Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Poetische Aufschrifften. XXV. Mon frere, nach deinem hohen Willen,So schick ich dir vor uns im stillen Ein Päckgen rechte derbe Pillen; Sie zielen auf den neuen Bund. Wie wanckelnd ist nicht Zeit und Stund! Verbrauche solche fein gesund. XXVI. O Freund! in diesen Zeilen stehtDer Satz, so über alles geht: Kein Weiser kan auf dieser Erden Niemahls zum armen Bettler werden. Die Großmuth scheut ein grosses Gut, Der beste Schatz ist frischer Muth, Und das Bewustseyn guter Sachen Kan alle Unlust lustig machen. XXVII. Ließ mit freundlichem Gesicht,Wenn die Hand das Blat erbricht, Was mein Hertze sehnlich flehet; Ließ nur, was darinnen stehet: Liebster Freund, vergiß mein nicht! XXVIII. Ein Brief aus fremder Hand scheint dir vielleichtzu kühne, Wahr ists, ich habe viel, und allzu viel gethan. Doch, da ich dir, o Herr! in tiefster Ehrfurcht diene, So nimm diß fromme Blat zu einem Opffer an. Doch Q 2
Poetiſche Aufſchrifften. XXV. Mon frere, nach deinem hohen Willen,So ſchick ich dir vor uns im ſtillen Ein Paͤckgen rechte derbe Pillen; Sie zielen auf den neuen Bund. Wie wanckelnd iſt nicht Zeit und Stund! Verbrauche ſolche fein geſund. XXVI. O Freund! in dieſen Zeilen ſtehtDer Satz, ſo uͤber alles geht: Kein Weiſer kan auf dieſer Erden Niemahls zum armen Bettler werden. Die Großmuth ſcheut ein groſſes Gut, Der beſte Schatz iſt friſcher Muth, Und das Bewuſtſeyn guter Sachen Kan alle Unluſt luſtig machen. XXVII. Ließ mit freundlichem Geſicht,Wenn die Hand das Blat erbricht, Was mein Hertze ſehnlich flehet; Ließ nur, was darinnen ſtehet: Liebſter Freund, vergiß mein nicht! XXVIII. Ein Brief aus fremder Hand ſcheint dir vielleichtzu kuͤhne, Wahr iſts, ich habe viel, und allzu viel gethan. Doch, da ich dir, o Herr! in tiefſter Ehrfurcht diene, So nimm diß fromme Blat zu einem Opffer an. Doch Q 2
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Poetiſche Aufſchrifften.
XXV.
Mon frere, nach deinem hohen Willen,
So ſchick ich dir vor uns im ſtillen
Ein Paͤckgen rechte derbe Pillen;
Sie zielen auf den neuen Bund.
Wie wanckelnd iſt nicht Zeit und Stund!
Verbrauche ſolche fein geſund.
XXVI.
O Freund! in dieſen Zeilen ſteht
Der Satz, ſo uͤber alles geht:
Kein Weiſer kan auf dieſer Erden
Niemahls zum armen Bettler werden.
Die Großmuth ſcheut ein groſſes Gut,
Der beſte Schatz iſt friſcher Muth,
Und das Bewuſtſeyn guter Sachen
Kan alle Unluſt luſtig machen.
XXVII.
Ließ mit freundlichem Geſicht,
Wenn die Hand das Blat erbricht,
Was mein Hertze ſehnlich flehet;
Ließ nur, was darinnen ſtehet:
Liebſter Freund, vergiß mein nicht!
XXVIII.
Ein Brief aus fremder Hand ſcheint dir vielleicht
zu kuͤhne,
Wahr iſts, ich habe viel, und allzu viel gethan.
Doch, da ich dir, o Herr! in tiefſter Ehrfurcht diene,
So nimm diß fromme Blat zu einem Opffer an.
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