entgegen, aber seine Blicke waren nur auf die Ohnmächtige gerichtet, er legte sie nahe am Ufer nieder, und entfernte sich erst dann, als wir bei ihm anlangten.
Nach dieser Erzählung wurde die Begier- de, dem edlen Retter danken zu können, in den Herzen der guten Eltern gleich stark rege, auch sie wünschten, daß die ausgesandten Bo- ten ihn finden, und aufs Schloß führen möchten. Mit eben so starker Sehnsucht er- warteten sie die Rückkehr derselben, trauerten und weinten mit ihrer Tochter, als alle ohne Hofnung, ohne Trost rückkehrten. Keiner hatte ihn gesehen, keiner mit ihm gesprochen, er schien einer wohlthätigen Gottheit zu glei- chen, die nur dann zu Hülfe herbeieilte, wenn Amaliens Leben in Gefahr schwebte; die plötzlich verschwand, wenn sie für diese Rettung danken wollte.
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entgegen, aber ſeine Blicke waren nur auf die Ohnmaͤchtige gerichtet, er legte ſie nahe am Ufer nieder, und entfernte ſich erſt dann, als wir bei ihm anlangten.
Nach dieſer Erzaͤhlung wurde die Begier- de, dem edlen Retter danken zu koͤnnen, in den Herzen der guten Eltern gleich ſtark rege, auch ſie wuͤnſchten, daß die ausgeſandten Bo- ten ihn finden, und aufs Schloß fuͤhren moͤchten. Mit eben ſo ſtarker Sehnſucht er- warteten ſie die Ruͤckkehr derſelben, trauerten und weinten mit ihrer Tochter, als alle ohne Hofnung, ohne Troſt ruͤckkehrten. Keiner hatte ihn geſehen, keiner mit ihm geſprochen, er ſchien einer wohlthaͤtigen Gottheit zu glei- chen, die nur dann zu Huͤlfe herbeieilte, wenn Amaliens Leben in Gefahr ſchwebte; die ploͤtzlich verſchwand, wenn ſie fuͤr dieſe Rettung danken wollte.
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entgegen, aber ſeine Blicke waren nur auf
die Ohnmaͤchtige gerichtet, er legte ſie nahe
am Ufer nieder, und entfernte ſich erſt dann,
als wir bei ihm anlangten.
Nach dieſer Erzaͤhlung wurde die Begier-
de, dem edlen Retter danken zu koͤnnen, in
den Herzen der guten Eltern gleich ſtark rege,
auch ſie wuͤnſchten, daß die ausgeſandten Bo-
ten ihn finden, und aufs Schloß fuͤhren
moͤchten. Mit eben ſo ſtarker Sehnſucht er-
warteten ſie die Ruͤckkehr derſelben, trauerten
und weinten mit ihrer Tochter, als alle ohne
Hofnung, ohne Troſt ruͤckkehrten. Keiner
hatte ihn geſehen, keiner mit ihm geſprochen,
er ſchien einer wohlthaͤtigen Gottheit zu glei-
chen, die nur dann zu Huͤlfe herbeieilte,
wenn Amaliens Leben in Gefahr ſchwebte;
die ploͤtzlich verſchwand, wenn ſie fuͤr dieſe
Rettung danken wollte.
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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