Wir haben es jetzt weiter hinauf zu verfolgen und pst_123.002 schließen die Gleichnisse an. Sie sind sehr häufig schon pst_123.003 grammatisch nur lose mit ihrer Umgebung verbunden, pst_123.004 indem der Dichter gerne aus der Konstruktion "wie - pst_123.005 so" ausbricht und sie erst nachträglich, unbekümmert pst_123.006 um strenge Fügung, wieder aufnimmt, so im folgenden pst_123.007 Gleichnis, bei dem ich die Vossische Übertragung syntaktisch pst_123.008 dem Urtext anzunähern versuche: pst_123.009
"... und er fiel in den Staub wie die Pappel,pst_123.010 Die in gewässerter Aue des großen Sumpfes emporwuchs,pst_123.011 Glatten Stammes, doch oben entwachsen ihr grünendepst_123.012 Zweige;pst_123.013 Diese haut der Wagner jetzt ab mit blinkendem Eisen,pst_123.014 Daß er sie beuge zum Kranz des Rades am zierlichenpst_123.015 Wagen;pst_123.016 Die aber liegt nun welkend am Bord des rinnendenpst_123.017 Baches:pst_123.018 So Anthemios' Sohn Simoeisios ..."
(Ilias IV, 482 ff.) pst_123.019
Schon aus dem Satzbau ist ersichtlich, daß sich das pst_123.020 Gleichnis selbständig macht. Prüfen wir es auf seinen pst_123.021 Inhalt, so finden wir, daß es einzig durch die Vorstellung pst_123.022 des Sinkens und Liegens mit der Handlung verbunden pst_123.023 bleibt. Antike Erklärer haben zwar bei jeder pst_123.024 Gelegenheit versucht, möglichst viele Bezüge ausfindig pst_123.025 zu machen. So wird das Gleichnis von Athene, die den pst_123.026 Pfeil wegscheucht wie die Mutter die Fliege vom schlafenden pst_123.027 Kindlein, so ausgelegt, daß die Mutter die Sorge pst_123.028 der Göttin um Menelaos bedeute, der Schlaf des Kindes pst_123.029 die Ahnungslosigkeit des Bedrohten - und so fort! Obwohl pst_123.030 das in diesem Beispiel noch nicht zu ausgesprochenem
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Wir haben es jetzt weiter hinauf zu verfolgen und pst_123.002 schließen die Gleichnisse an. Sie sind sehr häufig schon pst_123.003 grammatisch nur lose mit ihrer Umgebung verbunden, pst_123.004 indem der Dichter gerne aus der Konstruktion «wie – pst_123.005 so» ausbricht und sie erst nachträglich, unbekümmert pst_123.006 um strenge Fügung, wieder aufnimmt, so im folgenden pst_123.007 Gleichnis, bei dem ich die Vossische Übertragung syntaktisch pst_123.008 dem Urtext anzunähern versuche: pst_123.009
«... und er fiel in den Staub wie die Pappel,pst_123.010 Die in gewässerter Aue des großen Sumpfes emporwuchs,pst_123.011 Glatten Stammes, doch oben entwachsen ihr grünendepst_123.012 Zweige;pst_123.013 Diese haut der Wagner jetzt ab mit blinkendem Eisen,pst_123.014 Daß er sie beuge zum Kranz des Rades am zierlichenpst_123.015 Wagen;pst_123.016 Die aber liegt nun welkend am Bord des rinnendenpst_123.017 Baches:pst_123.018 So Anthemios' Sohn Simoeisios ...»
(Ilias IV, 482 ff.) pst_123.019
Schon aus dem Satzbau ist ersichtlich, daß sich das pst_123.020 Gleichnis selbständig macht. Prüfen wir es auf seinen pst_123.021 Inhalt, so finden wir, daß es einzig durch die Vorstellung pst_123.022 des Sinkens und Liegens mit der Handlung verbunden pst_123.023 bleibt. Antike Erklärer haben zwar bei jeder pst_123.024 Gelegenheit versucht, möglichst viele Bezüge ausfindig pst_123.025 zu machen. So wird das Gleichnis von Athene, die den pst_123.026 Pfeil wegscheucht wie die Mutter die Fliege vom schlafenden pst_123.027 Kindlein, so ausgelegt, daß die Mutter die Sorge pst_123.028 der Göttin um Menelaos bedeute, der Schlaf des Kindes pst_123.029 die Ahnungslosigkeit des Bedrohten – und so fort! Obwohl pst_123.030 das in diesem Beispiel noch nicht zu ausgesprochenem
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«... und er fiel in den Staub wie die Pappel, pst_123.010
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So Anthemios' Sohn Simoeisios ...»
(Ilias IV, 482 ff.)
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Schon aus dem Satzbau ist ersichtlich, daß sich das pst_123.020
Gleichnis selbständig macht. Prüfen wir es auf seinen pst_123.021
Inhalt, so finden wir, daß es einzig durch die Vorstellung pst_123.022
des Sinkens und Liegens mit der Handlung verbunden pst_123.023
bleibt. Antike Erklärer haben zwar bei jeder pst_123.024
Gelegenheit versucht, möglichst viele Bezüge ausfindig pst_123.025
zu machen. So wird das Gleichnis von Athene, die den pst_123.026
Pfeil wegscheucht wie die Mutter die Fliege vom schlafenden pst_123.027
Kindlein, so ausgelegt, daß die Mutter die Sorge pst_123.028
der Göttin um Menelaos bedeute, der Schlaf des Kindes pst_123.029
die Ahnungslosigkeit des Bedrohten – und so fort! Obwohl pst_123.030
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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/127>, abgerufen am 16.02.2025.
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