Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Gespenst nicht und wolle schon allein in seinem Zimmer Das half. Zwei Tage darauf stand Herr Sesemann Geſpenſt nicht und wolle ſchon allein in ſeinem Zimmer Das half. Zwei Tage darauf ſtand Herr Seſemann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="182"/> Geſpenſt nicht und wolle ſchon allein in ſeinem Zimmer<lb/> bleiben. Hierauf eilte Fräulein Rottenmeier an ihren Schreib¬<lb/> tiſch und ſchrieb an Herrn Seſemann, die unheimlichen Vor¬<lb/> gänge im Hauſe, die allnächtlich ſich wiederholten, hätten die<lb/> zarte Conſtitution ſeiner Tochter dergeſtalt erſchüttert, daß<lb/> die ſchlimmſten Folgen zu beſorgen ſeien, man habe Bei¬<lb/> ſpiele von plötzlich eintretenden epileptiſchen Zufällen, oder<lb/> Beitstanz in ſolchen Verhältniſſen, und ſeine Tochter ſei Allem<lb/> ausgeſetzt, wenn dieſer Zuſtand des Schreckens im Hauſe<lb/> nicht gehoben werde.</p><lb/> <p>Das half. Zwei Tage darauf ſtand Herr Seſemann<lb/> an ſeiner Thür und ſchellte dergeſtalt an ſeiner Hausglocke,<lb/> daß Alles zuſammenlief und Einer den Andern anſtarrte,<lb/> denn man glaubte nicht anders, als nun laſſe der Geiſt<lb/> frecher Weiſe noch vor Nacht ſeine boshaften Stücke aus.<lb/> Sebaſtian guckte ganz behutſam durch einen halbgeöffneten<lb/> Laden von oben herunter, in dem Augenblick ſchellte es noch<lb/> einmal ſo nachdrücklich, daß Jeder unwillkürlich eine Men¬<lb/> ſchenhand hinter dem tüchtigen Ruck vermuthete. Sebaſtian<lb/> hatte die Hand erkannt, ſtürzte durch's Zimmer, kopfüber die<lb/> Treppe hinunter, kam aber unten wieder auf die Füße und<lb/> riß die Hausthür auf. Herr Seſemann grüßte kurz und<lb/> ſtieg ohne Weiteres nach dem Zimmer ſeiner Tochter hinauf.<lb/> Klara empfing den Papa mit einem lauten Freudenruf und<lb/> als er ſie ſo munter und völlig unverändert ſah, glättete<lb/> ſich ſeine Stirn, die er vorher ſehr zuſammengezogen hatte,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0192]
Geſpenſt nicht und wolle ſchon allein in ſeinem Zimmer
bleiben. Hierauf eilte Fräulein Rottenmeier an ihren Schreib¬
tiſch und ſchrieb an Herrn Seſemann, die unheimlichen Vor¬
gänge im Hauſe, die allnächtlich ſich wiederholten, hätten die
zarte Conſtitution ſeiner Tochter dergeſtalt erſchüttert, daß
die ſchlimmſten Folgen zu beſorgen ſeien, man habe Bei¬
ſpiele von plötzlich eintretenden epileptiſchen Zufällen, oder
Beitstanz in ſolchen Verhältniſſen, und ſeine Tochter ſei Allem
ausgeſetzt, wenn dieſer Zuſtand des Schreckens im Hauſe
nicht gehoben werde.
Das half. Zwei Tage darauf ſtand Herr Seſemann
an ſeiner Thür und ſchellte dergeſtalt an ſeiner Hausglocke,
daß Alles zuſammenlief und Einer den Andern anſtarrte,
denn man glaubte nicht anders, als nun laſſe der Geiſt
frecher Weiſe noch vor Nacht ſeine boshaften Stücke aus.
Sebaſtian guckte ganz behutſam durch einen halbgeöffneten
Laden von oben herunter, in dem Augenblick ſchellte es noch
einmal ſo nachdrücklich, daß Jeder unwillkürlich eine Men¬
ſchenhand hinter dem tüchtigen Ruck vermuthete. Sebaſtian
hatte die Hand erkannt, ſtürzte durch's Zimmer, kopfüber die
Treppe hinunter, kam aber unten wieder auf die Füße und
riß die Hausthür auf. Herr Seſemann grüßte kurz und
ſtieg ohne Weiteres nach dem Zimmer ſeiner Tochter hinauf.
Klara empfing den Papa mit einem lauten Freudenruf und
als er ſie ſo munter und völlig unverändert ſah, glättete
ſich ſeine Stirn, die er vorher ſehr zuſammengezogen hatte,
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