Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.Die Tante (die Hände faltend): Das nicht, Gott sei Dank, aber der neu engagirte Schauspieler für die Rollen von Bonvivants soll ein Jude sein! Der Oheim (bitter): Alle Schauspieler sind Juden! Die Tante (besorgt): Mein Gott, dann kann man ja nicht mehr ins Theater gehen. Der Oheim (wüthend): Man kann überhaupt nirgends mehr hingehen, man trifft überall nur Juden: im Theater, im Concertsaal, im Parlament und sogar in der Kirche, wenn für eine Messe in den Judenblättern Reclame gemacht wird. Da schreibt mir eben (zeigt auf den zerknitterten Brief) der Feldmarschall-Lieutenant, dass er erfahren habe, der Beichtvater seiner Frau, Pater Cölestin, sei auch ein Jude gewesen und habe früher Amschel Rosenzweig geheißen. Die Tante (die Hände ringend): Jesus, Maria und Josef! Ich (den Ton des Oheims nachahmend): Waren auch Juden. Nun erhob sich der Oheim und gab eine jener Reden zum Besten, wie er sie in Die Tante (die Hände faltend): Das nicht, Gott sei Dank, aber der neu engagirte Schauspieler für die Rollen von Bonvivants soll ein Jude sein! Der Oheim (bitter): Alle Schauspieler sind Juden! Die Tante (besorgt): Mein Gott, dann kann man ja nicht mehr ins Theater gehen. Der Oheim (wüthend): Man kann überhaupt nirgends mehr hingehen, man trifft überall nur Juden: im Theater, im Concertsaal, im Parlament und sogar in der Kirche, wenn für eine Messe in den Judenblättern Reclame gemacht wird. Da schreibt mir eben (zeigt auf den zerknitterten Brief) der Feldmarschall-Lieutenant, dass er erfahren habe, der Beichtvater seiner Frau, Pater Cölestin, sei auch ein Jude gewesen und habe früher Amschel Rosenzweig geheißen. Die Tante (die Hände ringend): Jesus, Maria und Josef! Ich (den Ton des Oheims nachahmend): Waren auch Juden. Nun erhob sich der Oheim und gab eine jener Reden zum Besten, wie er sie in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0008" n="6"/> <p><hi rendition="#g">Die Tante</hi> (die Hände faltend): Das nicht, Gott sei Dank, aber der neu engagirte Schauspieler für die Rollen von Bonvivants soll ein Jude sein!</p> <p><hi rendition="#g">Der Oheim</hi> (bitter): Alle Schauspieler sind Juden!</p> <p><hi rendition="#g">Die Tante</hi> (besorgt): Mein Gott, dann kann man ja nicht mehr ins Theater gehen.</p> <p><hi rendition="#g">Der Oheim</hi> (wüthend): Man kann überhaupt nirgends mehr hingehen, man trifft überall nur Juden: im Theater, im Concertsaal, im Parlament und sogar in der Kirche, wenn für eine Messe in den Judenblättern Reclame gemacht wird. Da schreibt mir eben (zeigt auf den zerknitterten Brief) der Feldmarschall-Lieutenant, dass er erfahren habe, der Beichtvater seiner Frau, Pater Cölestin, sei auch ein Jude gewesen und habe früher Amschel Rosenzweig geheißen.</p> <p><hi rendition="#g">Die Tante</hi> (die Hände ringend): Jesus, Maria und Josef!</p> <p><hi rendition="#g">Ich</hi> (den Ton des Oheims nachahmend): Waren auch Juden.</p> <p>Nun erhob sich der Oheim und gab eine jener Reden zum Besten, wie er sie in </p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0008]
Die Tante (die Hände faltend): Das nicht, Gott sei Dank, aber der neu engagirte Schauspieler für die Rollen von Bonvivants soll ein Jude sein!
Der Oheim (bitter): Alle Schauspieler sind Juden!
Die Tante (besorgt): Mein Gott, dann kann man ja nicht mehr ins Theater gehen.
Der Oheim (wüthend): Man kann überhaupt nirgends mehr hingehen, man trifft überall nur Juden: im Theater, im Concertsaal, im Parlament und sogar in der Kirche, wenn für eine Messe in den Judenblättern Reclame gemacht wird. Da schreibt mir eben (zeigt auf den zerknitterten Brief) der Feldmarschall-Lieutenant, dass er erfahren habe, der Beichtvater seiner Frau, Pater Cölestin, sei auch ein Jude gewesen und habe früher Amschel Rosenzweig geheißen.
Die Tante (die Hände ringend): Jesus, Maria und Josef!
Ich (den Ton des Oheims nachahmend): Waren auch Juden.
Nun erhob sich der Oheim und gab eine jener Reden zum Besten, wie er sie in
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |