wir hungern, daß wir schmachten, nicht bewe- gen lassen, nur einen einzigen Pfennig weni- ger anzunehmen! Der gottlose Wucherer ver- diente, daß ich seinen Namen hier öffentlich nennte, daß ich ihn mit dem Banne der Kir- che belegte, daß ich ihn gleich einem Zöllner aus der Versammlung der Gläubigen verjagte; aber ich will Gott nachahmen, ich will barm- herzig seyn, wie er, ich will vergeben und ver- gessen; nur ist es meine Pflicht, ihn zu war- nen, daß er versöhne, daß er bereue, damit er einst nicht in den Höllenpfuhl geworfen wer- de, wo Heulen und Zähnklappen ihn erwartet, aus dem keine Erlösung zu hoffen ist.
Hätten Hannsens Nachbarn und Freunde nur irgend einen Verdacht des Wuchers gegen ihn in ihrem Herzen geheegt, wären sie nicht vielmehr vom Gegentheile überzeugt gewesen, sie würden seine That, die der Prediger so hart rügte, sogleich in seinem Gesichte gelesen,
wir hungern, daß wir ſchmachten, nicht bewe- gen laſſen, nur einen einzigen Pfennig weni- ger anzunehmen! Der gottloſe Wucherer ver- diente, daß ich ſeinen Namen hier oͤffentlich nennte, daß ich ihn mit dem Banne der Kir- che belegte, daß ich ihn gleich einem Zoͤllner aus der Verſammlung der Glaͤubigen verjagte; aber ich will Gott nachahmen, ich will barm- herzig ſeyn, wie er, ich will vergeben und ver- geſſen; nur iſt es meine Pflicht, ihn zu war- nen, daß er verſoͤhne, daß er bereue, damit er einſt nicht in den Hoͤllenpfuhl geworfen wer- de, wo Heulen und Zaͤhnklappen ihn erwartet, aus dem keine Erloͤſung zu hoffen iſt.
Haͤtten Hannſens Nachbarn und Freunde nur irgend einen Verdacht des Wuchers gegen ihn in ihrem Herzen geheegt, waͤren ſie nicht vielmehr vom Gegentheile uͤberzeugt geweſen, ſie wuͤrden ſeine That, die der Prediger ſo hart ruͤgte, ſogleich in ſeinem Geſichte geleſen,
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wir hungern, daß wir ſchmachten, nicht bewe-
gen laſſen, nur einen einzigen Pfennig weni-
ger anzunehmen! Der gottloſe Wucherer ver-
diente, daß ich ſeinen Namen hier oͤffentlich
nennte, daß ich ihn mit dem Banne der Kir-
che belegte, daß ich ihn gleich einem Zoͤllner aus
der Verſammlung der Glaͤubigen verjagte;
aber ich will Gott nachahmen, ich will barm-
herzig ſeyn, wie er, ich will vergeben und ver-
geſſen; nur iſt es meine Pflicht, ihn zu war-
nen, daß er verſoͤhne, daß er bereue, damit
er einſt nicht in den Hoͤllenpfuhl geworfen wer-
de, wo Heulen und Zaͤhnklappen ihn erwartet,
aus dem keine Erloͤſung zu hoffen iſt.
Haͤtten Hannſens Nachbarn und Freunde
nur irgend einen Verdacht des Wuchers gegen
ihn in ihrem Herzen geheegt, waͤren ſie nicht
vielmehr vom Gegentheile uͤberzeugt geweſen,
ſie wuͤrden ſeine That, die der Prediger ſo
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/196>, abgerufen am 22.11.2024.
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