Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf
ihm. Dies war aber auch alles, was er durch
volle zwei Monden, von welchem jeder Tag
seine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die
Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter
sammt der Tochter auf der Strasse oder in der
Kirche anzureden, und wollte er es wagen,
unter irgend einem erdichteten Vorwande in
ihr Haus einzudringen, so ward er immer mit
der Versicherung zurückgwiesen, daß keinem
Ritter der Eingang offen stehe. Jeder, mit
welchem er sprach, kannte die schöne Kleta,
aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem
Hause, oder war fähig, ihm solchen zu bewür-
ken.

Wie schon namenlose Liebe an seinem Her-
zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht
hundert Plane entwarf, von welchen er am
andern Tage keinen ausführbar fand, machte
ihm der Kaiser kund, daß er zur Uebung sei-

er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf
ihm. Dies war aber auch alles, was er durch
volle zwei Monden, von welchem jeder Tag
ſeine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die
Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter
ſammt der Tochter auf der Straſſe oder in der
Kirche anzureden, und wollte er es wagen,
unter irgend einem erdichteten Vorwande in
ihr Haus einzudringen, ſo ward er immer mit
der Verſicherung zuruͤckgwieſen, daß keinem
Ritter der Eingang offen ſtehe. Jeder, mit
welchem er ſprach, kannte die ſchoͤne Kleta,
aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem
Hauſe, oder war faͤhig, ihm ſolchen zu bewuͤr-
ken.

Wie ſchon namenloſe Liebe an ſeinem Her-
zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht
hundert Plane entwarf, von welchen er am
andern Tage keinen ausfuͤhrbar fand, machte
ihm der Kaiſer kund, daß er zur Uebung ſei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0342" n="328"/>
er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf<lb/>
ihm. Dies war aber auch alles, was er durch<lb/>
volle zwei Monden, von welchem jeder Tag<lb/>
&#x017F;eine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die<lb/>
Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter<lb/>
&#x017F;ammt der Tochter auf der Stra&#x017F;&#x017F;e oder in der<lb/>
Kirche anzureden, und wollte er es wagen,<lb/>
unter irgend einem erdichteten Vorwande in<lb/>
ihr Haus einzudringen, &#x017F;o ward er immer mit<lb/>
der Ver&#x017F;icherung zuru&#x0364;ckgwie&#x017F;en, daß keinem<lb/>
Ritter der Eingang offen &#x017F;tehe. Jeder, mit<lb/>
welchem er &#x017F;prach, kannte die &#x017F;cho&#x0364;ne Kleta,<lb/>
aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem<lb/>
Hau&#x017F;e, oder war fa&#x0364;hig, ihm &#x017F;olchen zu bewu&#x0364;r-<lb/>
ken.</p><lb/>
        <p>Wie &#x017F;chon namenlo&#x017F;e Liebe an &#x017F;einem Her-<lb/>
zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht<lb/>
hundert Plane entwarf, von welchen er am<lb/>
andern Tage keinen ausfu&#x0364;hrbar fand, machte<lb/>
ihm der Kai&#x017F;er kund, daß er zur Uebung &#x017F;ei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0342] er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf ihm. Dies war aber auch alles, was er durch volle zwei Monden, von welchem jeder Tag ſeine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter ſammt der Tochter auf der Straſſe oder in der Kirche anzureden, und wollte er es wagen, unter irgend einem erdichteten Vorwande in ihr Haus einzudringen, ſo ward er immer mit der Verſicherung zuruͤckgwieſen, daß keinem Ritter der Eingang offen ſtehe. Jeder, mit welchem er ſprach, kannte die ſchoͤne Kleta, aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem Hauſe, oder war faͤhig, ihm ſolchen zu bewuͤr- ken. Wie ſchon namenloſe Liebe an ſeinem Her- zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht hundert Plane entwarf, von welchen er am andern Tage keinen ausfuͤhrbar fand, machte ihm der Kaiſer kund, daß er zur Uebung ſei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/342
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/342>, abgerufen am 17.09.2024.