Der Marggraf verließ erst spät am an- dern Tage das Bette, schon hatten andere Granadiere die Wache bezogen, als die klei- ne Prinzessin, welche jeden Morgen in sei- nem Schlafgemache erscheinen mußte, zu ihm eintrat. Wie er diese erblikte, gedachte er erst seines gestrigen Gewinns, den er zu ei- nem Geschenke für sie bestimmt hatte, er suchte und fand ihn nicht, er erinnerte sich endlich deut- lich, daß er das Gold in sein Schnupftuch faßte, und dieses im Gespräche auf einen Tisch legte. Er ging selbst nach dem Saale, durchsuchte alles und fand nichts.
Nun war's erwiesen, daß das Gold ge- stohlen sei, nun begann die Untersuchung. Alle Diener, welche gegenwärtig waren, alle Granadiere, welche am Saale Wache standen, wurden arretirt. Unter den leztern befand sich auch Wilhelm, er war schon von der Hauptwache nach seinem Quartiere zurückge-
Biogr. d. W. 4r Bd. B
Der Marggraf verließ erſt ſpaͤt am an- dern Tage das Bette, ſchon hatten andere Granadiere die Wache bezogen, als die klei- ne Prinzeſſin, welche jeden Morgen in ſei- nem Schlafgemache erſcheinen mußte, zu ihm eintrat. Wie er dieſe erblikte, gedachte er erſt ſeines geſtrigen Gewinns, den er zu ei- nem Geſchenke fuͤr ſie beſtimmt hatte, er ſuchte und fand ihn nicht, er erinnerte ſich endlich deut- lich, daß er das Gold in ſein Schnupftuch faßte, und dieſes im Geſpraͤche auf einen Tiſch legte. Er ging ſelbſt nach dem Saale, durchſuchte alles und fand nichts.
Nun war's erwieſen, daß das Gold ge- ſtohlen ſei, nun begann die Unterſuchung. Alle Diener, welche gegenwaͤrtig waren, alle Granadiere, welche am Saale Wache ſtanden, wurden arretirt. Unter den leztern befand ſich auch Wilhelm, er war ſchon von der Hauptwache nach ſeinem Quartiere zuruͤckge-
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Der Marggraf verließ erſt ſpaͤt am an-
dern Tage das Bette, ſchon hatten andere
Granadiere die Wache bezogen, als die klei-
ne Prinzeſſin, welche jeden Morgen in ſei-
nem Schlafgemache erſcheinen mußte, zu ihm
eintrat. Wie er dieſe erblikte, gedachte er
erſt ſeines geſtrigen Gewinns, den er zu ei-
nem Geſchenke fuͤr ſie beſtimmt hatte, er ſuchte
und fand ihn nicht, er erinnerte ſich endlich deut-
lich, daß er das Gold in ſein Schnupftuch faßte,
und dieſes im Geſpraͤche auf einen Tiſch legte.
Er ging ſelbſt nach dem Saale, durchſuchte
alles und fand nichts.
Nun war's erwieſen, daß das Gold ge-
ſtohlen ſei, nun begann die Unterſuchung.
Alle Diener, welche gegenwaͤrtig waren, alle
Granadiere, welche am Saale Wache ſtanden,
wurden arretirt. Unter den leztern befand
ſich auch Wilhelm, er war ſchon von der
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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