pst_120.001 vor, der die Geschlossenheit einzelner Verse pst_120.002 manchmal gefährdet. Der ursprüngliche Sinn des Maßes pst_120.003 bleibt aber erkennbar.
pst_120.004
Die rhythmische Geschlossenheit erzeugt die gegenständliche. pst_120.005 Unzählige Hexameter vermögen uns, völlig pst_120.006 losgelöst von ihrer Umgebung, um ihrer runden Bildlichkeit pst_120.007 willen, zu erfreuen. Von den stereotypen hier pst_120.008 abzusehen, Verse wie etwa die folgenden:
pst_120.009
"Und ein schrecklicher Klang entscholl dem silbernenpst_120.010 Bogen"
(Ilias I, 49)
pst_120.011 "Birnen reifen auf Birnen, auf Äpfel röten sich Äpfel,pst_120.012 Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigenpst_120.013 schrumpfen auf Feigen."
(Odyssee VII, 120-1) pst_120.014
Oder aus Epen der deutschen Klassik: pst_120.015
"Und sie empfing an der Pforte der Hund mitpst_120.016 freundlichem Wedeln."
(Voß, Luise)
pst_120.017 "Festlich und heiter glänzte der Himmel und farbig diepst_120.018 Erde."
(Goethe, Reineke Fuchs)pst_120.019
Die Beispiele zeigen zugleich, daß die Länge des Verses pst_120.020 der üblichen Länge eines übersichtlichen Hauptsatzes pst_120.021 entspricht. So stellt sich grammatisch die Selbständigkeit pst_120.022 der Teile als Parataxe dar, als eine Parataxe pst_120.023 jedoch, bei der es nun, im Gegensatz zur lyrischen, pst_120.024 durchaus angebracht ist, jeden Vers mit einem Punkt pst_120.025 zu beschließen. Wir können das nicht an Homer ablesen. pst_120.026 Dafür bezeugt der griechische Text auf andere pst_120.027 Weise eine Selbständigkeit der Teile, die sich im Deutschen
pst_120.001 vor, der die Geschlossenheit einzelner Verse pst_120.002 manchmal gefährdet. Der ursprüngliche Sinn des Maßes pst_120.003 bleibt aber erkennbar.
pst_120.004
Die rhythmische Geschlossenheit erzeugt die gegenständliche. pst_120.005 Unzählige Hexameter vermögen uns, völlig pst_120.006 losgelöst von ihrer Umgebung, um ihrer runden Bildlichkeit pst_120.007 willen, zu erfreuen. Von den stereotypen hier pst_120.008 abzusehen, Verse wie etwa die folgenden:
pst_120.009
«Und ein schrecklicher Klang entscholl dem silbernenpst_120.010 Bogen»
(Ilias I, 49)
pst_120.011 «Birnen reifen auf Birnen, auf Äpfel röten sich Äpfel,pst_120.012 Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigenpst_120.013 schrumpfen auf Feigen.»
(Odyssee VII, 120–1) pst_120.014
Oder aus Epen der deutschen Klassik: pst_120.015
«Und sie empfing an der Pforte der Hund mitpst_120.016 freundlichem Wedeln.»
(Voß, Luise)
pst_120.017 «Festlich und heiter glänzte der Himmel und farbig diepst_120.018 Erde.»
