Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Dencke nur an unser Bündniß, dencke an den er-
sten Kuß,
Der dich deiner grossen Boßheit stündlich über-
zeugen muß.
Sinne etwas besser nach; war ich nicht dein Hertz
und Leben?
Hat nicht die verlogne Brust meiner Liebe Raum
gegeben?
Siehe! bin ich gleich verlassen, nimmt sich nie-
mand meiner an,
Ey so glaube, daß der Himmel deine Falschheit
rächen kan.
Glaube, wenn nicht meinen Geist Furcht, Angst,
Raserey und Liebe
Wenn nicht selbsten deine Untreu meinen Kiel zun
Dichten triebe,
Warlich, Kind! ich wolte schweigen; aber da
mein Auge thränt,
Da man dich mir nur zur Schande, und zur
Pein und Schmach erwehnt,
O! so ist mein Schmertz gerecht; lache nur bey
meinen Schmertzen,
Banne mich aus deiner Brust, banne mich aus
deinem Hertzen;
Jn mir glüht und brennt die Rache. Dein ver-
haßter Ubermuth
Bauet mir den Sarg zum sterben, wo die from-
me Liebe ruht.
Auch selbst meine bange Grufft soll dein falsches
Hertze schrecken;
Mein verfaultes todten Bein soll dir Grauß
und Angst erwecken.
Ja
Schertzhaffte und verliebte Briefe.
Dencke nur an unſer Buͤndniß, dencke an den er-
ſten Kuß,
Der dich deiner groſſen Boßheit ſtuͤndlich uͤber-
zeugen muß.
Sinne etwas beſſer nach; war ich nicht dein Hertz
und Leben?
Hat nicht die verlogne Bruſt meiner Liebe Raum
gegeben?
Siehe! bin ich gleich verlaſſen, nimmt ſich nie-
mand meiner an,
Ey ſo glaube, daß der Himmel deine Falſchheit
raͤchen kan.
Glaube, wenn nicht meinen Geiſt Furcht, Angſt,
Raſerey und Liebe
Wenn nicht ſelbſten deine Untreu meinen Kiel zun
Dichten triebe,
Warlich, Kind! ich wolte ſchweigen; aber da
mein Auge thraͤnt,
Da man dich mir nur zur Schande, und zur
Pein und Schmach erwehnt,
O! ſo iſt mein Schmertz gerecht; lache nur bey
meinen Schmertzen,
Banne mich aus deiner Bruſt, banne mich aus
deinem Hertzen;
Jn mir gluͤht und brennt die Rache. Dein ver-
haßter Ubermuth
Bauet mir den Sarg zum ſterben, wo die from-
me Liebe ruht.
Auch ſelbſt meine bange Grufft ſoll dein falſches
Hertze ſchrecken;
Mein verfaultes todten Bein ſoll dir Grauß
und Angſt erwecken.
Ja
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0024" n="4"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Schertzhaffte und verliebte Briefe.</hi> </fw><lb/>
          <l>Dencke nur an un&#x017F;er Bu&#x0364;ndniß, dencke an den er-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ten Kuß,</hi> </l><lb/>
          <l>Der dich deiner gro&#x017F;&#x017F;en Boßheit &#x017F;tu&#x0364;ndlich u&#x0364;ber-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">zeugen muß.</hi> </l><lb/>
          <l>Sinne etwas be&#x017F;&#x017F;er nach; war ich nicht dein Hertz</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">und Leben?</hi> </l><lb/>
          <l>Hat nicht die verlogne Bru&#x017F;t meiner Liebe Raum</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gegeben?</hi> </l><lb/>
          <l>Siehe! bin ich gleich verla&#x017F;&#x017F;en, nimmt &#x017F;ich nie-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">mand meiner an,</hi> </l><lb/>
          <l>Ey &#x017F;o glaube, daß der Himmel deine Fal&#x017F;chheit</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ra&#x0364;chen kan.</hi> </l><lb/>
          <l>Glaube, wenn nicht meinen Gei&#x017F;t Furcht, Ang&#x017F;t,</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Ra&#x017F;erey und Liebe</hi> </l><lb/>
          <l>Wenn nicht &#x017F;elb&#x017F;ten deine Untreu meinen Kiel zun</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Dichten triebe,</hi> </l><lb/>
          <l>Warlich, Kind! ich wolte &#x017F;chweigen; aber da</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">mein Auge thra&#x0364;nt,</hi> </l><lb/>
          <l>Da man dich mir nur zur Schande, und zur</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Pein und Schmach erwehnt,</hi> </l><lb/>
          <l>O! &#x017F;o i&#x017F;t mein Schmertz gerecht; lache nur bey</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">meinen Schmertzen,</hi> </l><lb/>
          <l>Banne mich aus deiner Bru&#x017F;t, banne mich aus</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">deinem Hertzen;</hi> </l><lb/>
          <l>Jn mir glu&#x0364;ht und brennt die Rache. Dein ver-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">haßter Ubermuth</hi> </l><lb/>
          <l>Bauet mir den Sarg zum &#x017F;terben, wo die from-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">me Liebe ruht.</hi> </l><lb/>
          <l>Auch &#x017F;elb&#x017F;t meine bange Grufft &#x017F;oll dein fal&#x017F;ches</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Hertze &#x017F;chrecken;</hi> </l><lb/>
          <l>Mein verfaultes todten Bein &#x017F;oll dir Grauß</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">und Ang&#x017F;t erwecken.</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ja</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0024] Schertzhaffte und verliebte Briefe. Dencke nur an unſer Buͤndniß, dencke an den er- ſten Kuß, Der dich deiner groſſen Boßheit ſtuͤndlich uͤber- zeugen muß. Sinne etwas beſſer nach; war ich nicht dein Hertz und Leben? Hat nicht die verlogne Bruſt meiner Liebe Raum gegeben? Siehe! bin ich gleich verlaſſen, nimmt ſich nie- mand meiner an, Ey ſo glaube, daß der Himmel deine Falſchheit raͤchen kan. Glaube, wenn nicht meinen Geiſt Furcht, Angſt, Raſerey und Liebe Wenn nicht ſelbſten deine Untreu meinen Kiel zun Dichten triebe, Warlich, Kind! ich wolte ſchweigen; aber da mein Auge thraͤnt, Da man dich mir nur zur Schande, und zur Pein und Schmach erwehnt, O! ſo iſt mein Schmertz gerecht; lache nur bey meinen Schmertzen, Banne mich aus deiner Bruſt, banne mich aus deinem Hertzen; Jn mir gluͤht und brennt die Rache. Dein ver- haßter Ubermuth Bauet mir den Sarg zum ſterben, wo die from- me Liebe ruht. Auch ſelbſt meine bange Grufft ſoll dein falſches Hertze ſchrecken; Mein verfaultes todten Bein ſoll dir Grauß und Angſt erwecken. Ja

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/24
Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/24>, abgerufen am 24.11.2024.