pst_130.001 im Freien ergehen will und den Weg zum Hügel oder pst_130.002 in das nächste Dorf einschlägt.
pst_130.003
5.
pst_130.004
Unter den "Teilen" haben wir den Anfang, die pst_130.005 Mitte, das Ende, Gesänge und einzelne Verse des Epos pst_130.006 verstanden. Ihre Selbständigkeit ist aber nur möglich pst_130.007 und sinnvoll, wenn auch die Teile des dargestellten Lebens pst_130.008 selbständig sind. Gerade darin zeigt sich nun die pst_130.009 einzigartige Kraft Homers.
pst_130.010
Hegel erklärt in seiner "Ästhetik", der Alexanderzug pst_130.011 könne nicht als eigentlich episches Thema gelten, weil pst_130.012 das Heer vor seinem Führer keine Selbständigkeit bewahre, pst_130.013 sondern ihm, als einem Despoten, blind ergeben pst_130.014 sei. Wie ganz anders ist Agamemnons Stellung in der pst_130.015 "Ilias". Er führt zwar den Oberbefehl, doch mehr nur pst_130.016 im Sinn eines "primus inter pares". Wehe ihm, wenn pst_130.017 er sich einfallen läßt, auf seine Führerschaft zu pochen! pst_130.018 Dann wird ihm erwidert, er habe nichts zu befehlen, pst_130.019 man sei ihm freiwillig gefolgt. Eine Verpflichtung gebe pst_130.020 es nicht. Jeder könne, sobald es ihm beliebe, wieder von pst_130.021 dannen ziehen. In ähnlichem Verhältnis steht Zeus, der pst_130.022 Göttervater, zu den Göttern. Am Anfang des achten pst_130.023 Gesanges prahlt er zwar in einer gewaltigen Rede, er pst_130.024 sei imstande, das Meer und die Erde samt allen Göttern, pst_130.025 die sich daran hängen wollten, in die Lüfte zu reißen:
pst_130.026
"So übertreffe ja ich gewaltig Götter und Menschen!"
pst_130.027
In diesen Versen scheint sich jedoch ein älterer Mythos pst_130.028 erhalten zu haben, die Spur einer ungeheueren Welt,
pst_130.001 im Freien ergehen will und den Weg zum Hügel oder pst_130.002 in das nächste Dorf einschlägt.
pst_130.003
5.
pst_130.004
Unter den «Teilen» haben wir den Anfang, die pst_130.005 Mitte, das Ende, Gesänge und einzelne Verse des Epos pst_130.006 verstanden. Ihre Selbständigkeit ist aber nur möglich pst_130.007 und sinnvoll, wenn auch die Teile des dargestellten Lebens pst_130.008 selbständig sind. Gerade darin zeigt sich nun die pst_130.009 einzigartige Kraft Homers.
pst_130.010
Hegel erklärt in seiner «Ästhetik», der Alexanderzug pst_130.011 könne nicht als eigentlich episches Thema gelten, weil pst_130.012 das Heer vor seinem Führer keine Selbständigkeit bewahre, pst_130.013 sondern ihm, als einem Despoten, blind ergeben pst_130.014 sei. Wie ganz anders ist Agamemnons Stellung in der pst_130.015 «Ilias». Er führt zwar den Oberbefehl, doch mehr nur pst_130.016 im Sinn eines «primus inter pares». Wehe ihm, wenn pst_130.017 er sich einfallen läßt, auf seine Führerschaft zu pochen! pst_130.018 Dann wird ihm erwidert, er habe nichts zu befehlen, pst_130.019 man sei ihm freiwillig gefolgt. Eine Verpflichtung gebe pst_130.020 es nicht. Jeder könne, sobald es ihm beliebe, wieder von pst_130.021 dannen ziehen. In ähnlichem Verhältnis steht Zeus, der pst_130.022 Göttervater, zu den Göttern. Am Anfang des achten pst_130.023 Gesanges prahlt er zwar in einer gewaltigen Rede, er pst_130.024 sei imstande, das Meer und die Erde samt allen Göttern, pst_130.025 die sich daran hängen wollten, in die Lüfte zu reißen:
pst_130.026
«So übertreffe ja ich gewaltig Götter und Menschen!»
