Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_186.001 pst_186.012 3. pst_186.013 Die Möglichkeit problematischer und pathetischer, pst_186.014 pst_186.001 pst_186.012 3. pst_186.013 Die Möglichkeit problematischer und pathetischer, pst_186.014 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0190" n="186"/><lb n="pst_186.001"/> sichern kann, so zwingt das Pathos zur Sympathie <lb n="pst_186.002"/> und drängt die Fragen nicht dem Geist, sondern <lb n="pst_186.003"/> dem Herzen des Hörers auf. In der antiken Tragödie, <lb n="pst_186.004"/> im Drama der französischen Klassik, bei Schiller ist die <lb n="pst_186.005"/> Vereinigung von Pathos und Problem vollkommen. Im <lb n="pst_186.006"/> «König Ödipus» gar ist das Pathos des Helden mit dem <lb n="pst_186.007"/> Fragen identisch. Mehr zum Pathos neigt die italienische <lb n="pst_186.008"/> Oper, während das Drama Kleists, Grillparzers, <lb n="pst_186.009"/> Hebbels, Ibsens sich auf Probleme konzentriert und mit <lb n="pst_186.010"/> anderen als pathetischen Mitteln den Anteil an den Fragen <lb n="pst_186.011"/> zu gewinnen und zu erhalten weiß.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pst_186.012"/> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head> <lb n="pst_186.013"/> <p> Die Möglichkeit problematischer und pathetischer, <lb n="pst_186.014"/> oder, um beides in einem zusammenzufassen, dramatischer <lb n="pst_186.015"/> Dichtung beruht im Grunde darauf, daß der <lb n="pst_186.016"/> Mensch als solcher sich immer voraus ist. Ich gebe ein <lb n="pst_186.017"/> Beispiel solchen Vorausseins. Wer irgendetwas als etwas <lb n="pst_186.018"/> erkennt, ja wer es bloß wahrnimmt, verfügt bereits <lb n="pst_186.019"/> über einen Sinnzusammenhang, in dem es artikulierbar <lb n="pst_186.020"/> wird. Derselbe Gegenstand kann zu verschiedenen <lb n="pst_186.021"/> Sinnzusammenhängen gehören und dem entsprechend <lb n="pst_186.022"/> Verschiedenes sein. So tritt der Bauer auf sein Land und <lb n="pst_186.023"/> betrachtet im Hinblick auf den Ertrag die Erde als <lb n="pst_186.024"/> fruchtbar, die Neigung des Hügels als ungeeignet zur <lb n="pst_186.025"/> Bepflanzung. Der Offizier betrachtet im Hinblick auf <lb n="pst_186.026"/> taktische Zwecke dasselbe Land als Schußfeld, als toten <lb n="pst_186.027"/> Winkel, als Deckung. Der Maler, im Hinblick auf ein <lb n="pst_186.028"/> Gemälde, sieht große Linien und Farbenkomplexe. Ohne <lb n="pst_186.029"/> den «Hinblick auf ...», der im voraus gegeben sein </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0190]
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sichern kann, so zwingt das Pathos zur Sympathie pst_186.002
und drängt die Fragen nicht dem Geist, sondern pst_186.003
dem Herzen des Hörers auf. In der antiken Tragödie, pst_186.004
im Drama der französischen Klassik, bei Schiller ist die pst_186.005
Vereinigung von Pathos und Problem vollkommen. Im pst_186.006
«König Ödipus» gar ist das Pathos des Helden mit dem pst_186.007
Fragen identisch. Mehr zum Pathos neigt die italienische pst_186.008
Oper, während das Drama Kleists, Grillparzers, pst_186.009
Hebbels, Ibsens sich auf Probleme konzentriert und mit pst_186.010
anderen als pathetischen Mitteln den Anteil an den Fragen pst_186.011
zu gewinnen und zu erhalten weiß.
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Die Möglichkeit problematischer und pathetischer, pst_186.014
oder, um beides in einem zusammenzufassen, dramatischer pst_186.015
Dichtung beruht im Grunde darauf, daß der pst_186.016
Mensch als solcher sich immer voraus ist. Ich gebe ein pst_186.017
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Sinnzusammenhängen gehören und dem entsprechend pst_186.022
Verschiedenes sein. So tritt der Bauer auf sein Land und pst_186.023
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den «Hinblick auf ...», der im voraus gegeben sein
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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