Den übrigen Bewohnern war der Graf ein gleiches Räthsel, seine gefällige, freund- liche Art zog jeden an sich, aber sein Hang zur Einsamkeit, zum tiefen Nachdenken, stieß alle gleich stark wieder zurück. Ohne es selbst zu wollen, gewann bald die von Jugend auf sorgfältig gepflegte Gewohnheit den Rang über die schwere Verstellung, er suchte sich, geleitet durch jene, seine harte Last dadurch erträglicher zu machen, daß er sich reinlicher und besser als alle übrige Schäfer kleidete. Die wenigen Mädchen, welche in dieser Ein- öde wohnten, oder sie Geschäfte wegen besuch- ten, blickten daher oft lüstern nach ihm, und nannten ihn nur den schönen und galanten Schäfer, als aber dieser, oft in seiner Ge- genwart ausgesprochne Name keinen Eindruck auf ihn machte, da nannten sie ihn in der Folge den traurigen Schäfer, und blickten ihm mitleidig nach, wenn er mit gesenktem Auge hinter seiner Heerde schlich.
Den uͤbrigen Bewohnern war der Graf ein gleiches Raͤthſel, ſeine gefaͤllige, freund- liche Art zog jeden an ſich, aber ſein Hang zur Einſamkeit, zum tiefen Nachdenken, ſtieß alle gleich ſtark wieder zuruͤck. Ohne es ſelbſt zu wollen, gewann bald die von Jugend auf ſorgfaͤltig gepflegte Gewohnheit den Rang uͤber die ſchwere Verſtellung, er ſuchte ſich, geleitet durch jene, ſeine harte Laſt dadurch ertraͤglicher zu machen, daß er ſich reinlicher und beſſer als alle uͤbrige Schaͤfer kleidete. Die wenigen Maͤdchen, welche in dieſer Ein- oͤde wohnten, oder ſie Geſchaͤfte wegen beſuch- ten, blickten daher oft luͤſtern nach ihm, und nannten ihn nur den ſchoͤnen und galanten Schaͤfer, als aber dieſer, oft in ſeiner Ge- genwart ausgeſprochne Name keinen Eindruck auf ihn machte, da nannten ſie ihn in der Folge den traurigen Schaͤfer, und blickten ihm mitleidig nach, wenn er mit geſenktem Auge hinter ſeiner Heerde ſchlich.
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Den uͤbrigen Bewohnern war der Graf
ein gleiches Raͤthſel, ſeine gefaͤllige, freund-
liche Art zog jeden an ſich, aber ſein Hang
zur Einſamkeit, zum tiefen Nachdenken,
ſtieß alle gleich ſtark wieder zuruͤck. Ohne es
ſelbſt zu wollen, gewann bald die von Jugend
auf ſorgfaͤltig gepflegte Gewohnheit den Rang
uͤber die ſchwere Verſtellung, er ſuchte ſich,
geleitet durch jene, ſeine harte Laſt dadurch
ertraͤglicher zu machen, daß er ſich reinlicher
und beſſer als alle uͤbrige Schaͤfer kleidete.
Die wenigen Maͤdchen, welche in dieſer Ein-
oͤde wohnten, oder ſie Geſchaͤfte wegen beſuch-
ten, blickten daher oft luͤſtern nach ihm, und
nannten ihn nur den ſchoͤnen und galanten
Schaͤfer, als aber dieſer, oft in ſeiner Ge-
genwart ausgeſprochne Name keinen Eindruck
auf ihn machte, da nannten ſie ihn in der
Folge den traurigen Schaͤfer, und blickten
ihm mitleidig nach, wenn er mit geſenktem
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/168>, abgerufen am 22.11.2024.
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