pst_130.027
In diesen Versen scheint sich jedoch ein älterer Mythos pst_130.028 erhalten zu haben, die Spur einer ungeheueren Welt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0134"n="130"/><lbn="pst_130.001"/>
im Freien ergehen will und den Weg zum Hügel oder <lbn="pst_130.002"/>
in das nächste Dorf einschlägt.</p></div><divn="2"><lbn="pst_130.003"/><head><hirendition="#c">5.</hi></head><lbn="pst_130.004"/><p> Unter den «Teilen» haben wir den Anfang, die <lbn="pst_130.005"/>
Mitte, das Ende, Gesänge und einzelne Verse des Epos <lbn="pst_130.006"/>
verstanden. Ihre Selbständigkeit ist aber nur möglich <lbn="pst_130.007"/>
und sinnvoll, wenn auch die Teile des dargestellten Lebens <lbn="pst_130.008"/>
selbständig sind. Gerade darin zeigt sich nun die <lbn="pst_130.009"/>
einzigartige Kraft Homers.</p><lbn="pst_130.010"/><p> Hegel erklärt in seiner «Ästhetik», der Alexanderzug <lbn="pst_130.011"/>
könne nicht als eigentlich episches Thema gelten, weil <lbn="pst_130.012"/>
das Heer vor seinem Führer keine Selbständigkeit bewahre, <lbn="pst_130.013"/>
sondern ihm, als einem Despoten, blind ergeben <lbn="pst_130.014"/>
sei. Wie ganz anders ist Agamemnons Stellung in der <lbn="pst_130.015"/>
«Ilias». Er führt zwar den Oberbefehl, doch mehr nur <lbn="pst_130.016"/>
im Sinn eines «primus inter pares». Wehe ihm, wenn <lbn="pst_130.017"/>
er sich einfallen läßt, auf seine Führerschaft zu pochen! <lbn="pst_130.018"/>
Dann wird ihm erwidert, er habe nichts zu befehlen, <lbn="pst_130.019"/>
man sei ihm freiwillig gefolgt. Eine Verpflichtung gebe <lbn="pst_130.020"/>
es nicht. Jeder könne, sobald es ihm beliebe, wieder von <lbn="pst_130.021"/>
dannen ziehen. In ähnlichem Verhältnis steht Zeus, der <lbn="pst_130.022"/>
Göttervater, zu den Göttern. Am Anfang des achten <lbn="pst_130.023"/>
Gesanges prahlt er zwar in einer gewaltigen Rede, er <lbn="pst_130.024"/>
sei imstande, das Meer und die Erde samt allen Göttern, <lbn="pst_130.025"/>
die sich daran hängen wollten, in die Lüfte zu reißen:</p><lbn="pst_130.026"/><lg><l>«So übertreffe ja ich gewaltig Götter und Menschen!»</l></lg><lbn="pst_130.027"/><p>In diesen Versen scheint sich jedoch ein älterer Mythos <lbn="pst_130.028"/>
erhalten zu haben, die Spur einer ungeheueren Welt,
</p></div></div></body></text></TEI>
[130/0134]
pst_130.001
im Freien ergehen will und den Weg zum Hügel oder pst_130.002
in das nächste Dorf einschlägt.
pst_130.003
5. pst_130.004
Unter den «Teilen» haben wir den Anfang, die pst_130.005
Mitte, das Ende, Gesänge und einzelne Verse des Epos pst_130.006
verstanden. Ihre Selbständigkeit ist aber nur möglich pst_130.007
und sinnvoll, wenn auch die Teile des dargestellten Lebens pst_130.008
selbständig sind. Gerade darin zeigt sich nun die pst_130.009
einzigartige Kraft Homers.
pst_130.010
Hegel erklärt in seiner «Ästhetik», der Alexanderzug pst_130.011
könne nicht als eigentlich episches Thema gelten, weil pst_130.012
das Heer vor seinem Führer keine Selbständigkeit bewahre, pst_130.013
sondern ihm, als einem Despoten, blind ergeben pst_130.014
sei. Wie ganz anders ist Agamemnons Stellung in der pst_130.015
«Ilias». Er führt zwar den Oberbefehl, doch mehr nur pst_130.016
im Sinn eines «primus inter pares». Wehe ihm, wenn pst_130.017
er sich einfallen läßt, auf seine Führerschaft zu pochen! pst_130.018
Dann wird ihm erwidert, er habe nichts zu befehlen, pst_130.019
man sei ihm freiwillig gefolgt. Eine Verpflichtung gebe pst_130.020
es nicht. Jeder könne, sobald es ihm beliebe, wieder von pst_130.021
dannen ziehen. In ähnlichem Verhältnis steht Zeus, der pst_130.022
Göttervater, zu den Göttern. Am Anfang des achten pst_130.023
Gesanges prahlt er zwar in einer gewaltigen Rede, er pst_130.024
sei imstande, das Meer und die Erde samt allen Göttern, pst_130.025
die sich daran hängen wollten, in die Lüfte zu reißen:
pst_130.026
«So übertreffe ja ich gewaltig Götter und Menschen!»
pst_130.027
In diesen Versen scheint sich jedoch ein älterer Mythos pst_130.028
erhalten zu haben, die Spur einer ungeheueren Welt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/134>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.