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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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das wird in allem Pathos intendiert, die Wirklichkeit pst_166.002
im Gefüge des Bewußtseins oder der Realität, die jetzt, pst_166.003
beim Sprechen, noch nicht erreicht ist.

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Außer der Sprache gehört zur pathetischen Äußerung pst_166.005
aber auch die Gebärde. Wir kennen die zum Himmel pst_166.006
gereckten Arme, die den auf die Erde gestellten Menschen pst_166.007
überhöhen und den unsichtbaren Ursprung der pst_166.008
Bewegung beteuern - Stauffacher spricht den Sinn der pst_166.009
Gebärde aus:

pst_166.010
"Wenn unerträglich wird die Last - greift er pst_166.011
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel pst_166.012
Und holt herunter seine ew'gen Rechte ..."
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Ebenso Antigone, die sich auf der Götter Satzung beruft. pst_166.014
Aber auch Medea oder Hekabe, die schmerzzerrissen pst_166.015
die Arme reckt und die Hände ringt, will irgendetwas pst_166.016
herniederziehn - sie weiß nicht was, sie findet es pst_166.017
nicht. Was sein soll, kann sie noch nicht fassen. Und pst_166.018
doch bewegt sie die Gewalt dessen, was geschehen, was pst_166.019
eintreten muß von oben her aus dem Bereich des Möglichen. pst_166.020
Diese Gebärde gleicht darum der Gebärde des pst_166.021
flehentlichen Gebets. Andere pathetische Gebärden pst_166.022
sind gegen die Hörer gerichtet: die Hand, die einen horizontalen pst_166.023
demonstrativen Bogen von der Brust des pst_166.024
Sprechenden weg beschreibt und Raum schafft für die pst_166.025
Intention, die Finger, die geballten Fäuste, die den Begriff pst_166.026
wie ein Ding ergreifen und einschlagen in die bestehende pst_166.027
Welt.

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Wer aber so spricht und sich so gebärdet, der kann pst_166.029
sich nicht wie ein schlichter Erzähler mitten unter den pst_166.030
Hörern aufhalten. Er muß von ihnen irgendwie geschieden

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das wird in allem Pathos intendiert, die Wirklichkeit pst_166.002
im Gefüge des Bewußtseins oder der Realität, die jetzt, pst_166.003
beim Sprechen, noch nicht erreicht ist.

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  Außer der Sprache gehört zur pathetischen Äußerung pst_166.005
aber auch die Gebärde. Wir kennen die zum Himmel pst_166.006
gereckten Arme, die den auf die Erde gestellten Menschen pst_166.007
überhöhen und den unsichtbaren Ursprung der pst_166.008
Bewegung beteuern – Stauffacher spricht den Sinn der pst_166.009
Gebärde aus:

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«Wenn unerträglich wird die Last – greift er pst_166.011
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel pst_166.012
Und holt herunter seine ew'gen Rechte ...»
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Ebenso Antigone, die sich auf der Götter Satzung beruft. pst_166.014
Aber auch Medea oder Hekabe, die schmerzzerrissen pst_166.015
die Arme reckt und die Hände ringt, will irgendetwas pst_166.016
herniederziehn – sie weiß nicht was, sie findet es pst_166.017
nicht. Was sein soll, kann sie noch nicht fassen. Und pst_166.018
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Diese Gebärde gleicht darum der Gebärde des pst_166.021
flehentlichen Gebets. Andere pathetische Gebärden pst_166.022
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  Wer aber so spricht und sich so gebärdet, der kann pst_166.029
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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/170>, abgerufen am 24.11.2024.