Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.[Spaltenumbruch]
Passiflora. 8. Ist die vorhergehende Figur, mit Weglassung des kleinen 7. Der in der vorhergehenden Figur herausgeschnittene Theil 5. Ist Fig. 8., nachdem der übrige Theil der äußeren Saft- 11. Ist Fig. 5. im Durchschnitt. Linne rechnet das Säulchen, welches die Geschlechtstheile Wie wenig Linne von dem Bau dieser Blume verstanden 1. Die Saftdrüse ist der mit dem Grunde des Kelchs zusam- 2. mit Saft ganz angefüllt ist. 3. Die innere Saftdecke umgiebt die Basis des Säulchens Passiflora. welche auf den großen Strahlenkranz gefallen sind, sich nicht deräußeren Saftdecke nähern: so ist zwischen jenem und dieser ein kleiner Strahlenkranz angebracht, Fig. 4. p q, welcher mit dem ersten einen Winkel macht, in welchem die Regentropfen stehen bleiben müssen. 4. Die schöne große Blume fällt den Insekten schon in wei- L
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Paſſiflora. 8. Iſt die vorhergehende Figur, mit Weglaſſung des kleinen 7. Der in der vorhergehenden Figur herausgeſchnittene Theil 5. Iſt Fig. 8., nachdem der uͤbrige Theil der aͤußeren Saft- 11. Iſt Fig. 5. im Durchſchnitt. Linné rechnet das Saͤulchen, welches die Geſchlechtstheile Wie wenig Linné von dem Bau dieſer Blume verſtanden 1. Die Saftdruͤſe iſt der mit dem Grunde des Kelchs zuſam- 2. mit Saft ganz angefuͤllt iſt. 3. Die innere Saftdecke umgiebt die Baſis des Saͤulchens Paſſiflora. welche auf den großen Strahlenkranz gefallen ſind, ſich nicht deraͤußeren Saftdecke naͤhern: ſo iſt zwiſchen jenem und dieſer ein kleiner Strahlenkranz angebracht, Fig. 4. p q, welcher mit dem erſten einen Winkel macht, in welchem die Regentropfen ſtehen bleiben muͤſſen. 4. Die ſchoͤne große Blume faͤllt den Inſekten ſchon in wei- L
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Paſſiflora.
Paſſiflora.
8. Iſt die vorhergehende Figur, mit Weglaſſung des kleinen
Strahlenkranzes, nachdem der ſo eben genannte Theil der Saft-
druͤſe herausgeſchnitten worden. Hier ſieht man die aͤußere und
innere Seite der inneren Saftdecke, und der (punktirte) Durch-
ſchnitt der Saftdruͤſe zeigt, daß dieſelbe ſich einwaͤrts kruͤmmt,
die innere Saftdecke ringsherum beruͤhrt, und einen ringfoͤrmi-
gen Raum hervorbringt, welcher mit Saft angefuͤllt iſt.
7. Der in der vorhergehenden Figur herausgeſchnittene Theil
der Saftdruͤſe von der inneren Seite.
5. Iſt Fig. 8., nachdem der uͤbrige Theil der aͤußeren Saft-
decke und der Saftdruͤſe auch weggeſchnitten worden.
11. Iſt Fig. 5. im Durchſchnitt.
Linné rechnet das Saͤulchen, welches die Geſchlechtstheile
traͤgt, mit zum Piſtill, welches ſonach aus vier Theilen beſtehen
wuͤrde, da es doch ſonſt immer nur aus drey Theilen beſteht.
Vermuthlich hat er dies deswegen gethan, damit man nicht zwei-
feln moͤchte, daß dieſe Gattung in die Gynandrie hingehoͤret.
Nach der Beſchreibung aber, die er von dieſer Klaſſe giebt, ge-
hoͤrt ſie in dieſelbe hin, ohne daß man noͤthig hat, ſich das Saͤul-
chen als einen Theil des Piſtills, welches es gar nicht iſt, vor-
zuſtellen. Ich ſetze die Blume in die gegenwaͤrtige Klaſſe, wo
ein jeder, der ſie zum erſtenmal unterſucht, ſie aufſuchen wird.
Wie wenig Linné von dem Bau dieſer Blume verſtanden
habe, erhellet ſchon daraus, daß er den dreyfachen Strahlenkranz
fuͤr das Nectarium gehalten hat. Vielleicht hat er auf demſelben
zuweilen Regentropfen geſehen, und dieſelben fuͤr Saft ge-
halten.
1. Die Saftdruͤſe iſt der mit dem Grunde des Kelchs zuſam-
mengewachſene, fleiſchichte, glatte, weiße, einwaͤrts gekruͤmmte,
ringfoͤrmige Koͤrper, welcher, da er ringsherum die innere
Saftdecke beruͤhrt, einen ringfoͤrmigen Raum hervorbringt,
welcher
2. mit Saft ganz angefuͤllt iſt.
