Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_139.001 Doch nicht nur die Menschen, sondern sogar die Götter pst_139.002 "Jene nun sah erbarmend die lilienarmige Here, pst_139.014 Wandte sich schnell zu Athen' und sprach die geflügelten pst_139.015 Worte: pst_139.016 Weh mir, o Tochter des Zeus, des Donnerers, wollen pst_139.017 wir noch nicht pst_139.018 Retten das sterbende Volk der Danaer, auch nur zuletzt pst_139.019 noch? pst_139.020 Welche das böse Geschick nunmehr vollendend verschwinden, pst_139.021 pst_139.022 Unter des Einen Gewalt! Da wütet er ganz unerträglich, pst_139.023 Hektor, Priamos' Sohn, und viel schon tat er des pst_139.024 Frevels. pst_139.025 Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: pst_139.026 Wohl schon hätte mir dieser den Mut und die Seele verloren, pst_139.027 pst_139.028 Unter der Hand der Argeier vertilgt im heimischen pst_139.029 Lande; pst_139.030 Aber es tobt mein Vater mit übelwollendem Herzen, pst_139.001 Doch nicht nur die Menschen, sondern sogar die Götter pst_139.002 «Jene nun sah erbarmend die lilienarmige Here, pst_139.014 Wandte sich schnell zu Athen' und sprach die geflügelten pst_139.015 Worte: pst_139.016 Weh mir, o Tochter des Zeus, des Donnerers, wollen pst_139.017 wir noch nicht pst_139.018 Retten das sterbende Volk der Danaer, auch nur zuletzt pst_139.019 noch? pst_139.020 Welche das böse Geschick nunmehr vollendend verschwinden, pst_139.021 pst_139.022 Unter des Einen Gewalt! Da wütet er ganz unerträglich, pst_139.023 Hektor, Priamos' Sohn, und viel schon tat er des pst_139.024 Frevels. pst_139.025 Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: pst_139.026 Wohl schon hätte mir dieser den Mut und die Seele verloren, pst_139.027 pst_139.028 Unter der Hand der Argeier vertilgt im heimischen pst_139.029 Lande; pst_139.030 Aber es tobt mein Vater mit übelwollendem Herzen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0143" n="139"/> <lb n="pst_139.001"/> <p> Doch nicht nur die Menschen, sondern sogar die Götter <lb n="pst_139.002"/> nehmen die Zukunft nicht ernst, obwohl sie vor ihnen <lb n="pst_139.003"/> doch klarer daliegt und die Seher selber ihre Weisheit <lb n="pst_139.004"/> nur von den Göttern beziehen. Dieselbe Aufregung <lb n="pst_139.005"/> wie bei den Kriegern beim Wechsel der Geschicke, derselbe <lb n="pst_139.006"/> Unmut oder Triumph, obwohl der Untergang <lb n="pst_139.007"/> Troias feststeht und vor dem Blick der ewigen Wesen <lb n="pst_139.008"/> schon jetzt als Wirklichkeit gelten könnte. Das führt zu <lb n="pst_139.009"/> jenen Auftritten, die uns Modernen solches Ergötzen <lb n="pst_139.010"/> bereiten, weil wir, menschliche Leser, das Ganze im <lb n="pst_139.011"/> Auge behalten, während die Götter wie Kinder im Nächsten <lb n="pst_139.012"/> verhaftet sind:</p> <lb n="pst_139.013"/> <lg> <l>«Jene nun sah erbarmend die lilienarmige Here,</l> <lb n="pst_139.014"/> <l>Wandte sich schnell zu Athen' und sprach die geflügelten</l> <lb n="pst_139.015"/> <l> <hi rendition="#et">Worte:</hi> </l> <lb n="pst_139.016"/> <l>Weh mir, o Tochter des Zeus, des Donnerers, wollen</l> <lb n="pst_139.017"/> <l> <hi rendition="#et">wir noch nicht</hi> </l> <lb n="pst_139.018"/> <l>Retten das sterbende Volk der Danaer, auch nur zuletzt</l> <lb n="pst_139.019"/> <l> <hi rendition="#et">noch?</hi> </l> <lb n="pst_139.020"/> <l>Welche das böse Geschick nunmehr vollendend ver<hi rendition="#et">schwinden,</hi></l> <lb n="pst_139.021"/> <lb n="pst_139.022"/> <l>Unter des Einen Gewalt! Da wütet er ganz unerträglich,</l> <lb n="pst_139.023"/> <l>Hektor, Priamos' Sohn, und viel schon tat er des</l> <lb n="pst_139.024"/> <l> <hi rendition="#et">Frevels.</hi> </l> <lb n="pst_139.025"/> <l>Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene:</l> <lb n="pst_139.026"/> <l>Wohl schon hätte mir dieser den Mut und die Seele ver<hi rendition="#et">loren,</hi></l> <lb n="pst_139.027"/> <lb n="pst_139.028"/> <l>Unter der Hand der Argeier vertilgt im heimischen</l> <lb n="pst_139.029"/> <l> <hi rendition="#et">Lande;</hi> </l> <lb n="pst_139.030"/> <l>Aber es tobt mein Vater mit übelwollendem Herzen,</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0143]
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Doch nicht nur die Menschen, sondern sogar die Götter pst_139.002
nehmen die Zukunft nicht ernst, obwohl sie vor ihnen pst_139.003
doch klarer daliegt und die Seher selber ihre Weisheit pst_139.004
nur von den Göttern beziehen. Dieselbe Aufregung pst_139.005
wie bei den Kriegern beim Wechsel der Geschicke, derselbe pst_139.006
Unmut oder Triumph, obwohl der Untergang pst_139.007
Troias feststeht und vor dem Blick der ewigen Wesen pst_139.008
schon jetzt als Wirklichkeit gelten könnte. Das führt zu pst_139.009
jenen Auftritten, die uns Modernen solches Ergötzen pst_139.010
bereiten, weil wir, menschliche Leser, das Ganze im pst_139.011
Auge behalten, während die Götter wie Kinder im Nächsten pst_139.012
verhaftet sind:
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«Jene nun sah erbarmend die lilienarmige Here, pst_139.014
Wandte sich schnell zu Athen' und sprach die geflügelten pst_139.015
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Weh mir, o Tochter des Zeus, des Donnerers, wollen pst_139.017
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Hektor, Priamos' Sohn, und viel schon tat er des pst_139.024
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Unter der Hand der Argeier vertilgt im heimischen pst_139.029
Lande; pst_139.030
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