Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

war im Stande, die Traurende zu beruhi-
gen. Hugo mußte, nach damaliger Sitte,
sich entfernen, und durfte nur erst, als
Edeldrud beerdiget war, zu Kleta wieder
kehren. Ihm dünkten diese wenigen Tage
eine Ewigkeit. Endlich verflossen auch diese,
und er sah seine Kleta wieder.

Mein Hugo, sprach sie, der Fluch mei-
ner Mutter ruht auf mir, wenn ich dich
liebe! und doch -- und doch! -- hier ver-
barg sie sich an seinen Busen; nur der Grund
des Verbots von Eldruden blieb ihnen ein
Geheimnis. Endlich erinnerte sich Kleta des
Schmuckkästchens, wovon ihre Mutter ihr
gesagt hatte, und worinnen die Papiere der-
selben verwahrt lagen; allein ein Zeddel,
welcher daran befestiget war, mit dem Be-
fehle: Solches nicht eher als einen Monden
nach Kleta's Heirath zu eröfnen; vernich-
tete auch diese Hofnung.

war im Stande, die Traurende zu beruhi-
gen. Hugo mußte, nach damaliger Sitte,
ſich entfernen, und durfte nur erſt, als
Edeldrud beerdiget war, zu Kleta wieder
kehren. Ihm duͤnkten dieſe wenigen Tage
eine Ewigkeit. Endlich verfloſſen auch dieſe,
und er ſah ſeine Kleta wieder.

Mein Hugo, ſprach ſie, der Fluch mei-
ner Mutter ruht auf mir, wenn ich dich
liebe! und doch — und doch! — hier ver-
barg ſie ſich an ſeinen Buſen; nur der Grund
des Verbots von Eldruden blieb ihnen ein
Geheimnis. Endlich erinnerte ſich Kleta des
Schmuckkaͤſtchens, wovon ihre Mutter ihr
geſagt hatte, und worinnen die Papiere der-
ſelben verwahrt lagen; allein ein Zeddel,
welcher daran befeſtiget war, mit dem Be-
fehle: Solches nicht eher als einen Monden
nach Kleta's Heirath zu eroͤfnen; vernich-
tete auch dieſe Hofnung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="214"/>
war im Stande, die Traurende zu beruhi-<lb/>
gen. Hugo mußte, nach damaliger Sitte,<lb/>
&#x017F;ich entfernen, und durfte nur er&#x017F;t, als<lb/>
Edeldrud beerdiget war, zu Kleta wieder<lb/>
kehren. Ihm du&#x0364;nkten die&#x017F;e wenigen Tage<lb/>
eine Ewigkeit. Endlich verflo&#x017F;&#x017F;en auch die&#x017F;e,<lb/>
und er &#x017F;ah &#x017F;eine Kleta wieder.</p><lb/>
        <p>Mein Hugo, &#x017F;prach &#x017F;ie, der Fluch mei-<lb/>
ner Mutter ruht auf mir, wenn ich dich<lb/>
liebe! und doch &#x2014; und doch! &#x2014; hier ver-<lb/>
barg &#x017F;ie &#x017F;ich an &#x017F;einen Bu&#x017F;en; nur der Grund<lb/>
des Verbots von Eldruden blieb ihnen ein<lb/>
Geheimnis. Endlich erinnerte &#x017F;ich Kleta des<lb/>
Schmuckka&#x0364;&#x017F;tchens, wovon ihre Mutter ihr<lb/>
ge&#x017F;agt hatte, und worinnen die Papiere der-<lb/>
&#x017F;elben verwahrt lagen; allein ein Zeddel,<lb/>
welcher daran befe&#x017F;tiget war, mit dem Be-<lb/>
fehle: Solches nicht eher als einen Monden<lb/>
nach Kleta's Heirath zu ero&#x0364;fnen; vernich-<lb/>
tete auch die&#x017F;e Hofnung.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0224] war im Stande, die Traurende zu beruhi- gen. Hugo mußte, nach damaliger Sitte, ſich entfernen, und durfte nur erſt, als Edeldrud beerdiget war, zu Kleta wieder kehren. Ihm duͤnkten dieſe wenigen Tage eine Ewigkeit. Endlich verfloſſen auch dieſe, und er ſah ſeine Kleta wieder. Mein Hugo, ſprach ſie, der Fluch mei- ner Mutter ruht auf mir, wenn ich dich liebe! und doch — und doch! — hier ver- barg ſie ſich an ſeinen Buſen; nur der Grund des Verbots von Eldruden blieb ihnen ein Geheimnis. Endlich erinnerte ſich Kleta des Schmuckkaͤſtchens, wovon ihre Mutter ihr geſagt hatte, und worinnen die Papiere der- ſelben verwahrt lagen; allein ein Zeddel, welcher daran befeſtiget war, mit dem Be- fehle: Solches nicht eher als einen Monden nach Kleta's Heirath zu eroͤfnen; vernich- tete auch dieſe Hofnung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/224
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/224>, abgerufen am 25.11.2024.