3. Die innere Saftdecke umgiebt die Baſis des Saͤulchens
in der in Fig. 5. e f abgebildeten Geſtalt. Sie liegt ziemlich
dicht auf der Saftdruͤſe. Wenn alſo auch ein Regentropfen durch
die aͤußere Saftdecke zufaͤlligerweiſe hindurchgedrungen iſt, ſo kann
er doch nicht zwiſchen die innere Saftdecke und die Saftdruͤſe hin-
durchdringen. Die aͤußere Saftdecke, Fig. 8. g h i k, beſteht
aus einer Haut, welche in dem Winkel, welchen die Saftdruͤſe
mit dem Kelch macht, entſteht, die Saftdruͤſe bedeckt, hierauf
ſich in Strahlen theilt, welche mit dem Ende an dem Saͤulchen
anliegen. Durch die Zwiſchenraͤume dieſer Strahlen kann ſchwer-
lich ein Regentropfen hindurchdringen, ein Inſekt aber gemaͤchlich
ſeinen Saugeruͤſſel hindurchſtecken. Damit endlich Regentropfen,
welche auf den großen Strahlenkranz gefallen ſind, ſich nicht der
aͤußeren Saftdecke naͤhern: ſo iſt zwiſchen jenem und dieſer ein
kleiner Strahlenkranz angebracht, Fig. 4. p q, welcher mit dem
erſten einen Winkel macht, in welchem die Regentropfen ſtehen
bleiben muͤſſen.
4. Die ſchoͤne große Blume faͤllt den Inſekten ſchon in wei-
ter Entfernung in die Augen. Die Krone, Fig. 2. a, iſt weiß.
Von gleicher Farbe iſt die innere Seite des Kelchs b, da die
aͤußere gruͤn iſt. Hier ſieht man alſo, daß, wenn der Kelch eine
ſolche Stellung und Geſtalt hat, daß er das Anſehen der Blume ver-
groͤſſern kann, derſelbe auf der inneren Seite gefaͤrbt iſt, und
folglich, außer ſeiner eigenthuͤmlichen Beſtimmung, die Blumen-
knospe und die Blume zu beſchuͤtzen, noch den Endzweck befoͤr-
dert, daß die Blume den Inſekten leicht in die Augen falle. So
wie nun die Blume eine dreyfache Saftdecke hat, ſo hat ſie auch
ein dreyfaches Saftmaal. Das erſte iſt der große aͤußerſte Strah-
lenkranz. Jeder Strahl, Fig. 3. n o, hat drey Farben. Das
aͤußerſte Drittheil iſt hellblau, das mittelſte milchweiß, und das
innerſte dunkelblau. Das zweyte iſt der kleine Strahlenkranz,
Fig. 4. p q. Jeder Strahl iſt weiß, hat aber einen dunkelfarbi-
gen Knopf. Das dritte ſind die Strahlen der aͤußeren Saftdecke,
Fig. 8. l h und m i, welche dunkelpurpurfarben ſind. Das ganze
Saftmaal alſo beſteht aus verſchiedenen verſchiedentlich gefaͤrbten
koncentriſchen Ringen. So wie daſſelbe nun mit dem Saftmaal
anderer Blumen darin uͤbereinſtimmt, daß es das Inſekt nach
der Mitte der Blume, wo der Saft iſt, hinweiſet: ſo unterſchei-
det es ſich von demſelben dadurch, daß es um den Safthalter
ringsherum laͤuft, da jenes in grader Linie vom Rande der Blume
bis zum Safthalter ſich erſtreckt. Die Urſache dieſer verſchiede-
nen Einrichtung laͤßt ſich leicht einſehen. In der Iris z. B. iſt
der Safthalter auch in der Mitte befindlich; es fuͤhren aber drey
von einander ganz abgeſonderte Paare benachbarter Oeffnungen
zu demſelben. Die drey Saftmaͤler mußten ſich alſo vom Rande der
Blume in der Richtung des radius eines Kreiſes nach dieſen Oeff-
nungen hinziehen, um den Inſekten den rechten Weg zu weiſen.
Bey der Paſſionsblume hingegen ſind keine ſolche von einander
abgeſonderte Oeffnungen des Safthalters vorhanden, ſondern der
Safthalter hat eine einzige ringfoͤrmige Oeffnung. Wenn alſo
ein Inſekt den ganzen Saftvorrath genießen will, ſo muß es ſei-
nen Saugeruͤſſel nicht Einmal und an Einer Stelle, auch nicht
zwar mehrmal, aber an beſtimmten Stellen, ſondern mehrmal
und an mehreren beliebigen Stellen ringsherum in die Oeffnung
hineinſtecken. Folglich mußte das ganze Saftmaal aus koncentri-
ſchen Ringen beſtehen, welche das Inſekt um den Safthalter
ringsherum fuͤhren. Der große Strahlenkranz dient auch noch
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