Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Am Abende nach dieser in seinen Augen so
wichtigen Heldenthat, erklärte er mich wür-
dig und fähig, seinen Namen auf die Nach-
welt fortzupflanzen. Suche dir, sprach er zu
mir, ein Mädchen, das dir behagt, du
mußt binnen Monatsfrist heurathen. Für
deinen und deines Weibes Unterhalt will ich
sorgen, und euch beide standesmäßig erhal-
ten; nur fordere ich, daß sie wenigstens
sechszehn Ahnen zähle, und nicht die Toch-
ter eines Federhelden, sondern eines ächten
Ritters sei. Dies sind meine einzigen Bedin-
gungen, übrigens hast du freie Wahl in der
Nachbarschaft rings umher, mußt aber bin-
nen Monatsfrist enden, sonst wähle ich, und
dann bleibt nur blinder Gehorsam dein
Loos! -- -- Da ich den Starrsinn meines
Vaters nur allzugut kannte, zuverläßig
wußte, daß seinen einmal gefaßten Entschluß
kein Zufall vernichten konnte, so hielte ich am
andern Morgen Rath mit meiner Mutter.

Am Abende nach dieſer in ſeinen Augen ſo
wichtigen Heldenthat, erklaͤrte er mich wuͤr-
dig und faͤhig, ſeinen Namen auf die Nach-
welt fortzupflanzen. Suche dir, ſprach er zu
mir, ein Maͤdchen, das dir behagt, du
mußt binnen Monatsfriſt heurathen. Fuͤr
deinen und deines Weibes Unterhalt will ich
ſorgen, und euch beide ſtandesmaͤßig erhal-
ten; nur fordere ich, daß ſie wenigſtens
ſechszehn Ahnen zaͤhle, und nicht die Toch-
ter eines Federhelden, ſondern eines aͤchten
Ritters ſei. Dies ſind meine einzigen Bedin-
gungen, uͤbrigens haſt du freie Wahl in der
Nachbarſchaft rings umher, mußt aber bin-
nen Monatsfriſt enden, ſonſt waͤhle ich, und
dann bleibt nur blinder Gehorſam dein
Loos! — — Da ich den Starrſinn meines
Vaters nur allzugut kannte, zuverlaͤßig
wußte, daß ſeinen einmal gefaßten Entſchluß
kein Zufall vernichten konnte, ſo hielte ich am
andern Morgen Rath mit meiner Mutter.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0074" n="60"/>
        <p>Am Abende nach die&#x017F;er in &#x017F;einen Augen &#x017F;o<lb/>
wichtigen Heldenthat, erkla&#x0364;rte er mich wu&#x0364;r-<lb/>
dig und fa&#x0364;hig, &#x017F;einen Namen auf die Nach-<lb/>
welt fortzupflanzen. Suche dir, &#x017F;prach er zu<lb/>
mir, ein Ma&#x0364;dchen, das dir behagt, du<lb/>
mußt binnen Monatsfri&#x017F;t heurathen. Fu&#x0364;r<lb/>
deinen und deines Weibes Unterhalt will ich<lb/>
&#x017F;orgen, und euch beide &#x017F;tandesma&#x0364;ßig erhal-<lb/>
ten; nur fordere ich, daß &#x017F;ie wenig&#x017F;tens<lb/>
&#x017F;echszehn Ahnen za&#x0364;hle, und nicht die Toch-<lb/>
ter eines Federhelden, &#x017F;ondern eines a&#x0364;chten<lb/>
Ritters &#x017F;ei. Dies &#x017F;ind meine einzigen Bedin-<lb/>
gungen, u&#x0364;brigens ha&#x017F;t du freie Wahl in der<lb/>
Nachbar&#x017F;chaft rings umher, mußt aber bin-<lb/>
nen Monatsfri&#x017F;t enden, &#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;hle ich, und<lb/>
dann bleibt nur blinder Gehor&#x017F;am dein<lb/>
Loos! &#x2014; &#x2014; Da ich den Starr&#x017F;inn meines<lb/>
Vaters nur allzugut kannte, zuverla&#x0364;ßig<lb/>
wußte, daß &#x017F;einen einmal gefaßten Ent&#x017F;chluß<lb/>
kein Zufall vernichten konnte, &#x017F;o hielte ich am<lb/>
andern Morgen Rath mit meiner Mutter.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0074] Am Abende nach dieſer in ſeinen Augen ſo wichtigen Heldenthat, erklaͤrte er mich wuͤr- dig und faͤhig, ſeinen Namen auf die Nach- welt fortzupflanzen. Suche dir, ſprach er zu mir, ein Maͤdchen, das dir behagt, du mußt binnen Monatsfriſt heurathen. Fuͤr deinen und deines Weibes Unterhalt will ich ſorgen, und euch beide ſtandesmaͤßig erhal- ten; nur fordere ich, daß ſie wenigſtens ſechszehn Ahnen zaͤhle, und nicht die Toch- ter eines Federhelden, ſondern eines aͤchten Ritters ſei. Dies ſind meine einzigen Bedin- gungen, uͤbrigens haſt du freie Wahl in der Nachbarſchaft rings umher, mußt aber bin- nen Monatsfriſt enden, ſonſt waͤhle ich, und dann bleibt nur blinder Gehorſam dein Loos! — — Da ich den Starrſinn meines Vaters nur allzugut kannte, zuverlaͤßig wußte, daß ſeinen einmal gefaßten Entſchluß kein Zufall vernichten konnte, ſo hielte ich am andern Morgen Rath mit meiner Mutter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/74
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/74>, abgerufen am 24.11.2024.