und wahrscheinlich auch innerer Kummer, den Vater aufs Krankenlager, er bestellte sein Haus, sezte sein unglückliches Kind zum Er- ben seiner Güter ein, und schied mit der sichern Hofnung, daß ihm dort Aufklärung werden, und der Ewige die Rache an dem ruchlosen Thä- ter selbst üben werde, die er hier nicht vollen- den konnte.
Edeldrud trauerte tief und lange am Gra- be ihres Vaters, sie legte die Trauerkleider nie mehr ab, und ging immer als eine tiefge- beugte Witwe umher. Sie ließ ihre Veste stets sorgfältig bewachen, und das Thor der- selben keinem Fremden öfnen. Wie ihr bald hernach der Vogt kund machte, daß er im For- ste einen Haufen Reisige getroffen habe, die ihm nicht Rede stehen wollten, so dünkte sie sich auf der Veste nicht mehr sicher, sammlete ihre Schätze, und zog mit ihrer Tochter, wel- che sie innig liebte, gen Regensburg, wo sie
und wahrſcheinlich auch innerer Kummer, den Vater aufs Krankenlager, er beſtellte ſein Haus, ſezte ſein ungluͤckliches Kind zum Er- ben ſeiner Guͤter ein, und ſchied mit der ſichern Hofnung, daß ihm dort Aufklaͤrung werden, und der Ewige die Rache an dem ruchloſen Thaͤ- ter ſelbſt uͤben werde, die er hier nicht vollen- den konnte.
Edeldrud trauerte tief und lange am Gra- be ihres Vaters, ſie legte die Trauerkleider nie mehr ab, und ging immer als eine tiefge- beugte Witwe umher. Sie ließ ihre Veſte ſtets ſorgfaͤltig bewachen, und das Thor der- ſelben keinem Fremden oͤfnen. Wie ihr bald hernach der Vogt kund machte, daß er im For- ſte einen Haufen Reiſige getroffen habe, die ihm nicht Rede ſtehen wollten, ſo duͤnkte ſie ſich auf der Veſte nicht mehr ſicher, ſammlete ihre Schaͤtze, und zog mit ihrer Tochter, wel- che ſie innig liebte, gen Regensburg, wo ſie
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und wahrſcheinlich auch innerer Kummer, den
Vater aufs Krankenlager, er beſtellte ſein
Haus, ſezte ſein ungluͤckliches Kind zum Er-
ben ſeiner Guͤter ein, und ſchied mit der ſichern
Hofnung, daß ihm dort Aufklaͤrung werden,
und der Ewige die Rache an dem ruchloſen Thaͤ-
ter ſelbſt uͤben werde, die er hier nicht vollen-
den konnte.
Edeldrud trauerte tief und lange am Gra-
be ihres Vaters, ſie legte die Trauerkleider
nie mehr ab, und ging immer als eine tiefge-
beugte Witwe umher. Sie ließ ihre Veſte
ſtets ſorgfaͤltig bewachen, und das Thor der-
ſelben keinem Fremden oͤfnen. Wie ihr bald
hernach der Vogt kund machte, daß er im For-
ſte einen Haufen Reiſige getroffen habe, die
ihm nicht Rede ſtehen wollten, ſo duͤnkte ſie
ſich auf der Veſte nicht mehr ſicher, ſammlete
ihre Schaͤtze, und zog mit ihrer Tochter, wel-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/336>, abgerufen am 24.11.2024.
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