und reizende Schwester suchten bei dem Fürsten die Wohlthat zu erlangen, einen in einer rei- chen Erbschaft nach aller Form Rechtens ver- lohrnen Prozeß wieder zu erneuern, und durch grössere, neue Beweise zu ihrem Vortheile zu lenken. Der Fürst begegnete in jeder öffent- lichen Gesellschaft dem fremden Kavalier, noch mehr aber seiner schönen Schwester mit beson- derer Achtung, und gab endlich, ungeachtet der Präsident es wiederrieth, und die neuen Beweise als geringfügig verwarf, die ausdrück- liche Erlaubniß, daß der Prozeß vom Neuen beginnen, und die völlige Entscheidung ihm selbst vorbehalten sein solle.
Schon diese sonst ganz ungewöhnliche Ent- scheidung des Fürsten gab Ursache zum Nach- denken, dies vermehrte sich noch weit stärker, als man deutlich gewahrte, daß der Fremde samt seiner Schwester sehr grossen Aufwand mache, da es doch allgemein bekannt war, daß
Biogr. d. W. 4r Bd. F
und reizende Schweſter ſuchten bei dem Fuͤrſten die Wohlthat zu erlangen, einen in einer rei- chen Erbſchaft nach aller Form Rechtens ver- lohrnen Prozeß wieder zu erneuern, und durch groͤſſere, neue Beweiſe zu ihrem Vortheile zu lenken. Der Fuͤrſt begegnete in jeder oͤffent- lichen Geſellſchaft dem fremden Kavalier, noch mehr aber ſeiner ſchoͤnen Schweſter mit beſon- derer Achtung, und gab endlich, ungeachtet der Praͤſident es wiederrieth, und die neuen Beweiſe als geringfuͤgig verwarf, die ausdruͤck- liche Erlaubniß, daß der Prozeß vom Neuen beginnen, und die voͤllige Entſcheidung ihm ſelbſt vorbehalten ſein ſolle.
Schon dieſe ſonſt ganz ungewoͤhnliche Ent- ſcheidung des Fuͤrſten gab Urſache zum Nach- denken, dies vermehrte ſich noch weit ſtaͤrker, als man deutlich gewahrte, daß der Fremde ſamt ſeiner Schweſter ſehr groſſen Aufwand mache, da es doch allgemein bekannt war, daß
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und reizende Schweſter ſuchten bei dem Fuͤrſten
die Wohlthat zu erlangen, einen in einer rei-
chen Erbſchaft nach aller Form Rechtens ver-
lohrnen Prozeß wieder zu erneuern, und durch
groͤſſere, neue Beweiſe zu ihrem Vortheile zu
lenken. Der Fuͤrſt begegnete in jeder oͤffent-
lichen Geſellſchaft dem fremden Kavalier, noch
mehr aber ſeiner ſchoͤnen Schweſter mit beſon-
derer Achtung, und gab endlich, ungeachtet
der Praͤſident es wiederrieth, und die neuen
Beweiſe als geringfuͤgig verwarf, die ausdruͤck-
liche Erlaubniß, daß der Prozeß vom Neuen
beginnen, und die voͤllige Entſcheidung ihm
ſelbſt vorbehalten ſein ſolle.
Schon dieſe ſonſt ganz ungewoͤhnliche Ent-
ſcheidung des Fuͤrſten gab Urſache zum Nach-
denken, dies vermehrte ſich noch weit ſtaͤrker,
als man deutlich gewahrte, daß der Fremde
ſamt ſeiner Schweſter ſehr groſſen Aufwand
mache, da es doch allgemein bekannt war, daß
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/91>, abgerufen am 24.11.2024.
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