Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

es war ihr wohl in den Sinn gekommen, daß sie noch eine
Menge von Dingen mit der Base besprechen wollte, wenn
das Kind wirklich da bleiben sollte, und da war es doch
nun einmal und, wie sie bemerkte, hatte die Base fest im
Sinn, es da zu lassen.

Heidi stand noch auf demselben Platz an der Thüre,
wo es von Anfang an gestanden hatte. Bis dahin hatte
Klara von ihrem Sessel aus schweigend Allem zugesehen.
Jetzt winkte sie Heidi: "Komm' hieher."

Heidi trat an den Rollstuhl heran.

"Willst du lieber Heidi heißen, oder Adelheid?" fragte
Klara.

"Ich heiße nur Heidi und sonst Nichts", war Heidi's
Antwort.

"So will ich dich immer so nennen", sagte Klara;
"der Name gefällt mir für dich, ich habe ihn aber nie ge¬
hört, ich habe aber auch nie ein Kind gesehen, das so aus¬
sieht wie du. Hast du immer nur so kurzes, krauses Haar
gehabt?"

"Ja, ich denk's", gab Heidi zur Antwort.

"Bist du gern nach Frankfurt gekommen?" fragte
Klara weiter.

"Nein, aber morgen geh' ich dann wieder heim und
bringe der Großmutter weiße Brödchen", erklärte Heidi.

"Du bist aber ein curioses Kind!" fuhr jetzt Klara
auf. "Man hat dich ja expreß nach Frankfurt kommen

es war ihr wohl in den Sinn gekommen, daß ſie noch eine
Menge von Dingen mit der Baſe beſprechen wollte, wenn
das Kind wirklich da bleiben ſollte, und da war es doch
nun einmal und, wie ſie bemerkte, hatte die Baſe feſt im
Sinn, es da zu laſſen.

Heidi ſtand noch auf demſelben Platz an der Thüre,
wo es von Anfang an geſtanden hatte. Bis dahin hatte
Klara von ihrem Seſſel aus ſchweigend Allem zugeſehen.
Jetzt winkte ſie Heidi: „Komm' hieher.“

Heidi trat an den Rollſtuhl heran.

„Willſt du lieber Heidi heißen, oder Adelheid?“ fragte
Klara.

„Ich heiße nur Heidi und ſonſt Nichts“, war Heidi's
Antwort.

„So will ich dich immer ſo nennen“, ſagte Klara;
„der Name gefällt mir für dich, ich habe ihn aber nie ge¬
hört, ich habe aber auch nie ein Kind geſehen, das ſo aus¬
ſieht wie du. Haſt du immer nur ſo kurzes, krauſes Haar
gehabt?“

„Ja, ich denk's“, gab Heidi zur Antwort.

„Biſt du gern nach Frankfurt gekommen?“ fragte
Klara weiter.

„Nein, aber morgen geh' ich dann wieder heim und
bringe der Großmutter weiße Brödchen“, erklärte Heidi.

„Du biſt aber ein curioſes Kind!“ fuhr jetzt Klara
auf. „Man hat dich ja expreß nach Frankfurt kommen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="95"/>
es war ihr wohl in den Sinn gekommen, daß &#x017F;ie noch eine<lb/>
Menge von Dingen mit der Ba&#x017F;e be&#x017F;prechen wollte, wenn<lb/>
das Kind wirklich da bleiben &#x017F;ollte, und da war es doch<lb/>
nun einmal und, wie &#x017F;ie bemerkte, hatte die Ba&#x017F;e fe&#x017F;t im<lb/>
Sinn, es da zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Heidi &#x017F;tand noch auf dem&#x017F;elben Platz an der Thüre,<lb/>
wo es von Anfang an ge&#x017F;tanden hatte. Bis dahin hatte<lb/>
Klara von ihrem Se&#x017F;&#x017F;el aus &#x017F;chweigend Allem zuge&#x017F;ehen.<lb/>
Jetzt winkte &#x017F;ie Heidi: &#x201E;Komm' hieher.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Heidi trat an den Roll&#x017F;tuhl heran.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Will&#x017F;t du lieber Heidi heißen, oder Adelheid?&#x201C; fragte<lb/>
Klara.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich heiße nur Heidi und &#x017F;on&#x017F;t Nichts&#x201C;, war Heidi's<lb/>
Antwort.</p><lb/>
        <p>&#x201E;So will ich dich immer &#x017F;o nennen&#x201C;, &#x017F;agte Klara;<lb/>
&#x201E;der Name gefällt mir für dich, ich habe ihn aber nie ge¬<lb/>
hört, ich habe aber auch nie ein Kind ge&#x017F;ehen, das &#x017F;o aus¬<lb/>
&#x017F;ieht wie du. Ha&#x017F;t du immer nur &#x017F;o kurzes, krau&#x017F;es Haar<lb/>
gehabt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, ich denk's&#x201C;, gab Heidi zur Antwort.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bi&#x017F;t du gern nach Frankfurt gekommen?&#x201C; fragte<lb/>
Klara weiter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, aber morgen geh' ich dann wieder heim und<lb/>
bringe der Großmutter weiße Brödchen&#x201C;, erklärte Heidi.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du bi&#x017F;t aber ein curio&#x017F;es Kind!&#x201C; fuhr jetzt Klara<lb/>
auf. &#x201E;Man hat dich ja expreß nach Frankfurt kommen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0105] es war ihr wohl in den Sinn gekommen, daß ſie noch eine Menge von Dingen mit der Baſe beſprechen wollte, wenn das Kind wirklich da bleiben ſollte, und da war es doch nun einmal und, wie ſie bemerkte, hatte die Baſe feſt im Sinn, es da zu laſſen. Heidi ſtand noch auf demſelben Platz an der Thüre, wo es von Anfang an geſtanden hatte. Bis dahin hatte Klara von ihrem Seſſel aus ſchweigend Allem zugeſehen. Jetzt winkte ſie Heidi: „Komm' hieher.“ Heidi trat an den Rollſtuhl heran. „Willſt du lieber Heidi heißen, oder Adelheid?“ fragte Klara. „Ich heiße nur Heidi und ſonſt Nichts“, war Heidi's Antwort. „So will ich dich immer ſo nennen“, ſagte Klara; „der Name gefällt mir für dich, ich habe ihn aber nie ge¬ hört, ich habe aber auch nie ein Kind geſehen, das ſo aus¬ ſieht wie du. Haſt du immer nur ſo kurzes, krauſes Haar gehabt?“ „Ja, ich denk's“, gab Heidi zur Antwort. „Biſt du gern nach Frankfurt gekommen?“ fragte Klara weiter. „Nein, aber morgen geh' ich dann wieder heim und bringe der Großmutter weiße Brödchen“, erklärte Heidi. „Du biſt aber ein curioſes Kind!“ fuhr jetzt Klara auf. „Man hat dich ja expreß nach Frankfurt kommen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/105
Zitationshilfe: Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/105>, abgerufen am 24.11.2024.