Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.tiger Zunge der Nachbarin Verena hinterbrachte. An Hagenbach's Gartenzaun vorübergehend, sagte sie zu dem unfern davon beschäftigten Mädchen: Ihr könnt nichts als Unheil anrichten, Jungfer. Um Eurer Larve willen ist mein Vetter schier todtgeschlagen worden. -- Und als Verena bestürzt aufhorchte, fuhr die Schlange fort: Stellt Euch nicht unwissend und erschrocken, falsche Dirne, mit Euern verhexten Augen. -- Warum scheltet Ihr mich, Frau Trümpy? -- So? Warum? mich geht's etwa nicht an, wenn Ihr meine Knechte gegen meinen Vetter aufhetzt? Der Gallus und der Görg haben den Bläsi geschlagen, und ich jage sie stehenden Fußes auf und davon. Dieses war nun nicht wahr. Die Wittwe fürchtete den Gallus, der ebenfalls weitläufig mit ihr verschwägert war, gar sehr, und den Görg, der vor Kurzem erst mit dem Gallus aus fremdem Soldatendienst zurückgekommen, liebte sie wie thöricht, obgleich der junge Mann ihren Winken und Lockreden gar kein Gehör schenkte. Um diesen Liebling einem etwaigen Sturm von Seiten des Landweibels zu entrücken, schickte sie ihn auf ihre Alpe am Wildsee. Der Gallus dagegen, der nicht ein Fremder war, wie Georg, wollte nicht von dannen weichen, sondern alle Folgen der raschen That abwarten und die Schuld seines lieben Regimentskameraden ganz auf sich nehmen. Ob nun die Trümpy bei dem Landweibel ihre Knechte entschuldigt und Alles auf Hagenbach und seine tiger Zunge der Nachbarin Verena hinterbrachte. An Hagenbach's Gartenzaun vorübergehend, sagte sie zu dem unfern davon beschäftigten Mädchen: Ihr könnt nichts als Unheil anrichten, Jungfer. Um Eurer Larve willen ist mein Vetter schier todtgeschlagen worden. — Und als Verena bestürzt aufhorchte, fuhr die Schlange fort: Stellt Euch nicht unwissend und erschrocken, falsche Dirne, mit Euern verhexten Augen. — Warum scheltet Ihr mich, Frau Trümpy? — So? Warum? mich geht's etwa nicht an, wenn Ihr meine Knechte gegen meinen Vetter aufhetzt? Der Gallus und der Görg haben den Bläsi geschlagen, und ich jage sie stehenden Fußes auf und davon. Dieses war nun nicht wahr. Die Wittwe fürchtete den Gallus, der ebenfalls weitläufig mit ihr verschwägert war, gar sehr, und den Görg, der vor Kurzem erst mit dem Gallus aus fremdem Soldatendienst zurückgekommen, liebte sie wie thöricht, obgleich der junge Mann ihren Winken und Lockreden gar kein Gehör schenkte. Um diesen Liebling einem etwaigen Sturm von Seiten des Landweibels zu entrücken, schickte sie ihn auf ihre Alpe am Wildsee. Der Gallus dagegen, der nicht ein Fremder war, wie Georg, wollte nicht von dannen weichen, sondern alle Folgen der raschen That abwarten und die Schuld seines lieben Regimentskameraden ganz auf sich nehmen. Ob nun die Trümpy bei dem Landweibel ihre Knechte entschuldigt und Alles auf Hagenbach und seine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033"/> tiger Zunge der Nachbarin Verena hinterbrachte. An Hagenbach's Gartenzaun vorübergehend, sagte sie zu dem unfern davon beschäftigten Mädchen: Ihr könnt nichts als Unheil anrichten, Jungfer. Um Eurer Larve willen ist mein Vetter schier todtgeschlagen worden. — Und als Verena bestürzt aufhorchte, fuhr die Schlange fort: Stellt Euch nicht unwissend und erschrocken, falsche Dirne, mit Euern verhexten Augen. — Warum scheltet Ihr mich, Frau Trümpy? — So? Warum? mich geht's etwa nicht an, wenn Ihr meine Knechte gegen meinen Vetter aufhetzt? Der Gallus und der Görg haben den Bläsi geschlagen, und ich jage sie stehenden Fußes auf und davon.</p><lb/> <p>Dieses war nun nicht wahr. Die Wittwe fürchtete den Gallus, der ebenfalls weitläufig mit ihr verschwägert war, gar sehr, und den Görg, der vor Kurzem erst mit dem Gallus aus fremdem Soldatendienst zurückgekommen, liebte sie wie thöricht, obgleich der junge Mann ihren Winken und Lockreden gar kein Gehör schenkte. Um diesen Liebling einem etwaigen Sturm von Seiten des Landweibels zu entrücken, schickte sie ihn auf ihre Alpe am Wildsee. Der Gallus dagegen, der nicht ein Fremder war, wie Georg, wollte nicht von dannen weichen, sondern alle Folgen der raschen That abwarten und die Schuld seines lieben Regimentskameraden ganz auf sich nehmen.</p><lb/> <p>Ob nun die Trümpy bei dem Landweibel ihre Knechte entschuldigt und Alles auf Hagenbach und seine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
tiger Zunge der Nachbarin Verena hinterbrachte. An Hagenbach's Gartenzaun vorübergehend, sagte sie zu dem unfern davon beschäftigten Mädchen: Ihr könnt nichts als Unheil anrichten, Jungfer. Um Eurer Larve willen ist mein Vetter schier todtgeschlagen worden. — Und als Verena bestürzt aufhorchte, fuhr die Schlange fort: Stellt Euch nicht unwissend und erschrocken, falsche Dirne, mit Euern verhexten Augen. — Warum scheltet Ihr mich, Frau Trümpy? — So? Warum? mich geht's etwa nicht an, wenn Ihr meine Knechte gegen meinen Vetter aufhetzt? Der Gallus und der Görg haben den Bläsi geschlagen, und ich jage sie stehenden Fußes auf und davon.
Dieses war nun nicht wahr. Die Wittwe fürchtete den Gallus, der ebenfalls weitläufig mit ihr verschwägert war, gar sehr, und den Görg, der vor Kurzem erst mit dem Gallus aus fremdem Soldatendienst zurückgekommen, liebte sie wie thöricht, obgleich der junge Mann ihren Winken und Lockreden gar kein Gehör schenkte. Um diesen Liebling einem etwaigen Sturm von Seiten des Landweibels zu entrücken, schickte sie ihn auf ihre Alpe am Wildsee. Der Gallus dagegen, der nicht ein Fremder war, wie Georg, wollte nicht von dannen weichen, sondern alle Folgen der raschen That abwarten und die Schuld seines lieben Regimentskameraden ganz auf sich nehmen.
Ob nun die Trümpy bei dem Landweibel ihre Knechte entschuldigt und Alles auf Hagenbach und seine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/33 |
Zitationshilfe: | Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/33>, abgerufen am 27.07.2024. |