Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite

Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Dem muß auf diesem Rund der Erden
Die gantze Welt zu enge werden.
Du kennst schon, Freund! dergleichen Quaal,
Man stürbe lieber tausendmahl.

So bist du mir nunmehr entrissen,
Charlotte! meine gröste Lust!
So soll ich dich auf ewig missen?
Hier zittert Hertze Geist und Brust.
Du must mir auch im Grabe gönnen,
Daß ich mich darff den deinen nennen.
So hefftig bebt kein schüchtern Wild,
Als wie mein Hertz mit Angst erfüllt.
Schlaff sanfft in deiner Ruhekammer!
Der Schmuck von deinem Leichenstein
Soll bey mir thränend mit viel Jammer
Jm Hertzen aufgerichtet seyn.
Mein Hertz sey deine Leichen-Höle,
Du andre Helffte meiner Seele!
Da mich dein Tod so sehr betrübt,
So werd ich auch nicht mehr verliebt.
Die abgedanckte Liebe,
oder
das Körbgen.
Mein Herr! letzt kam ein Brieff von ihrer
eignen Hand,
Darinnen nennt man mich der Reitzung Gegen-
stand,
Sein treu und frommes Lamm; o! was vor
albre Possen!
Jch
A 4

Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Dem muß auf dieſem Rund der Erden
Die gantze Welt zu enge werden.
Du kennſt ſchon, Freund! dergleichen Quaal,
Man ſtuͤrbe lieber tauſendmahl.

So biſt du mir nunmehr entriſſen,
Charlotte! meine groͤſte Luſt!
So ſoll ich dich auf ewig miſſen?
Hier zittert Hertze Geiſt und Bruſt.
Du muſt mir auch im Grabe goͤnnen,
Daß ich mich darff den deinen nennen.
So hefftig bebt kein ſchuͤchtern Wild,
Als wie mein Hertz mit Angſt erfuͤllt.
Schlaff ſanfft in deiner Ruhekammer!
Der Schmuck von deinem Leichenſtein
Soll bey mir thraͤnend mit viel Jammer
Jm Hertzen aufgerichtet ſeyn.
Mein Hertz ſey deine Leichen-Hoͤle,
Du andre Helffte meiner Seele!
Da mich dein Tod ſo ſehr betruͤbt,
So werd ich auch nicht mehr verliebt.
Die abgedanckte Liebe,
oder
das Koͤrbgen.
Mein Herr! letzt kam ein Brieff von ihrer
eignen Hand,
Darinnen nennt man mich der Reitzung Gegen-
ſtand,
Sein treu und frommes Lamm; o! was vor
albre Poſſen!
Jch
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="5">
            <pb facs="#f0027" n="7"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Schertzhaffte und verliebte Briefe.</hi> </fw><lb/>
            <l>Dem muß auf die&#x017F;em Rund der Erden</l><lb/>
            <l>Die gantze Welt zu enge werden.</l><lb/>
            <l>Du kenn&#x017F;t &#x017F;chon, Freund! dergleichen Quaal,</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;tu&#x0364;rbe lieber tau&#x017F;endmahl.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>So bi&#x017F;t du mir nunmehr entri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Charlotte! meine gro&#x0364;&#x017F;te Lu&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>So &#x017F;oll ich dich auf ewig mi&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Hier zittert Hertze Gei&#x017F;t und Bru&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Du mu&#x017F;t mir auch im Grabe go&#x0364;nnen,</l><lb/>
            <l>Daß ich mich darff den deinen nennen.</l><lb/>
            <l>So hefftig bebt kein &#x017F;chu&#x0364;chtern Wild,</l><lb/>
            <l>Als wie mein Hertz mit Ang&#x017F;t erfu&#x0364;llt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Schlaff &#x017F;anfft in deiner Ruhekammer!</l><lb/>
            <l>Der Schmuck von deinem Leichen&#x017F;tein</l><lb/>
            <l>Soll bey mir thra&#x0364;nend mit viel Jammer</l><lb/>
            <l>Jm Hertzen aufgerichtet &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Mein Hertz &#x017F;ey deine Leichen-Ho&#x0364;le,</l><lb/>
            <l>Du andre Helffte meiner Seele!</l><lb/>
            <l>Da mich dein Tod &#x017F;o &#x017F;ehr betru&#x0364;bt,</l><lb/>
            <l>So werd ich auch nicht mehr verliebt.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Die abgedanckte Liebe,<lb/>
oder<lb/>
das Ko&#x0364;rbgen.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">M</hi>ein Herr! letzt kam ein Brieff von ihrer</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">eignen Hand,</hi> </l><lb/>
          <l>Darinnen nennt man mich der Reitzung Gegen-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tand,</hi> </l><lb/>
          <l>Sein treu und frommes Lamm; o! was vor</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">albre Po&#x017F;&#x017F;en!</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0027] Schertzhaffte und verliebte Briefe. Dem muß auf dieſem Rund der Erden Die gantze Welt zu enge werden. Du kennſt ſchon, Freund! dergleichen Quaal, Man ſtuͤrbe lieber tauſendmahl. So biſt du mir nunmehr entriſſen, Charlotte! meine groͤſte Luſt! So ſoll ich dich auf ewig miſſen? Hier zittert Hertze Geiſt und Bruſt. Du muſt mir auch im Grabe goͤnnen, Daß ich mich darff den deinen nennen. So hefftig bebt kein ſchuͤchtern Wild, Als wie mein Hertz mit Angſt erfuͤllt. Schlaff ſanfft in deiner Ruhekammer! Der Schmuck von deinem Leichenſtein Soll bey mir thraͤnend mit viel Jammer Jm Hertzen aufgerichtet ſeyn. Mein Hertz ſey deine Leichen-Hoͤle, Du andre Helffte meiner Seele! Da mich dein Tod ſo ſehr betruͤbt, So werd ich auch nicht mehr verliebt. Die abgedanckte Liebe, oder das Koͤrbgen. Mein Herr! letzt kam ein Brieff von ihrer eignen Hand, Darinnen nennt man mich der Reitzung Gegen- ſtand, Sein treu und frommes Lamm; o! was vor albre Poſſen! Jch A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/27
Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/27>, abgerufen am 21.11.2024.