Wie Wilhelm zur Prinzessin geführt wur- de, um ihr auf Befehl des Markgrafen für ihre Fürbitte, für sein Leben zu danken, stand Sophie im Gemache derselben. Ihr rothge- weintes Auge, ihr noch thränender Blick über- zeugte ihn deutlich, daß ihr Leiden, ihr Jam- mer groß war, er sah zugleich ein, daß sie die Retterin seines Lebens war, und ohne ihre Mitwürkung die Prinzessin schwerlich für ihn gebeten hätte. Dieser große Beweis ihrer Liebe ermunterte ihn zur Dankbarkeit, er trat näher zu ihr. Wenn ichs je vergesse, flü- sterte er leise, was ich ihnen zu verdanken habe, so soll mir Gott schnell wieder rauben, was er mir so wunderbar schenkte. Vergessen sie indeß den Unglücklichen nicht ganz, er ist ihres Mitleids würdig. Sophie konnte nicht antworten, aber ihr Blick sprach um so stärker, Wilhelm ging mit der Gewißheit von dannen, daß sie ihn noch liebe, und seiner harren würde.
Die
Wie Wilhelm zur Prinzeſſin gefuͤhrt wur- de, um ihr auf Befehl des Markgrafen fuͤr ihre Fuͤrbitte, fuͤr ſein Leben zu danken, ſtand Sophie im Gemache derſelben. Ihr rothge- weintes Auge, ihr noch thraͤnender Blick uͤber- zeugte ihn deutlich, daß ihr Leiden, ihr Jam- mer groß war, er ſah zugleich ein, daß ſie die Retterin ſeines Lebens war, und ohne ihre Mitwuͤrkung die Prinzeſſin ſchwerlich fuͤr ihn gebeten haͤtte. Dieſer große Beweis ihrer Liebe ermunterte ihn zur Dankbarkeit, er trat naͤher zu ihr. Wenn ichs je vergeſſe, fluͤ- ſterte er leiſe, was ich ihnen zu verdanken habe, ſo ſoll mir Gott ſchnell wieder rauben, was er mir ſo wunderbar ſchenkte. Vergeſſen ſie indeß den Ungluͤcklichen nicht ganz, er iſt ihres Mitleids wuͤrdig. Sophie konnte nicht antworten, aber ihr Blick ſprach um ſo ſtaͤrker, Wilhelm ging mit der Gewißheit von dannen, daß ſie ihn noch liebe, und ſeiner harren wuͤrde.
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Wie Wilhelm zur Prinzeſſin gefuͤhrt wur-
de, um ihr auf Befehl des Markgrafen fuͤr
ihre Fuͤrbitte, fuͤr ſein Leben zu danken, ſtand
Sophie im Gemache derſelben. Ihr rothge-
weintes Auge, ihr noch thraͤnender Blick uͤber-
zeugte ihn deutlich, daß ihr Leiden, ihr Jam-
mer groß war, er ſah zugleich ein, daß ſie
die Retterin ſeines Lebens war, und ohne ihre
Mitwuͤrkung die Prinzeſſin ſchwerlich fuͤr ihn
gebeten haͤtte. Dieſer große Beweis ihrer
Liebe ermunterte ihn zur Dankbarkeit, er trat
naͤher zu ihr. Wenn ichs je vergeſſe, fluͤ-
ſterte er leiſe, was ich ihnen zu verdanken
habe, ſo ſoll mir Gott ſchnell wieder rauben,
was er mir ſo wunderbar ſchenkte. Vergeſſen
ſie indeß den Ungluͤcklichen nicht ganz, er
iſt ihres Mitleids wuͤrdig. Sophie konnte
nicht antworten, aber ihr Blick ſprach um ſo
ſtaͤrker, Wilhelm ging mit der Gewißheit von
dannen, daß ſie ihn noch liebe, und ſeiner
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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