Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. Ach! die blasse SterblichkeitHat dir längst die Grufft bereit! Wenn du nun alsdenn wirst sterben, Wer wird dein Gebeine erben? Moder, Asche, Würmer, Staub, Du wirst wie ein Licht vergehen! Wie ein abgefallnes Laub. Lerne in den Spiegel sehen! Sterblicher! gedencke dran! Daß dein Glaß zerbrechen kan. Es steht bey dem Blumen-Topff Ein gemahlter Todten-Kopff. Also ist diß Kupffer-Blat, Werther Geßner! sehr erbaulich, Was dein Fleiß erfunden hat Jst auch überdiß sehr zierlich. Liebster Gönner! kan es seyn, Rück es in mein Werckgen ein, Hörst du diß mein bittend Schreiben, Will ich stets dein Diener bleiben. 27) Als er seinem guten Freund die kalte Fieber-Noth klaget. Strenger Himmel! hat dein Wesen Mir nichts anders auserlesen Als die kalte Fieber-Last? Die den schwachen Leib umfaßt. Es verschäumen alle Säffte, Aller Muth, und alle Kräffte, Und mein sonst so muntrer Sinn Jst bey diesem Zustand hin. Frost
Vermiſchte Send-Schreiben. Ach! die blaſſe SterblichkeitHat dir laͤngſt die Grufft bereit! Wenn du nun alsdenn wirſt ſterben, Wer wird dein Gebeine erben? Moder, Aſche, Wuͤrmer, Staub, Du wirſt wie ein Licht vergehen! Wie ein abgefallnes Laub. Lerne in den Spiegel ſehen! Sterblicher! gedencke dran! Daß dein Glaß zerbrechen kan. Es ſteht bey dem Blumen-Topff Ein gemahlter Todten-Kopff. Alſo iſt diß Kupffer-Blat, Werther Geßner! ſehr erbaulich, Was dein Fleiß erfunden hat Jſt auch uͤberdiß ſehr zierlich. Liebſter Goͤnner! kan es ſeyn, Ruͤck es in mein Werckgen ein, Hoͤrſt du diß mein bittend Schreiben, Will ich ſtets dein Diener bleiben. 27) Als er ſeinem guten Freund die kalte Fieber-Noth klaget. Strenger Himmel! hat dein Weſen Mir nichts anders auserleſen Als die kalte Fieber-Laſt? Die den ſchwachen Leib umfaßt. Es verſchaͤumen alle Saͤffte, Aller Muth, und alle Kraͤffte, Und mein ſonſt ſo muntrer Sinn Jſt bey dieſem Zuſtand hin. Froſt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <lg n="9"> <pb facs="#f0182" n="158"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Send-Schreiben.</hi> </fw><lb/> <l>Ach! die blaſſe Sterblichkeit</l><lb/> <l>Hat dir laͤngſt die Grufft bereit!</l><lb/> <l>Wenn du nun alsdenn wirſt ſterben,</l><lb/> <l>Wer wird dein Gebeine erben?</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Moder, Aſche, Wuͤrmer, Staub,</l><lb/> <l>Du wirſt wie ein Licht vergehen!</l><lb/> <l>Wie ein abgefallnes Laub.</l><lb/> <l>Lerne in den Spiegel ſehen!</l><lb/> <l>Sterblicher! gedencke dran!</l><lb/> <l>Daß dein Glaß zerbrechen kan.</l><lb/> <l>Es ſteht bey dem Blumen-Topff</l><lb/> <l>Ein gemahlter Todten-Kopff.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Alſo iſt diß Kupffer-Blat,</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Werther Geßner!</hi> ſehr erbaulich,</l><lb/> <l>Was dein Fleiß erfunden hat</l><lb/> <l>Jſt auch uͤberdiß ſehr zierlich.</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Liebſter Goͤnner!</hi> kan es ſeyn,</l><lb/> <l>Ruͤck es in mein Werckgen ein,</l><lb/> <l>Hoͤrſt du diß mein bittend Schreiben,</l><lb/> <l>Will ich ſtets dein Diener bleiben.</l> </lg> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">27) Als er ſeinem guten Freund die kalte<lb/> Fieber-Noth klaget.</hi> </head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>trenger Himmel! hat dein Weſen</l><lb/> <l>Mir nichts anders auserleſen</l><lb/> <l>Als die kalte Fieber-Laſt?</l><lb/> <l>Die den ſchwachen Leib umfaßt.</l><lb/> <l>Es verſchaͤumen alle Saͤffte,</l><lb/> <l>Aller Muth, und alle Kraͤffte,</l><lb/> <l>Und mein ſonſt ſo muntrer Sinn</l><lb/> <l>Jſt bey dieſem Zuſtand hin.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Froſt</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0182]
Vermiſchte Send-Schreiben.
Ach! die blaſſe Sterblichkeit
Hat dir laͤngſt die Grufft bereit!
Wenn du nun alsdenn wirſt ſterben,
Wer wird dein Gebeine erben?
Moder, Aſche, Wuͤrmer, Staub,
Du wirſt wie ein Licht vergehen!
Wie ein abgefallnes Laub.
Lerne in den Spiegel ſehen!
Sterblicher! gedencke dran!
Daß dein Glaß zerbrechen kan.
Es ſteht bey dem Blumen-Topff
Ein gemahlter Todten-Kopff.
Alſo iſt diß Kupffer-Blat,
Werther Geßner! ſehr erbaulich,
Was dein Fleiß erfunden hat
Jſt auch uͤberdiß ſehr zierlich.
Liebſter Goͤnner! kan es ſeyn,
Ruͤck es in mein Werckgen ein,
Hoͤrſt du diß mein bittend Schreiben,
Will ich ſtets dein Diener bleiben.
27) Als er ſeinem guten Freund die kalte
Fieber-Noth klaget.
Strenger Himmel! hat dein Weſen
Mir nichts anders auserleſen
Als die kalte Fieber-Laſt?
Die den ſchwachen Leib umfaßt.
Es verſchaͤumen alle Saͤffte,
Aller Muth, und alle Kraͤffte,
Und mein ſonſt ſo muntrer Sinn
Jſt bey dieſem Zuſtand hin.
Froſt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |