Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. Sucht schöne Schlitten aus, mit Schnitzwerck aus-gezieret, Mit Silber und mit Gold gemahlet und beschmieret, Damit es Fürstlich läst, wenn gleich das Schlitten- Pferd Als wie ein Wind-Hund sieht, und kaum das Fut- ter werth. Vergest die Schellen nicht; Dieselben an der Mütze, Die manchen erblich sind, sind dieses mahl nichts nütze. Sonst weicht euch niemand aus. Die Lust wird auch vermehrt, Wenn man sein Schlitten-Geld am Pferde klin- gen hört. Fahrt lieber in der Stadt als draussen auf dem Lande, Wenn da die Bahne gleich nicht in so guten Stande, So prahlts doch desto mehr. Denn würcklich jedes Hauß Stöst, wenn ein Schlitten kömmt, fast alle Schei- ben raus. Wer nun ein Mägdgen liebt, und weiß nichts aus- zusinnen, Wie er sich zeigen soll, der kan sehr viel gewinnen, Wenn er nett angeputzt, nebst seinem Schellen-Pferd Vor der Geliebten Hauß fein offt vorüber fährt. Das muß am Tage seyn; Wenn schon das Licht vergangen, So kan man nicht gar viel vor seine Kosten prangen, Man hätte denn etwan ein Mägdgen statt der Fracht, Das schickt sich allerdings am besten in der Nacht. Wer Frauenzimmer fährt, muß sich auf viel befleissen, Und ihr das Lenck-Seil nicht an ihre Backen schmeissen. Er K 2
Vermiſchte Send-Schreiben. Sucht ſchoͤne Schlitten aus, mit Schnitzwerck aus-gezieret, Mit Silber und mit Gold gemahlet und beſchmieret, Damit es Fuͤrſtlich laͤſt, wenn gleich das Schlitten- Pferd Als wie ein Wind-Hund ſieht, und kaum das Fut- ter werth. Vergeſt die Schellen nicht; Dieſelben an der Muͤtze, Die manchen erblich ſind, ſind dieſes mahl nichts nuͤtze. Sonſt weicht euch niemand aus. Die Luſt wird auch vermehrt, Wenn man ſein Schlitten-Geld am Pferde klin- gen hoͤrt. Fahrt lieber in der Stadt als drauſſẽ auf dem Lande, Weñ da die Bahne gleich nicht in ſo guten Stande, So prahlts doch deſto mehr. Denn wuͤrcklich jedes Hauß Stoͤſt, wenn ein Schlitten koͤmmt, faſt alle Schei- ben raus. Wer nun ein Maͤgdgen liebt, und weiß nichts aus- zuſinnen, Wie er ſich zeigen ſoll, der kan ſehr viel gewinnen, Weñ er nett angeputzt, nebſt ſeinem Schellen-Pferd Vor der Geliebten Hauß fein offt voruͤber faͤhrt. Das muß am Tage ſeyn; Wenn ſchon das Licht vergangen, So kan man nicht gar viel vor ſeine Koſten prangen, Man haͤtte deñ etwan ein Maͤgdgen ſtatt der Fracht, Das ſchickt ſich allerdings am beſten in der Nacht. Wer Frauenzim̃er faͤhrt, muß ſich auf viel befleiſſen, Und ihr das Lenck-Seil nicht an ihre Backen ſchmeiſſen. Er K 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0169" n="147"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Send-Schreiben.</hi> </fw><lb/> <l>Sucht ſchoͤne Schlitten aus, mit Schnitzwerck aus-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gezieret,</hi> </l><lb/> <l>Mit Silber und mit Gold gemahlet und beſchmieret,</l><lb/> <l>Damit es Fuͤrſtlich laͤſt, wenn gleich das Schlitten-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Pferd</hi> </l><lb/> <l>Als wie ein Wind-Hund ſieht, und kaum das Fut-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ter werth.</hi> </l><lb/> <l>Vergeſt die Schellen nicht; Dieſelben an der Muͤtze,</l><lb/> <l>Die manchen erblich ſind, ſind dieſes mahl nichts</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nuͤtze.</hi> </l><lb/> <l>Sonſt weicht euch niemand aus. Die Luſt wird</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">auch vermehrt,</hi> </l><lb/> <l>Wenn man ſein Schlitten-Geld am Pferde klin-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen hoͤrt.</hi> </l><lb/> <l>Fahrt lieber in der Stadt als drauſſẽ auf dem Lande,</l><lb/> <l>Weñ da die Bahne gleich nicht in ſo guten Stande,</l><lb/> <l>So prahlts doch deſto mehr. Denn wuͤrcklich jedes</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Hauß</hi> </l><lb/> <l>Stoͤſt, wenn ein Schlitten koͤmmt, faſt alle Schei-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ben raus.</hi> </l><lb/> <l>Wer nun ein Maͤgdgen liebt, und weiß nichts aus-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">zuſinnen,</hi> </l><lb/> <l>Wie er ſich zeigen ſoll, der kan ſehr viel gewinnen,</l><lb/> <l>Weñ er nett angeputzt, nebſt ſeinem Schellen-Pferd</l><lb/> <l>Vor der Geliebten Hauß fein offt voruͤber faͤhrt.</l><lb/> <l>Das muß am Tage ſeyn; Wenn ſchon das Licht</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">vergangen,</hi> </l><lb/> <l>So kan man nicht gar viel vor ſeine Koſten prangen,</l><lb/> <l>Man haͤtte deñ etwan ein Maͤgdgen ſtatt der Fracht,</l><lb/> <l>Das ſchickt ſich allerdings am beſten in der Nacht.</l><lb/> <l>Wer Frauenzim̃er faͤhrt, muß ſich auf viel befleiſſen,</l><lb/> <l>Und ihr das Lenck-Seil nicht an ihre Backen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchmeiſſen.</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0169]
Vermiſchte Send-Schreiben.
Sucht ſchoͤne Schlitten aus, mit Schnitzwerck aus-
gezieret,
Mit Silber und mit Gold gemahlet und beſchmieret,
Damit es Fuͤrſtlich laͤſt, wenn gleich das Schlitten-
Pferd
Als wie ein Wind-Hund ſieht, und kaum das Fut-
ter werth.
Vergeſt die Schellen nicht; Dieſelben an der Muͤtze,
Die manchen erblich ſind, ſind dieſes mahl nichts
nuͤtze.
Sonſt weicht euch niemand aus. Die Luſt wird
auch vermehrt,
Wenn man ſein Schlitten-Geld am Pferde klin-
gen hoͤrt.
Fahrt lieber in der Stadt als drauſſẽ auf dem Lande,
Weñ da die Bahne gleich nicht in ſo guten Stande,
So prahlts doch deſto mehr. Denn wuͤrcklich jedes
Hauß
Stoͤſt, wenn ein Schlitten koͤmmt, faſt alle Schei-
ben raus.
Wer nun ein Maͤgdgen liebt, und weiß nichts aus-
zuſinnen,
Wie er ſich zeigen ſoll, der kan ſehr viel gewinnen,
Weñ er nett angeputzt, nebſt ſeinem Schellen-Pferd
Vor der Geliebten Hauß fein offt voruͤber faͤhrt.
Das muß am Tage ſeyn; Wenn ſchon das Licht
vergangen,
So kan man nicht gar viel vor ſeine Koſten prangen,
Man haͤtte deñ etwan ein Maͤgdgen ſtatt der Fracht,
Das ſchickt ſich allerdings am beſten in der Nacht.
Wer Frauenzim̃er faͤhrt, muß ſich auf viel befleiſſen,
Und ihr das Lenck-Seil nicht an ihre Backen
ſchmeiſſen.
Er
K 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |