Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_195.001 pst_195.020 In dieser Argumentation klärt sich die realistische pst_195.021 pst_195.001 pst_195.020 In dieser Argumentation klärt sich die realistische pst_195.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0199" n="195"/><lb n="pst_195.001"/> hat ihn beleidigt. Es reißt ihn hin, die Beleidigung zu <lb n="pst_195.002"/> vergelten. Wenn er hier stehen bliebe, ragte er nicht <lb n="pst_195.003"/> einmal über Butler hinaus. Er fragt aber weiter nach <lb n="pst_195.004"/> dem Recht. Die Gräfin Terzky redet ihm ein, das Recht <lb n="pst_195.005"/> verlange Gegenrecht. Der Kaiser aber habe Wallenstein <lb n="pst_195.006"/> öffentlich Unrecht zugefügt und durch den Arm seines <lb n="pst_195.007"/> Feldherrn unrechtmäßige Taten ausgeführt. Diesen Gedanken <lb n="pst_195.008"/> anzuerkennen, ist Wallenstein umso eher bereit, <lb n="pst_195.009"/> als er auch eine, nach seiner Hierarchie, noch höhere <lb n="pst_195.010"/> Instanz, das Wohl des Staates, das Heil der Menschheit <lb n="pst_195.011"/> zu Rate zieht. Der Kaiser ist schwach und vermag dem <lb n="pst_195.012"/> bedrängten Deutschland den Frieden nicht zu schaffen, <lb n="pst_195.013"/> während sich Wallenstein, gestützt auf das Heer, diese <lb n="pst_195.014"/> Leistung zutrauen darf. Schließlich dringt sein Blick <lb n="pst_195.015"/> noch über die Gegenwart hinaus und versucht, das <lb n="pst_195.016"/> Urteil der Weltgeschichte zu lesen. Der Sieger ist's, <lb n="pst_195.017"/> der die Geschichte schreibt. Wie Julius Cäsar wird <lb n="pst_195.018"/> auch Wallenstein ruhmbedeckt vor der Nachwelt stehen.</p> <lb n="pst_195.019"/> <lb n="pst_195.020"/> <p> In dieser Argumentation klärt sich die realistische <lb n="pst_195.021"/> Welt und hellen die dunklen Gefühle sich zu scharf geprägten <lb n="pst_195.022"/> Begriffen ab. Der astrologische Glaube krönt <lb n="pst_195.023"/> die Idee, die Wallensteins Leben beherrscht. Es scheint <lb n="pst_195.024"/> nichts Höheres zu geben. Max Piccolomini aber treibt <lb n="pst_195.025"/> die Frage «Worumwillen?» noch weiter und appelliert <lb n="pst_195.026"/> an eine Instanz, die jenseits alles Irdischen gilt, an das <lb n="pst_195.027"/> Urteil der absoluten Person. Wohl lebt der Mensch, um <lb n="pst_195.028"/> tätig zu sein, um sich zu rühren und durchzusetzen. <lb n="pst_195.029"/> Doch wenn er sich vor die Wahl zwischen Sinnenglück <lb n="pst_195.030"/> und Seelenfrieden, ja nur schon vor die Wahl zwischen <lb n="pst_195.031"/> irdischem Fortbestand und Pflicht gestellt sieht, so hat </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0199]
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hat ihn beleidigt. Es reißt ihn hin, die Beleidigung zu pst_195.002
vergelten. Wenn er hier stehen bliebe, ragte er nicht pst_195.003
einmal über Butler hinaus. Er fragt aber weiter nach pst_195.004
dem Recht. Die Gräfin Terzky redet ihm ein, das Recht pst_195.005
verlange Gegenrecht. Der Kaiser aber habe Wallenstein pst_195.006
öffentlich Unrecht zugefügt und durch den Arm seines pst_195.007
Feldherrn unrechtmäßige Taten ausgeführt. Diesen Gedanken pst_195.008
anzuerkennen, ist Wallenstein umso eher bereit, pst_195.009
als er auch eine, nach seiner Hierarchie, noch höhere pst_195.010
Instanz, das Wohl des Staates, das Heil der Menschheit pst_195.011
zu Rate zieht. Der Kaiser ist schwach und vermag dem pst_195.012
bedrängten Deutschland den Frieden nicht zu schaffen, pst_195.013
während sich Wallenstein, gestützt auf das Heer, diese pst_195.014
Leistung zutrauen darf. Schließlich dringt sein Blick pst_195.015
noch über die Gegenwart hinaus und versucht, das pst_195.016
Urteil der Weltgeschichte zu lesen. Der Sieger ist's, pst_195.017
der die Geschichte schreibt. Wie Julius Cäsar wird pst_195.018
auch Wallenstein ruhmbedeckt vor der Nachwelt stehen.
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In dieser Argumentation klärt sich die realistische pst_195.021
Welt und hellen die dunklen Gefühle sich zu scharf geprägten pst_195.022
Begriffen ab. Der astrologische Glaube krönt pst_195.023
die Idee, die Wallensteins Leben beherrscht. Es scheint pst_195.024
nichts Höheres zu geben. Max Piccolomini aber treibt pst_195.025
die Frage «Worumwillen?» noch weiter und appelliert pst_195.026
an eine Instanz, die jenseits alles Irdischen gilt, an das pst_195.027
Urteil der absoluten Person. Wohl lebt der Mensch, um pst_195.028
tätig zu sein, um sich zu rühren und durchzusetzen. pst_195.029
Doch wenn er sich vor die Wahl zwischen Sinnenglück pst_195.030
und Seelenfrieden, ja nur schon vor die Wahl zwischen pst_195.031
irdischem Fortbestand und Pflicht gestellt sieht, so hat
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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