch nicht mehr möglich ist und pst_027.003 zu völliger Selbstauflösung führt.
pst_027.004
So bliebe die lyrische Dichtung also auf den engsten pst_027.005 Raum beschränkt? Ich füge ein Zwischenbeispiel ein, pst_027.006 Goethes Gedicht pst_027.007 "Auf dem See.pst_027.008
Und frische Nahrung, neues Blutpst_027.009 Saug ich aus freier Welt;pst_027.010 Wie ist Natur so hold und gut,pst_027.011 Die mich am Busen hält!pst_027.012 Die Welle wieget unsern Kahnpst_027.013 Im Rudertakt hinauf,pst_027.014 Und Berge, wolkig himmelan,pst_027.015 Begegnen unserm Lauf.
pst_027.016 Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?pst_027.017 Goldne Träume, kommt ihr wieder?pst_027.018 Weg, du Traum! so gold du bist;pst_027.019 Hier auch Lieb und Leben ist.
pst_027.020 Auf der Welle blinkenpst_027.021 Tausend schwebende Sterne,pst_027.022 Weiche Nebel trinkenpst_027.023 Rings die türmende Ferne;pst_027.024 Morgenwind umflügeltpst_027.025 Die beschattete Bucht,pst_027.026 Und im See bespiegeltpst_027.027 Sich die reifende Frucht."
pst_027.028
Das Ganze ist in drei Teile gesondert: der erste, mit pst_027.029 Auftakt, klingt keck und frisch; der zweite, mit den
pst_027.001 wird ein Ideal des ununterbrochenen lyrischen Daseins pst_027.002 erstrebt, das künstlerisch nicht mehr möglich ist und pst_027.003 zu völliger Selbstauflösung führt.
pst_027.004
So bliebe die lyrische Dichtung also auf den engsten pst_027.005 Raum beschränkt? Ich füge ein Zwischenbeispiel ein, pst_027.006 Goethes Gedicht pst_027.007 «Auf dem See.pst_027.008
Und frische Nahrung, neues Blutpst_027.009 Saug ich aus freier Welt;pst_027.010 Wie ist Natur so hold und gut,pst_027.011 Die mich am Busen hält!pst_027.012 Die Welle wieget unsern Kahnpst_027.013 Im Rudertakt hinauf,pst_027.014 Und Berge, wolkig himmelan,pst_027.015 Begegnen unserm Lauf.
pst_027.016 Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?pst_027.017 Goldne Träume, kommt ihr wieder?pst_027.018 Weg, du Traum! so gold du bist;pst_027.019 Hier auch Lieb und Leben ist.
pst_027.020 Auf der Welle blinkenpst_027.021 Tausend schwebende Sterne,pst_027.022 Weiche Nebel trinkenpst_027.023 Rings die türmende Ferne;pst_027.024 Morgenwind umflügeltpst_027.025 Die beschattete Bucht,pst_027.026 Und im See bespiegeltpst_027.027 Sich die reifende Frucht.»
pst_027.028
Das Ganze ist in drei Teile gesondert: der erste, mit pst_027.029 Auftakt, klingt keck und frisch; der zweite, mit den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0031"n="27"/><lbn="pst_027.001"/>
wird ein Ideal des ununterbrochenen lyrischen Daseins <lbn="pst_027.002"/>
erstrebt, das künstlerisch nicht mehr möglich ist und <lbn="pst_027.003"/>
zu völliger Selbstauflösung führt.</p><lbn="pst_027.004"/><p> So bliebe die lyrische Dichtung also auf den engsten <lbn="pst_027.005"/>
Raum beschränkt? Ich füge ein Zwischenbeispiel ein, <lbn="pst_027.006"/>
Goethes Gedicht <lbn="pst_027.007"/><hirendition="#c">«<hirendition="#g">Auf dem See.</hi></hi><lbn="pst_027.008"/><lg><l>Und frische Nahrung, neues Blut</l><lbn="pst_027.009"/><l>Saug ich aus freier Welt;</l><lbn="pst_027.010"/><l>Wie ist Natur so hold und gut,</l><lbn="pst_027.011"/><l>Die mich am Busen hält!</l><lbn="pst_027.012"/><l>Die Welle wieget unsern Kahn</l><lbn="pst_027.013"/><l>Im Rudertakt hinauf,</l><lbn="pst_027.014"/><l>Und Berge, wolkig himmelan,</l><lbn="pst_027.015"/><l>Begegnen unserm Lauf. </l></lg><lg><lbn="pst_027.016"/><l>Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?</l><lbn="pst_027.017"/><l>Goldne Träume, kommt ihr wieder?</l><lbn="pst_027.018"/><l>Weg, du Traum! so gold du bist;</l><lbn="pst_027.019"/><l>Hier auch Lieb und Leben ist. </l></lg><lg><lbn="pst_027.020"/><l>Auf der Welle blinken</l><lbn="pst_027.021"/><l>Tausend schwebende Sterne,</l><lbn="pst_027.022"/><l>Weiche Nebel trinken</l><lbn="pst_027.023"/><l>Rings die türmende Ferne;</l><lbn="pst_027.024"/><l>Morgenwind umflügelt</l><lbn="pst_027.025"/><l>Die beschattete Bucht,</l><lbn="pst_027.026"/><l>Und im See bespiegelt</l><lbn="pst_027.027"/><l>Sich die reifende Frucht.»</l></lg></p><lbn="pst_027.028"/><p> Das Ganze ist in drei Teile gesondert: der erste, mit <lbn="pst_027.029"/>
Auftakt, klingt keck und frisch; der zweite, mit den
</p></div></div></body></text></TEI>
[27/0031]
pst_027.001
wird ein Ideal des ununterbrochenen lyrischen Daseins pst_027.002
erstrebt, das künstlerisch nicht mehr möglich ist und pst_027.003
zu völliger Selbstauflösung führt.
pst_027.004
So bliebe die lyrische Dichtung also auf den engsten pst_027.005
Raum beschränkt? Ich füge ein Zwischenbeispiel ein, pst_027.006
Goethes Gedicht pst_027.007
«Auf dem See. pst_027.008
Und frische Nahrung, neues Blut pst_027.009
Saug ich aus freier Welt; pst_027.010
Wie ist Natur so hold und gut, pst_027.011
Die mich am Busen hält! pst_027.012
Die Welle wieget unsern Kahn pst_027.013
Im Rudertakt hinauf, pst_027.014
Und Berge, wolkig himmelan, pst_027.015
Begegnen unserm Lauf.
pst_027.016
Aug, mein Aug, was sinkst du nieder? pst_027.017
Goldne Träume, kommt ihr wieder? pst_027.018
Weg, du Traum! so gold du bist; pst_027.019
Hier auch Lieb und Leben ist.
pst_027.020
Auf der Welle blinken pst_027.021
Tausend schwebende Sterne, pst_027.022
Weiche Nebel trinken pst_027.023
Rings die türmende Ferne; pst_027.024
Morgenwind umflügelt pst_027.025
Die beschattete Bucht, pst_027.026
Und im See bespiegelt pst_027.027
Sich die reifende Frucht.»
pst_027.028
Das Ganze ist in drei Teile gesondert: der erste, mit pst_027.029
Auftakt, klingt keck und frisch; der zweite, mit den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/31>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.