Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Heidi antwortete: "Eben auf den Thurm wollte ich." "Was hast du droben zu thun?" fragte der Thürmer; "Nein", entgegnete Heidi, "ich möchte nur hinauf¬ "Macht, daß ihr heimkommt und probirt den Spaß Aber Heidi hielt ihn ein wenig am Rockschooß und sagte Er sah sich um und Heidi's Augen schauten so flehent¬ Der Junge setzte sich auf die steinernen Stufen vor der Heidi stieg an der Hand des Thürmers viele, viele "Da, jetzt guck hinunter", sagte er. Heidi sah auf ein Meer von Dächern, Thürmen und Heidi antwortete: „Eben auf den Thurm wollte ich.“ „Was haſt du droben zu thun?“ fragte der Thürmer; „Nein“, entgegnete Heidi, „ich möchte nur hinauf¬ „Macht, daß ihr heimkommt und probirt den Spaß Aber Heidi hielt ihn ein wenig am Rockſchooß und ſagte Er ſah ſich um und Heidi's Augen ſchauten ſo flehent¬ Der Junge ſetzte ſich auf die ſteinernen Stufen vor der Heidi ſtieg an der Hand des Thürmers viele, viele „Da, jetzt guck hinunter“, ſagte er. Heidi ſah auf ein Meer von Dächern, Thürmen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0126" n="116"/> <p>Heidi antwortete: „Eben auf den Thurm wollte ich.“</p><lb/> <p>„Was haſt du droben zu thun?“ fragte der Thürmer;<lb/> „hat dich Jemand geſchickt?“</p><lb/> <p>„Nein“, entgegnete Heidi, „ich möchte nur hinauf¬<lb/> gehen, daß ich hinunterſehen kann.“</p><lb/> <p>„Macht, daß ihr heimkommt und probirt den Spaß<lb/> nicht wieder, oder ihr kommt nicht gut weg zum zweiten<lb/> Mal!“ Damit kehrte ſich der Thürmer um und wollte die<lb/> Thüre zumachen.</p><lb/> <p>Aber Heidi hielt ihn ein wenig am Rockſchooß und ſagte<lb/> bittend: „Nur ein einziges Mal!“</p><lb/> <p>Er ſah ſich um und Heidi's Augen ſchauten ſo flehent¬<lb/> lich zu ihm auf, daß es ihn ganz umſtimmte; er nahm das<lb/> Kind bei der Hand und ſagte freundlich: „Wenn dir ſo<lb/> viel daran gelegen iſt, ſo komm' mit mir!“</p><lb/> <p>Der Junge ſetzte ſich auf die ſteinernen Stufen vor der<lb/> Thüre nieder und zeigte, daß er nicht mit wollte.</p><lb/> <p>Heidi ſtieg an der Hand des Thürmers viele, viele<lb/> Treppen hinauf; dann wurden dieſe immer ſchmaler, und<lb/> endlich ging es noch ein ganz enges Treppchen hinauf, und<lb/> nun waren ſie oben. Der Thürmer hob Heidi vom Boden<lb/> auf und hielt es an das offene Fenſter.</p><lb/> <p>„Da, jetzt guck hinunter“, ſagte er.</p><lb/> <p>Heidi ſah auf ein Meer von Dächern, Thürmen und<lb/> Schornſteinen nieder; es zog bald ſeinen Kopf zurück und ſagte<lb/> niedergeſchlagen: „Es iſt gar nicht, wie ich gemeint habe.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0126]
Heidi antwortete: „Eben auf den Thurm wollte ich.“
„Was haſt du droben zu thun?“ fragte der Thürmer;
„hat dich Jemand geſchickt?“
„Nein“, entgegnete Heidi, „ich möchte nur hinauf¬
gehen, daß ich hinunterſehen kann.“
„Macht, daß ihr heimkommt und probirt den Spaß
nicht wieder, oder ihr kommt nicht gut weg zum zweiten
Mal!“ Damit kehrte ſich der Thürmer um und wollte die
Thüre zumachen.
Aber Heidi hielt ihn ein wenig am Rockſchooß und ſagte
bittend: „Nur ein einziges Mal!“
Er ſah ſich um und Heidi's Augen ſchauten ſo flehent¬
lich zu ihm auf, daß es ihn ganz umſtimmte; er nahm das
Kind bei der Hand und ſagte freundlich: „Wenn dir ſo
viel daran gelegen iſt, ſo komm' mit mir!“
Der Junge ſetzte ſich auf die ſteinernen Stufen vor der
Thüre nieder und zeigte, daß er nicht mit wollte.
Heidi ſtieg an der Hand des Thürmers viele, viele
Treppen hinauf; dann wurden dieſe immer ſchmaler, und
endlich ging es noch ein ganz enges Treppchen hinauf, und
nun waren ſie oben. Der Thürmer hob Heidi vom Boden
auf und hielt es an das offene Fenſter.
„Da, jetzt guck hinunter“, ſagte er.
Heidi ſah auf ein Meer von Dächern, Thürmen und
Schornſteinen nieder; es zog bald ſeinen Kopf zurück und ſagte
niedergeſchlagen: „Es iſt gar nicht, wie ich gemeint habe.“
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