Fürstin hatte schon lange vorher alles zur Er- füllung dieses Wunsches vorbereitet. Eine be- nachbarte Fürstin, welche als Vormünderin ihres unmündigen Sohnes das kleine Ländchen, welches sein Vater besaß, regierte, war ehe- mals ihre Jugendfreundin gewesen, immer fand noch eine vertraute Korrespondenz zwi- schen beiden statt. Sie entdeckte ihrer geprüf- ten Freundin sogleich die ganze Sache, und bat um Rath und Beistand.
Die regierende Fürstin schrieb zurück, daß sie der genauen Verbindung wegen, in welcher beide Höfe miteinander ständen, nicht fähig wäre, dem Grafen, wenn er nach ihrem Lande entfliehe, öffentlichen Schutz zu verlei- hen, doch wolle sie, der theuern Freundin zu gefallen, alles wagen, alles unternehmen, was, wenn er im Verborgnen käme, die mögliche Entdeckung hindern, und ihn, wenn er ein einsames Landleben nicht scheue, für jeder Ge-
Biogr. d. W. 4r Bd. K
Fuͤrſtin hatte ſchon lange vorher alles zur Er- fuͤllung dieſes Wunſches vorbereitet. Eine be- nachbarte Fuͤrſtin, welche als Vormuͤnderin ihres unmuͤndigen Sohnes das kleine Laͤndchen, welches ſein Vater beſaß, regierte, war ehe- mals ihre Jugendfreundin geweſen, immer fand noch eine vertraute Korreſpondenz zwi- ſchen beiden ſtatt. Sie entdeckte ihrer gepruͤf- ten Freundin ſogleich die ganze Sache, und bat um Rath und Beiſtand.
Die regierende Fuͤrſtin ſchrieb zuruͤck, daß ſie der genauen Verbindung wegen, in welcher beide Hoͤfe miteinander ſtaͤnden, nicht faͤhig waͤre, dem Grafen, wenn er nach ihrem Lande entfliehe, oͤffentlichen Schutz zu verlei- hen, doch wolle ſie, der theuern Freundin zu gefallen, alles wagen, alles unternehmen, was, wenn er im Verborgnen kaͤme, die moͤgliche Entdeckung hindern, und ihn, wenn er ein einſames Landleben nicht ſcheue, fuͤr jeder Ge-
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Fuͤrſtin hatte ſchon lange vorher alles zur Er-
fuͤllung dieſes Wunſches vorbereitet. Eine be-
nachbarte Fuͤrſtin, welche als Vormuͤnderin
ihres unmuͤndigen Sohnes das kleine Laͤndchen,
welches ſein Vater beſaß, regierte, war ehe-
mals ihre Jugendfreundin geweſen, immer
fand noch eine vertraute Korreſpondenz zwi-
ſchen beiden ſtatt. Sie entdeckte ihrer gepruͤf-
ten Freundin ſogleich die ganze Sache, und bat
um Rath und Beiſtand.
Die regierende Fuͤrſtin ſchrieb zuruͤck, daß
ſie der genauen Verbindung wegen, in welcher
beide Hoͤfe miteinander ſtaͤnden, nicht faͤhig
waͤre, dem Grafen, wenn er nach ihrem
Lande entfliehe, oͤffentlichen Schutz zu verlei-
hen, doch wolle ſie, der theuern Freundin zu
gefallen, alles wagen, alles unternehmen, was,
wenn er im Verborgnen kaͤme, die moͤgliche
Entdeckung hindern, und ihn, wenn er ein
einſames Landleben nicht ſcheue, fuͤr jeder Ge-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/155>, abgerufen am 22.11.2024.
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