Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ward nun verabredet und beschlossen,
daß der Kerkermeister sobald als möglich sei-
nen Gefangnen von allem unterrichten, zur
Nachtszeit alle lästige Zeugen entfernen, und
mit ihm durch eine Seitenthüre des Thurms,
welche nicht bewacht wurde, weil sie nur zur
Wohnung des Kerkermeisters führte, nach dem
Garten der Fürstin entfliehen sollte. In die-
sem Garten hatte sich die Fürstin eine Ensiede-
lei erbauen lassen, zu welcher nur sie den
Schlüssel bei sich trug. Dieser ward dem Ker-
kermeister mit dem Auftrage übergeben, daß
er durch solchen die Gemächer der Einsiedelei
öfnen, und sich mit dem Grafen nach einer im
Hintergrunde angebrachten Grotte begeben
solle, wo kein menschliches Auge sie sehen und
entdecken konnte. Genährt und gepflegt durch
die Hand der Fürstin, sollten sie dort so lange
verborgen leben, bis der Fürst jede Nachspähe
geendet habe, und sie unter einer unkennba-

Es ward nun verabredet und beſchloſſen,
daß der Kerkermeiſter ſobald als moͤglich ſei-
nen Gefangnen von allem unterrichten, zur
Nachtszeit alle laͤſtige Zeugen entfernen, und
mit ihm durch eine Seitenthuͤre des Thurms,
welche nicht bewacht wurde, weil ſie nur zur
Wohnung des Kerkermeiſters fuͤhrte, nach dem
Garten der Fuͤrſtin entfliehen ſollte. In die-
ſem Garten hatte ſich die Fuͤrſtin eine Enſiede-
lei erbauen laſſen, zu welcher nur ſie den
Schluͤſſel bei ſich trug. Dieſer ward dem Ker-
kermeiſter mit dem Auftrage uͤbergeben, daß
er durch ſolchen die Gemaͤcher der Einſiedelei
oͤfnen, und ſich mit dem Grafen nach einer im
Hintergrunde angebrachten Grotte begeben
ſolle, wo kein menſchliches Auge ſie ſehen und
entdecken konnte. Genaͤhrt und gepflegt durch
die Hand der Fuͤrſtin, ſollten ſie dort ſo lange
verborgen leben, bis der Fuͤrſt jede Nachſpaͤhe
geendet habe, und ſie unter einer unkennba-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0151" n="141"/>
        <p>Es ward nun verabredet und be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß der Kerkermei&#x017F;ter &#x017F;obald als mo&#x0364;glich &#x017F;ei-<lb/>
nen Gefangnen von allem unterrichten, zur<lb/>
Nachtszeit alle la&#x0364;&#x017F;tige Zeugen entfernen, und<lb/>
mit ihm durch eine Seitenthu&#x0364;re des Thurms,<lb/>
welche nicht bewacht wurde, weil &#x017F;ie nur zur<lb/>
Wohnung des Kerkermei&#x017F;ters fu&#x0364;hrte, nach dem<lb/>
Garten der Fu&#x0364;r&#x017F;tin entfliehen &#x017F;ollte. In die-<lb/>
&#x017F;em Garten hatte &#x017F;ich die Fu&#x0364;r&#x017F;tin eine En&#x017F;iede-<lb/>
lei erbauen la&#x017F;&#x017F;en, zu welcher nur &#x017F;ie den<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el bei &#x017F;ich trug. Die&#x017F;er ward dem Ker-<lb/>
kermei&#x017F;ter mit dem Auftrage u&#x0364;bergeben, daß<lb/>
er durch &#x017F;olchen die Gema&#x0364;cher der Ein&#x017F;iedelei<lb/>
o&#x0364;fnen, und &#x017F;ich mit dem Grafen nach einer im<lb/>
Hintergrunde angebrachten Grotte begeben<lb/>
&#x017F;olle, wo kein men&#x017F;chliches Auge &#x017F;ie &#x017F;ehen und<lb/>
entdecken konnte. Gena&#x0364;hrt und gepflegt durch<lb/>
die Hand der Fu&#x0364;r&#x017F;tin, &#x017F;ollten &#x017F;ie dort &#x017F;o lange<lb/>
verborgen leben, bis der Fu&#x0364;r&#x017F;t jede Nach&#x017F;pa&#x0364;he<lb/>
geendet habe, und &#x017F;ie unter einer unkennba-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0151] Es ward nun verabredet und beſchloſſen, daß der Kerkermeiſter ſobald als moͤglich ſei- nen Gefangnen von allem unterrichten, zur Nachtszeit alle laͤſtige Zeugen entfernen, und mit ihm durch eine Seitenthuͤre des Thurms, welche nicht bewacht wurde, weil ſie nur zur Wohnung des Kerkermeiſters fuͤhrte, nach dem Garten der Fuͤrſtin entfliehen ſollte. In die- ſem Garten hatte ſich die Fuͤrſtin eine Enſiede- lei erbauen laſſen, zu welcher nur ſie den Schluͤſſel bei ſich trug. Dieſer ward dem Ker- kermeiſter mit dem Auftrage uͤbergeben, daß er durch ſolchen die Gemaͤcher der Einſiedelei oͤfnen, und ſich mit dem Grafen nach einer im Hintergrunde angebrachten Grotte begeben ſolle, wo kein menſchliches Auge ſie ſehen und entdecken konnte. Genaͤhrt und gepflegt durch die Hand der Fuͤrſtin, ſollten ſie dort ſo lange verborgen leben, bis der Fuͤrſt jede Nachſpaͤhe geendet habe, und ſie unter einer unkennba-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/151
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/151>, abgerufen am 25.11.2024.