Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_208.001 pst_208.004 5. pst_208.005 Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe pst_208.006 Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten pst_208.014 Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische pst_208.025 1 pst_208.028
Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft pst_208.029 des Dichters, Zürich, 1939, S. 173 ff. pst_208.001 pst_208.004 5. pst_208.005 Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe pst_208.006 Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten pst_208.014 Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische pst_208.025 1 pst_208.028
Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft pst_208.029 des Dichters, Zürich, 1939, S. 173 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0212" n="208"/><lb n="pst_208.001"/> fragen, daß er nicht wach bleibt, sondern entschlummert <lb n="pst_208.002"/> und von der Natur das lebensnotwendige Geschenk <lb n="pst_208.003"/> des Vergessens alltäglich erhält.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pst_208.004"/> <head> <hi rendition="#c">5.</hi> </head> <lb n="pst_208.005"/> <p> Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe <lb n="pst_208.006"/> Geschick der Endlichkeit, das ihn mit tragischer Verzweiflung <lb n="pst_208.007"/> bedroht, eröffnet ihm einen unerwarteten <lb n="pst_208.008"/> Ausweg ins Behagen des Komischen. Wenn wir vom <lb n="pst_208.009"/> Tragischen erklärten, daß es den Rahmen einer Welt <lb n="pst_208.010"/> sprengt, so gilt vom Komischen, daß es aus dem Rahmen <lb n="pst_208.011"/> einer Welt herausfällt und außerhalb des Rahmens <lb n="pst_208.012"/> in selbstverständlicher, fragloser Weise besteht<note xml:id="PST_208_1" place="foot" n="1"><lb n="pst_208.028"/> Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft <lb n="pst_208.029"/> des Dichters, Zürich, 1939, S. 173 ff.</note>.</p> <lb n="pst_208.013"/> <p> Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten <lb n="pst_208.014"/> etwa in jenen Gepflogenheiten der Komödie, <lb n="pst_208.015"/> die sich von Aristophanes bis zur Gegenwart erhalten <lb n="pst_208.016"/> haben: daß eine Person auf einmal, statt zu ihrem Partner <lb n="pst_208.017"/> oder zu einem idealen Zeugen, zum Publikum <lb n="pst_208.018"/> spricht, das Publikum zum Beistand gegen einen Widersacher <lb n="pst_208.019"/> aufruft oder dem Orchester ängstlich ein Geheimnis <lb n="pst_208.020"/> anvertraut. In der Parabase der antiken Komödie <lb n="pst_208.021"/> ist dieses Verfahren sanktioniert und bereits so selbstverständlich <lb n="pst_208.022"/> geworden, daß es, weil erwartet, kein unmittelbares <lb n="pst_208.023"/> Gelächter mehr auslöst.</p> <lb n="pst_208.024"/> <p> Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische <lb n="pst_208.025"/> Phallos und Wanst, eine ungeheure rote Nase oder ein <lb n="pst_208.026"/> Ohr, das als Löffel absteht. Den Rahmen bildet hier der <lb n="pst_208.027"/> Bezugszusammenhang eines organischen Ganzen, das </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0212]
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fragen, daß er nicht wach bleibt, sondern entschlummert pst_208.002
und von der Natur das lebensnotwendige Geschenk pst_208.003
des Vergessens alltäglich erhält.
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5. pst_208.005
Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe pst_208.006
Geschick der Endlichkeit, das ihn mit tragischer Verzweiflung pst_208.007
bedroht, eröffnet ihm einen unerwarteten pst_208.008
Ausweg ins Behagen des Komischen. Wenn wir vom pst_208.009
Tragischen erklärten, daß es den Rahmen einer Welt pst_208.010
sprengt, so gilt vom Komischen, daß es aus dem Rahmen pst_208.011
einer Welt herausfällt und außerhalb des Rahmens pst_208.012
in selbstverständlicher, fragloser Weise besteht 1.
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Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten pst_208.014
etwa in jenen Gepflogenheiten der Komödie, pst_208.015
die sich von Aristophanes bis zur Gegenwart erhalten pst_208.016
haben: daß eine Person auf einmal, statt zu ihrem Partner pst_208.017
oder zu einem idealen Zeugen, zum Publikum pst_208.018
spricht, das Publikum zum Beistand gegen einen Widersacher pst_208.019
aufruft oder dem Orchester ängstlich ein Geheimnis pst_208.020
anvertraut. In der Parabase der antiken Komödie pst_208.021
ist dieses Verfahren sanktioniert und bereits so selbstverständlich pst_208.022
geworden, daß es, weil erwartet, kein unmittelbares pst_208.023
Gelächter mehr auslöst.
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Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische pst_208.025
Phallos und Wanst, eine ungeheure rote Nase oder ein pst_208.026
Ohr, das als Löffel absteht. Den Rahmen bildet hier der pst_208.027
Bezugszusammenhang eines organischen Ganzen, das
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Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft pst_208.029
des Dichters, Zürich, 1939, S. 173 ff.
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