(Goethe, Reineke Fuchs)pst_120.019
Die Beispiele zeigen zugleich, daß die Länge des Verses pst_120.020 der üblichen Länge eines übersichtlichen Hauptsatzes pst_120.021 entspricht. So stellt sich grammatisch die Selbständigkeit pst_120.022 der Teile als Parataxe dar, als eine Parataxe pst_120.023 jedoch, bei der es nun, im Gegensatz zur lyrischen, pst_120.024 durchaus angebracht ist, jeden Vers mit einem Punkt pst_120.025 zu beschließen. Wir können das nicht an Homer ablesen. pst_120.026 Dafür bezeugt der griechische Text auf andere pst_120.027 Weise eine Selbständigkeit der Teile, die sich im Deutschen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0124"n="120"/><lbn="pst_120.001"/>
vor, der die Geschlossenheit einzelner Verse <lbn="pst_120.002"/>
manchmal gefährdet. Der ursprüngliche Sinn des Maßes <lbn="pst_120.003"/>
bleibt aber erkennbar.</p><lbn="pst_120.004"/><p> Die rhythmische Geschlossenheit erzeugt die gegenständliche. <lbn="pst_120.005"/>
Unzählige Hexameter vermögen uns, völlig <lbn="pst_120.006"/>
losgelöst von ihrer Umgebung, um ihrer runden Bildlichkeit <lbn="pst_120.007"/>
willen, zu erfreuen. Von den stereotypen hier <lbn="pst_120.008"/>
abzusehen, Verse wie etwa die folgenden:</p><lbn="pst_120.009"/><p><lg><l>«Und ein schrecklicher Klang entscholl dem silbernen</l><lbn="pst_120.010"/><l><hirendition="#et">Bogen»</hi></l></lg><hirendition="#right"><hirendition="#aq">(Ilias I, 49)</hi></hi><lg><lbn="pst_120.011"/><l>«Birnen reifen auf Birnen, auf Äpfel röten sich Äpfel,</l><lbn="pst_120.012"/><l>Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen</l><lbn="pst_120.013"/><l><hirendition="#et">schrumpfen auf Feigen.»</hi></l></lg><hirendition="#right"><hirendition="#aq">(Odyssee VII, 120–1)</hi></hi></p><spacedim="vertical"/><lbn="pst_120.014"/><p>Oder aus Epen der deutschen Klassik: <spacedim="vertical"/><lbn="pst_120.015"/><lg><l>«Und sie empfing an der Pforte der Hund mit</l><lbn="pst_120.016"/><l><hirendition="#et">freundlichem Wedeln.»</hi></l></lg><hirendition="#right"><hirendition="#aq">(Voß, Luise)</hi></hi><lg><lbn="pst_120.017"/><l>«Festlich und heiter glänzte der Himmel und farbig die</l><lbn="pst_120.018"/><l><hirendition="#et">Erde.»</hi></l></lg><hirendition="#right"><hirendition="#aq">(Goethe, Reineke Fuchs)</hi></hi></p><lbn="pst_120.019"/><p> Die Beispiele zeigen zugleich, daß die Länge des Verses <lbn="pst_120.020"/>
der üblichen Länge eines übersichtlichen Hauptsatzes <lbn="pst_120.021"/>
entspricht. So stellt sich grammatisch die Selbständigkeit <lbn="pst_120.022"/>
der Teile als Parataxe dar, als eine Parataxe <lbn="pst_120.023"/>
jedoch, bei der es nun, im Gegensatz zur lyrischen, <lbn="pst_120.024"/>
durchaus angebracht ist, jeden Vers mit einem Punkt <lbn="pst_120.025"/>
zu beschließen. Wir können das nicht an Homer ablesen. <lbn="pst_120.026"/>
Dafür bezeugt der griechische Text auf andere <lbn="pst_120.027"/>
Weise eine Selbständigkeit der Teile, die sich im Deutschen
</p></div></div></body></text></TEI>
[120/0124]
pst_120.001
vor, der die Geschlossenheit einzelner Verse pst_120.002
manchmal gefährdet. Der ursprüngliche Sinn des Maßes pst_120.003
bleibt aber erkennbar.
pst_120.004
Die rhythmische Geschlossenheit erzeugt die gegenständliche. pst_120.005
Unzählige Hexameter vermögen uns, völlig pst_120.006
losgelöst von ihrer Umgebung, um ihrer runden Bildlichkeit pst_120.007
willen, zu erfreuen. Von den stereotypen hier pst_120.008
abzusehen, Verse wie etwa die folgenden:
pst_120.009
«Und ein schrecklicher Klang entscholl dem silbernen pst_120.010
Bogen»
(Ilias I, 49) pst_120.011
«Birnen reifen auf Birnen, auf Äpfel röten sich Äpfel, pst_120.012
Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen pst_120.013
schrumpfen auf Feigen.»
(Odyssee VII, 120–1)
pst_120.014
Oder aus Epen der deutschen Klassik: pst_120.015
«Und sie empfing an der Pforte der Hund mit pst_120.016
freundlichem Wedeln.»
(Voß, Luise) pst_120.017
«Festlich und heiter glänzte der Himmel und farbig die pst_120.018
Erde.»
(Goethe, Reineke Fuchs)
pst_120.019
Die Beispiele zeigen zugleich, daß die Länge des Verses pst_120.020
der üblichen Länge eines übersichtlichen Hauptsatzes pst_120.021
entspricht. So stellt sich grammatisch die Selbständigkeit pst_120.022
der Teile als Parataxe dar, als eine Parataxe pst_120.023
jedoch, bei der es nun, im Gegensatz zur lyrischen, pst_120.024
durchaus angebracht ist, jeden Vers mit einem Punkt pst_120.025
zu beschließen. Wir können das nicht an Homer ablesen. pst_120.026
Dafür bezeugt der griechische Text auf andere pst_120.027
Weise eine Selbständigkeit der Teile, die sich im Deutschen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/124>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.