Die Brigitte ging hinaus. Eben schlug der Alm-Oehi mit großer Gewalt neue Kloben in die Mauer ein; Brigitte trat an ihn heran und sagte: "Ich wünsche Euch guten Abend, Oehi, und die Mutter auch, und wir haben Euch zu danken, daß Ihr uns einen solchen Dienst thut, und die Mutter möchte Euch noch gern eigens danken drinnen; sicher, es hätte uns das nicht grad Einer gethan, wir wollen Euch auch dran denken, denn sicher --"
"Macht's kurz", unterbrach sie der Alte hier; "was Ihr vom Alm-Oehi haltet, weiß ich schon. Geht nur wieder hinein; wo's fehlt, find' ich selber."
Brigitte gehorchte sogleich, denn der Oehi hatte eine Art, der man sich nicht leicht widersetzte. Er klopfte und hämmerte um das ganze Häuschen herum, stieg dann das schmale Treppchen hinauf bis unter das Dach, hämmerte weiter und weiter, bis er auch den letzten Nagel eingeschlagen, den er mitgebracht hatte. Unterdessen war auch schon die Dun¬ kelheit hereingebrochen, und kaum war er heruntergestiegen und hatte seinen Schlitten hinter dem Gaißenstall hervor¬ gezogen, als auch schon Heidi aus der Thüre trat und vom Großvater wie gestern verpackt auf den Arm genommen und der Schlitten nachgezogen wurde, denn allein da drauf sitzend, wäre die ganze Umhüllung vom Heidi abgefallen, und es wäre fast oder ganz erfroren. Das wußte der Gro߬ vater wohl und hielt das Kind ganz warm in seinem Arm.
Die Brigitte ging hinaus. Eben ſchlug der Alm-Oehi mit großer Gewalt neue Kloben in die Mauer ein; Brigitte trat an ihn heran und ſagte: „Ich wünſche Euch guten Abend, Oehi, und die Mutter auch, und wir haben Euch zu danken, daß Ihr uns einen ſolchen Dienſt thut, und die Mutter möchte Euch noch gern eigens danken drinnen; ſicher, es hätte uns das nicht grad Einer gethan, wir wollen Euch auch dran denken, denn ſicher —“
„Macht's kurz“, unterbrach ſie der Alte hier; „was Ihr vom Alm-Oehi haltet, weiß ich ſchon. Geht nur wieder hinein; wo's fehlt, find' ich ſelber.“
Brigitte gehorchte ſogleich, denn der Oehi hatte eine Art, der man ſich nicht leicht widerſetzte. Er klopfte und hämmerte um das ganze Häuschen herum, ſtieg dann das ſchmale Treppchen hinauf bis unter das Dach, hämmerte weiter und weiter, bis er auch den letzten Nagel eingeſchlagen, den er mitgebracht hatte. Unterdeſſen war auch ſchon die Dun¬ kelheit hereingebrochen, und kaum war er heruntergeſtiegen und hatte ſeinen Schlitten hinter dem Gaißenſtall hervor¬ gezogen, als auch ſchon Heidi aus der Thüre trat und vom Großvater wie geſtern verpackt auf den Arm genommen und der Schlitten nachgezogen wurde, denn allein da drauf ſitzend, wäre die ganze Umhüllung vom Heidi abgefallen, und es wäre faſt oder ganz erfroren. Das wußte der Gro߬ vater wohl und hielt das Kind ganz warm in ſeinem Arm.
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Die Brigitte ging hinaus. Eben ſchlug der Alm-Oehi
mit großer Gewalt neue Kloben in die Mauer ein; Brigitte
trat an ihn heran und ſagte: „Ich wünſche Euch guten
Abend, Oehi, und die Mutter auch, und wir haben Euch zu
danken, daß Ihr uns einen ſolchen Dienſt thut, und die
Mutter möchte Euch noch gern eigens danken drinnen;
ſicher, es hätte uns das nicht grad Einer gethan, wir wollen
Euch auch dran denken, denn ſicher —“
„Macht's kurz“, unterbrach ſie der Alte hier; „was
Ihr vom Alm-Oehi haltet, weiß ich ſchon. Geht nur wieder
hinein; wo's fehlt, find' ich ſelber.“
Brigitte gehorchte ſogleich, denn der Oehi hatte eine Art,
der man ſich nicht leicht widerſetzte. Er klopfte und hämmerte
um das ganze Häuschen herum, ſtieg dann das ſchmale
Treppchen hinauf bis unter das Dach, hämmerte weiter
und weiter, bis er auch den letzten Nagel eingeſchlagen, den
er mitgebracht hatte. Unterdeſſen war auch ſchon die Dun¬
kelheit hereingebrochen, und kaum war er heruntergeſtiegen
und hatte ſeinen Schlitten hinter dem Gaißenſtall hervor¬
gezogen, als auch ſchon Heidi aus der Thüre trat und vom
Großvater wie geſtern verpackt auf den Arm genommen
und der Schlitten nachgezogen wurde, denn allein da drauf
ſitzend, wäre die ganze Umhüllung vom Heidi abgefallen, und
es wäre faſt oder ganz erfroren. Das wußte der Gro߬
vater wohl und hielt das Kind ganz warm in ſeinem
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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/79>, abgerufen am 26.06.2024.
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