strömten, nicht schildern, der nahende Sturm stimmte so ganz damit, und hielte mich auf- recht. Ich war so glücklich, sie wieder zu retten, es schien, als sie endlich die Augen öfneten, als ob sie mich nicht mehr kannten, sich nicht mehr meiner erinnerten; das Ge- fühl meines Elends, meiner Unwürdigkeit ergrif mich aufs neue, ich eilte fort, und sank entkräftet in einer Höhle nieder, in welcher ich schon oft geruhet hatte. Mit Ta- ges Anbruch wanderte ich fort, wollte nach dem Rathe des Vaters die mitleidige Kugel suchen. Verzweiflung hatte schon lange mit mir gekämpft, itzt begann sie mich zu über- winden, weil ich über einen Monat lang ent- fernt von derjenigen, deren Anblick allein mir noch Trost gewähren konnte, umher irrte. Ich beschloß, das Ende meines Lebens selbst zu suchen, es nicht erst durch Sklave- rey zu erkaufen. Nur einmal wollte ich sie noch in der Ferne sehen, und dann sterben;
ſtroͤmten, nicht ſchildern, der nahende Sturm ſtimmte ſo ganz damit, und hielte mich auf- recht. Ich war ſo gluͤcklich, ſie wieder zu retten, es ſchien, als ſie endlich die Augen oͤfneten, als ob ſie mich nicht mehr kannten, ſich nicht mehr meiner erinnerten; das Ge- fuͤhl meines Elends, meiner Unwuͤrdigkeit ergrif mich aufs neue, ich eilte fort, und ſank entkraͤftet in einer Hoͤhle nieder, in welcher ich ſchon oft geruhet hatte. Mit Ta- ges Anbruch wanderte ich fort, wollte nach dem Rathe des Vaters die mitleidige Kugel ſuchen. Verzweiflung hatte ſchon lange mit mir gekaͤmpft, itzt begann ſie mich zu uͤber- winden, weil ich uͤber einen Monat lang ent- fernt von derjenigen, deren Anblick allein mir noch Troſt gewaͤhren konnte, umher irrte. Ich beſchloß, das Ende meines Lebens ſelbſt zu ſuchen, es nicht erſt durch Sklave- rey zu erkaufen. Nur einmal wollte ich ſie noch in der Ferne ſehen, und dann ſterben;
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ſtroͤmten, nicht ſchildern, der nahende Sturm
ſtimmte ſo ganz damit, und hielte mich auf-
recht. Ich war ſo gluͤcklich, ſie wieder zu
retten, es ſchien, als ſie endlich die Augen
oͤfneten, als ob ſie mich nicht mehr kannten,
ſich nicht mehr meiner erinnerten; das Ge-
fuͤhl meines Elends, meiner Unwuͤrdigkeit
ergrif mich aufs neue, ich eilte fort, und
ſank entkraͤftet in einer Hoͤhle nieder, in
welcher ich ſchon oft geruhet hatte. Mit Ta-
ges Anbruch wanderte ich fort, wollte nach
dem Rathe des Vaters die mitleidige Kugel
ſuchen. Verzweiflung hatte ſchon lange mit
mir gekaͤmpft, itzt begann ſie mich zu uͤber-
winden, weil ich uͤber einen Monat lang ent-
fernt von derjenigen, deren Anblick allein
mir noch Troſt gewaͤhren konnte, umher
irrte. Ich beſchloß, das Ende meines Lebens
ſelbſt zu ſuchen, es nicht erſt durch Sklave-
rey zu erkaufen. Nur einmal wollte ich ſie
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/96>, abgerufen am 25.11.2024.
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