Staaten abgesandt wurden, um den Mörder anzuhalten und auszuliefern. Alle Häuser der grossen Stadt wären streng durchsucht worden, wenn nicht Zeugen aufgetreten wären, und ausgesagt hätten, daß man den Grafen durchs Thor jagen sah. Ehe eine Stunde verfloß, erscholl in der ganzen Stadt die Nachricht, daß man den Unglücklichen, welcher eine halbe Stunde vor der Stadt mit seinem Pferde stürz- te, und sich den Fuß verrenkte, in einer Bau- ernhütte, wo er sich verbergen wollte, ent- deckt und nach dem Gefängnisse zurückgeführt hatte.
Schrecklich war diese Nachricht für seine Freunde, noch schrecklicher für seine Gattin, die nur deswegen aus einer Ohnmacht geweckt wurde, um in eine neue und stärkere sinken zu können. Alle Bürger liebten den gerechten Präsidenten, viele vom Adel mußten ihn ver- ehren, und bemitleideten ihn izt würklich, da
Staaten abgeſandt wurden, um den Moͤrder anzuhalten und auszuliefern. Alle Haͤuſer der groſſen Stadt waͤren ſtreng durchſucht worden, wenn nicht Zeugen aufgetreten waͤren, und ausgeſagt haͤtten, daß man den Grafen durchs Thor jagen ſah. Ehe eine Stunde verfloß, erſcholl in der ganzen Stadt die Nachricht, daß man den Ungluͤcklichen, welcher eine halbe Stunde vor der Stadt mit ſeinem Pferde ſtuͤrz- te, und ſich den Fuß verrenkte, in einer Bau- ernhuͤtte, wo er ſich verbergen wollte, ent- deckt und nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤckgefuͤhrt hatte.
Schrecklich war dieſe Nachricht fuͤr ſeine Freunde, noch ſchrecklicher fuͤr ſeine Gattin, die nur deswegen aus einer Ohnmacht geweckt wurde, um in eine neue und ſtaͤrkere ſinken zu koͤnnen. Alle Buͤrger liebten den gerechten Praͤſidenten, viele vom Adel mußten ihn ver- ehren, und bemitleideten ihn izt wuͤrklich, da
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0116"n="106"/>
Staaten abgeſandt wurden, um den Moͤrder<lb/>
anzuhalten und auszuliefern. Alle Haͤuſer der<lb/>
groſſen Stadt waͤren ſtreng durchſucht worden,<lb/>
wenn nicht Zeugen aufgetreten waͤren, und<lb/>
ausgeſagt haͤtten, daß man den Grafen durchs<lb/>
Thor jagen ſah. Ehe eine Stunde verfloß,<lb/>
erſcholl in der ganzen Stadt die Nachricht, daß<lb/>
man den Ungluͤcklichen, welcher eine halbe<lb/>
Stunde vor der Stadt mit ſeinem Pferde ſtuͤrz-<lb/>
te, und ſich den Fuß verrenkte, in einer Bau-<lb/>
ernhuͤtte, wo er ſich verbergen wollte, ent-<lb/>
deckt und nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤckgefuͤhrt<lb/>
hatte.</p><lb/><p>Schrecklich war dieſe Nachricht fuͤr ſeine<lb/>
Freunde, noch ſchrecklicher fuͤr ſeine Gattin,<lb/>
die nur deswegen aus einer Ohnmacht geweckt<lb/>
wurde, um in eine neue und ſtaͤrkere ſinken zu<lb/>
koͤnnen. Alle Buͤrger liebten den gerechten<lb/>
Praͤſidenten, viele vom Adel mußten ihn ver-<lb/>
ehren, und bemitleideten ihn izt wuͤrklich, da<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0116]
Staaten abgeſandt wurden, um den Moͤrder
anzuhalten und auszuliefern. Alle Haͤuſer der
groſſen Stadt waͤren ſtreng durchſucht worden,
wenn nicht Zeugen aufgetreten waͤren, und
ausgeſagt haͤtten, daß man den Grafen durchs
Thor jagen ſah. Ehe eine Stunde verfloß,
erſcholl in der ganzen Stadt die Nachricht, daß
man den Ungluͤcklichen, welcher eine halbe
Stunde vor der Stadt mit ſeinem Pferde ſtuͤrz-
te, und ſich den Fuß verrenkte, in einer Bau-
ernhuͤtte, wo er ſich verbergen wollte, ent-
deckt und nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤckgefuͤhrt
hatte.
Schrecklich war dieſe Nachricht fuͤr ſeine
Freunde, noch ſchrecklicher fuͤr ſeine Gattin,
die nur deswegen aus einer Ohnmacht geweckt
wurde, um in eine neue und ſtaͤrkere ſinken zu
koͤnnen. Alle Buͤrger liebten den gerechten
Praͤſidenten, viele vom Adel mußten ihn ver-
ehren, und bemitleideten ihn izt wuͤrklich, da
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/116>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.