Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Brödchen gebracht, und hätte ihr nicht lesen können, was "Und wenn's Einer doch thäte", murmelte der Gro߬ "O dem geht's nicht gut, denn der liebe Gott vergißt "Das ist wahr, Heidi, woher weißt du das?" "Von der Großmama, sie hat mir Alles erklärt." Der Großvater ging eine Weile schweigend weiter. Dann 15 *
Brödchen gebracht, und hätte ihr nicht leſen können, was „Und wenn's Einer doch thäte“, murmelte der Gro߬ „O dem geht's nicht gut, denn der liebe Gott vergißt „Das iſt wahr, Heidi, woher weißt du das?“ „Von der Großmama, ſie hat mir Alles erklärt.“ Der Großvater ging eine Weile ſchweigend weiter. Dann 15 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="227"/> Brödchen gebracht, und hätte ihr nicht leſen können, was<lb/> ihr wohl macht; aber der liebe Gott hatte ſchon Alles aus¬<lb/> gedacht, ſo viel ſchöner, als ich es wußte; die Großmama<lb/> hat es mir geſagt und nun iſt Alles ſo gekommen. O wie<lb/> bin ich froh, daß der liebe Gott nicht nachgab, wie ich ſo<lb/> bat und jammerte! Aber jetzt will ich immer ſo beten,<lb/> wie die Großmama ſagte, und dem lieben Gott immer<lb/> danken, und wenn er Etwas nicht thut, das ich erbeten will,<lb/> dann will ich gleich denken: es geht gewiß wieder wie in<lb/> Frankfurt, der liebe Gott denkt gewiß etwas viel Beſſeres<lb/> aus. Aber wir wollen auch alle Tage beten, gelt Gro߬<lb/> vater, und wir wollen es nie mehr vergeſſen, damit der<lb/> liebe Gott uns auch nicht vergißt.“</p><lb/> <p>„Und wenn's Einer doch thäte“, murmelte der Gro߬<lb/> vater.</p><lb/> <p>„O dem geht's nicht gut, denn der liebe Gott vergißt<lb/> ihn dann auch und läßt ihn ganz laufen, und wenn es ihm<lb/> einmal ſchlecht geht, und er jammert, ſo hat kein Menſch<lb/> Mitleid mit ihm, ſondern alle ſagen nur, er iſt ja zuerſt<lb/> vom lieben Gott weggelaufen, nun läßt ihn der liebe Gott<lb/> auch gehen, der ihm helfen könnte.“</p><lb/> <p>„Das iſt wahr, Heidi, woher weißt du das?“</p><lb/> <p>„Von der Großmama, ſie hat mir Alles erklärt.“</p><lb/> <p>Der Großvater ging eine Weile ſchweigend weiter. Dann<lb/> ſagte er, ſeine Gedanken verfolgend, vor ſich hin: „Und<lb/> wenn's einmal ſo iſt, dann iſt's ſo; zurück kann Keiner,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">15 *<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [227/0237]
Brödchen gebracht, und hätte ihr nicht leſen können, was
ihr wohl macht; aber der liebe Gott hatte ſchon Alles aus¬
gedacht, ſo viel ſchöner, als ich es wußte; die Großmama
hat es mir geſagt und nun iſt Alles ſo gekommen. O wie
bin ich froh, daß der liebe Gott nicht nachgab, wie ich ſo
bat und jammerte! Aber jetzt will ich immer ſo beten,
wie die Großmama ſagte, und dem lieben Gott immer
danken, und wenn er Etwas nicht thut, das ich erbeten will,
dann will ich gleich denken: es geht gewiß wieder wie in
Frankfurt, der liebe Gott denkt gewiß etwas viel Beſſeres
aus. Aber wir wollen auch alle Tage beten, gelt Gro߬
vater, und wir wollen es nie mehr vergeſſen, damit der
liebe Gott uns auch nicht vergißt.“
„Und wenn's Einer doch thäte“, murmelte der Gro߬
vater.
„O dem geht's nicht gut, denn der liebe Gott vergißt
ihn dann auch und läßt ihn ganz laufen, und wenn es ihm
einmal ſchlecht geht, und er jammert, ſo hat kein Menſch
Mitleid mit ihm, ſondern alle ſagen nur, er iſt ja zuerſt
vom lieben Gott weggelaufen, nun läßt ihn der liebe Gott
auch gehen, der ihm helfen könnte.“
„Das iſt wahr, Heidi, woher weißt du das?“
„Von der Großmama, ſie hat mir Alles erklärt.“
Der Großvater ging eine Weile ſchweigend weiter. Dann
ſagte er, ſeine Gedanken verfolgend, vor ſich hin: „Und
wenn's einmal ſo iſt, dann iſt's ſo; zurück kann Keiner,
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