Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Hugo harrte nicht lange, man führte ihn
nach einem Gemache, wo er Mutter und
Tochter an einem Strickrahmen fand; er grüß-
te die erstere mit Ehrfurcht, und erklärte
der leztern des Kaisers Einlandung mit stamm-
lenden Worten. Kletas Wange hatte sich hoch
geröthet, als sie den Ritter erblickte; sie
bleichte izt mächtig, als sie seine Bothschaft
hörte, und nicht wußte, wie sie solche be-
antworten sollte. Sie blickte ihre Mutter an,
und heischte Rath und Unterricht. Edeldrud
ergrif den Griffel, schrieb ihr einige Worte
auf die Schiefertafel, Kleta lächelte, und
antwortete izt dem Ritter, daß sie die hohe
Ehre des Kaisers schätze, und seinem Befehle
gemäß beim Feste erscheinen werde.

Hugo dankte, zögerte so lange, als
möglich, bewunderte die schöne Arbeit der
noch schönern Hände, und ging endlich, weil
er des Wohlstands wegen nicht länger blei-

Hugo harrte nicht lange, man fuͤhrte ihn
nach einem Gemache, wo er Mutter und
Tochter an einem Strickrahmen fand; er gruͤß-
te die erſtere mit Ehrfurcht, und erklaͤrte
der leztern des Kaiſers Einlandung mit ſtamm-
lenden Worten. Kletas Wange hatte ſich hoch
geroͤthet, als ſie den Ritter erblickte; ſie
bleichte izt maͤchtig, als ſie ſeine Bothſchaft
hoͤrte, und nicht wußte, wie ſie ſolche be-
antworten ſollte. Sie blickte ihre Mutter an,
und heiſchte Rath und Unterricht. Edeldrud
ergrif den Griffel, ſchrieb ihr einige Worte
auf die Schiefertafel, Kleta laͤchelte, und
antwortete izt dem Ritter, daß ſie die hohe
Ehre des Kaiſers ſchaͤtze, und ſeinem Befehle
gemaͤß beim Feſte erſcheinen werde.

Hugo dankte, zoͤgerte ſo lange, als
moͤglich, bewunderte die ſchoͤne Arbeit der
noch ſchoͤnern Haͤnde, und ging endlich, weil
er des Wohlſtands wegen nicht laͤnger blei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0344" n="330"/>
        <p>Hugo harrte nicht lange, man fu&#x0364;hrte ihn<lb/>
nach einem Gemache, wo er Mutter und<lb/>
Tochter an einem Strickrahmen fand; er gru&#x0364;ß-<lb/>
te die er&#x017F;tere mit Ehrfurcht, und erkla&#x0364;rte<lb/>
der leztern des Kai&#x017F;ers Einlandung mit &#x017F;tamm-<lb/>
lenden Worten. Kletas Wange hatte &#x017F;ich hoch<lb/>
gero&#x0364;thet, als &#x017F;ie den Ritter erblickte; &#x017F;ie<lb/>
bleichte izt ma&#x0364;chtig, als &#x017F;ie &#x017F;eine Both&#x017F;chaft<lb/>
ho&#x0364;rte, und nicht wußte, wie &#x017F;ie &#x017F;olche be-<lb/>
antworten &#x017F;ollte. Sie blickte ihre Mutter an,<lb/>
und hei&#x017F;chte Rath und Unterricht. Edeldrud<lb/>
ergrif den Griffel, &#x017F;chrieb ihr einige Worte<lb/>
auf die Schiefertafel, Kleta la&#x0364;chelte, und<lb/>
antwortete izt dem Ritter, daß &#x017F;ie die hohe<lb/>
Ehre des Kai&#x017F;ers &#x017F;cha&#x0364;tze, und &#x017F;einem Befehle<lb/>
gema&#x0364;ß beim Fe&#x017F;te er&#x017F;cheinen werde.</p><lb/>
        <p>Hugo dankte, zo&#x0364;gerte &#x017F;o lange, als<lb/>
mo&#x0364;glich, bewunderte die &#x017F;cho&#x0364;ne Arbeit der<lb/>
noch &#x017F;cho&#x0364;nern Ha&#x0364;nde, und ging endlich, weil<lb/>
er des Wohl&#x017F;tands wegen nicht la&#x0364;nger blei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0344] Hugo harrte nicht lange, man fuͤhrte ihn nach einem Gemache, wo er Mutter und Tochter an einem Strickrahmen fand; er gruͤß- te die erſtere mit Ehrfurcht, und erklaͤrte der leztern des Kaiſers Einlandung mit ſtamm- lenden Worten. Kletas Wange hatte ſich hoch geroͤthet, als ſie den Ritter erblickte; ſie bleichte izt maͤchtig, als ſie ſeine Bothſchaft hoͤrte, und nicht wußte, wie ſie ſolche be- antworten ſollte. Sie blickte ihre Mutter an, und heiſchte Rath und Unterricht. Edeldrud ergrif den Griffel, ſchrieb ihr einige Worte auf die Schiefertafel, Kleta laͤchelte, und antwortete izt dem Ritter, daß ſie die hohe Ehre des Kaiſers ſchaͤtze, und ſeinem Befehle gemaͤß beim Feſte erſcheinen werde. Hugo dankte, zoͤgerte ſo lange, als moͤglich, bewunderte die ſchoͤne Arbeit der noch ſchoͤnern Haͤnde, und ging endlich, weil er des Wohlſtands wegen nicht laͤnger blei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/344
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/344>, abgerufen am 28.11.2024.