Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Sebastian und Tinette sich entfernen sollten. Jetzt wandte "Adelheid", begann sie mit strengem Ton, "ich weiß Heidi hörte still und verwundert sein Urtheil an, denn Aber Klara erhob einen lauten Jammer: "Nein, nein, Gegen diesen Oberrichter durfte Fräulein Rottenmeier Es verflossen nun ein paar ungestörtere Tage, aber Sebaſtian und Tinette ſich entfernen ſollten. Jetzt wandte „Adelheid“, begann ſie mit ſtrengem Ton, „ich weiß Heidi hörte ſtill und verwundert ſein Urtheil an, denn Aber Klara erhob einen lauten Jammer: „Nein, nein, Gegen dieſen Oberrichter durfte Fräulein Rottenmeier Es verfloſſen nun ein paar ungeſtörtere Tage, aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="130"/> Sebaſtian und Tinette ſich entfernen ſollten. Jetzt wandte<lb/> ſie ſich an Heidi, das neben Klara's Seſſel ſtand und nicht<lb/> recht begriff, was es verbrochen hatte.</p><lb/> <p>„Adelheid“, begann ſie mit ſtrengem Ton, „ich weiß<lb/> nur Eine Strafe, die dir empfindlich ſein könnte, denn du<lb/> biſt eine Barbarin; aber wir wollen ſehen, ob du unten<lb/> im dunkeln Keller bei Molchen und Ratten nicht zahm wirſt,<lb/> daß du dir keine ſolchen Dinge mehr einfallen läſſeſt.“</p><lb/> <p>Heidi hörte ſtill und verwundert ſein Urtheil an, denn<lb/> in einem ſchreckhaften Keller war es noch nie geweſen; der<lb/> anſtoßende Raum in der Almhütte, den der Großvater<lb/> Keller nannte, wo immer die fertigen Käſe lagen und die<lb/> friſche Milch ſtand, war eher ein anmuthiger und einladen¬<lb/> der Ort, und Ratten und Molche hatte es noch keine ge¬<lb/> ſehen.</p><lb/> <p>Aber Klara erhob einen lauten Jammer: „Nein, nein,<lb/> Fräulein Rottenmeier, man muß warten, bis der Papa da<lb/> iſt; er hat ja geſchrieben, er komme nun bald, und dann<lb/> will ich ihm Alles erzählen, und er ſagt dann ſchon, was<lb/> mit Heidi geſchehen ſoll.“</p><lb/> <p>Gegen dieſen Oberrichter durfte Fräulein Rottenmeier<lb/> Nichts einwenden, um ſo weniger, da er wirklich in Bälde<lb/> zu erwarten war. Sie ſtand auf und ſagte etwas grimmig:<lb/> „Gut, Klara, gut, aber auch ich werde ein Wort mit Herrn<lb/> Seſemann ſprechen.“ Damit verließ ſie das Zimmer. —</p><lb/> <p>Es verfloſſen nun ein paar ungeſtörtere Tage, aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
Sebaſtian und Tinette ſich entfernen ſollten. Jetzt wandte
ſie ſich an Heidi, das neben Klara's Seſſel ſtand und nicht
recht begriff, was es verbrochen hatte.
„Adelheid“, begann ſie mit ſtrengem Ton, „ich weiß
nur Eine Strafe, die dir empfindlich ſein könnte, denn du
biſt eine Barbarin; aber wir wollen ſehen, ob du unten
im dunkeln Keller bei Molchen und Ratten nicht zahm wirſt,
daß du dir keine ſolchen Dinge mehr einfallen läſſeſt.“
Heidi hörte ſtill und verwundert ſein Urtheil an, denn
in einem ſchreckhaften Keller war es noch nie geweſen; der
anſtoßende Raum in der Almhütte, den der Großvater
Keller nannte, wo immer die fertigen Käſe lagen und die
friſche Milch ſtand, war eher ein anmuthiger und einladen¬
der Ort, und Ratten und Molche hatte es noch keine ge¬
ſehen.
Aber Klara erhob einen lauten Jammer: „Nein, nein,
Fräulein Rottenmeier, man muß warten, bis der Papa da
iſt; er hat ja geſchrieben, er komme nun bald, und dann
will ich ihm Alles erzählen, und er ſagt dann ſchon, was
mit Heidi geſchehen ſoll.“
Gegen dieſen Oberrichter durfte Fräulein Rottenmeier
Nichts einwenden, um ſo weniger, da er wirklich in Bälde
zu erwarten war. Sie ſtand auf und ſagte etwas grimmig:
„Gut, Klara, gut, aber auch ich werde ein Wort mit Herrn
Seſemann ſprechen.“ Damit verließ ſie das Zimmer. —
Es verfloſſen nun ein paar ungeſtörtere Tage, aber
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