Bette verkaufen, um den Hunger der armen Kinder nur nothdürftig zu stillen.
Als alles verkauft war, selbst die täg- liche Arbeit immer sparsamer wurde, warf Elend und Noth seine Gattin und alle seine Kinder aufs Krankenlager, auch er schwankte matt und kraftlos umher, konnte den Kran- ken kaum einen kalten Labetrunk reichen, und die wenige Arbeit nicht mehr fördern. Wie er einst trostlos am Strohlager seines Wei- bes saß, alle seine Kinder wimmerten, und er der Leidenden aufrichtig gestand, daß er nicht wisse: Wo er morgen einen Bissen Brod hernehmen sollte? Da sprach sein Weib: Va- ter, du mußt betteln gehen! Die allgemeine Noth wird die Herzen der Reichen doch öf- nen! Geh nach der Stadt, und bring uns Brod, sonst verschmachten wir alle!
Er antwortete nicht, weinte schrecklich,
Bette verkaufen, um den Hunger der armen Kinder nur nothduͤrftig zu ſtillen.
Als alles verkauft war, ſelbſt die taͤg- liche Arbeit immer ſparſamer wurde, warf Elend und Noth ſeine Gattin und alle ſeine Kinder aufs Krankenlager, auch er ſchwankte matt und kraftlos umher, konnte den Kran- ken kaum einen kalten Labetrunk reichen, und die wenige Arbeit nicht mehr foͤrdern. Wie er einſt troſtlos am Strohlager ſeines Wei- bes ſaß, alle ſeine Kinder wimmerten, und er der Leidenden aufrichtig geſtand, daß er nicht wiſſe: Wo er morgen einen Biſſen Brod hernehmen ſollte? Da ſprach ſein Weib: Va- ter, du mußt betteln gehen! Die allgemeine Noth wird die Herzen der Reichen doch oͤf- nen! Geh nach der Stadt, und bring uns Brod, ſonſt verſchmachten wir alle!
Er antwortete nicht, weinte ſchrecklich,
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Bette verkaufen, um den Hunger der armen
Kinder nur nothduͤrftig zu ſtillen.
Als alles verkauft war, ſelbſt die taͤg-
liche Arbeit immer ſparſamer wurde, warf
Elend und Noth ſeine Gattin und alle ſeine
Kinder aufs Krankenlager, auch er ſchwankte
matt und kraftlos umher, konnte den Kran-
ken kaum einen kalten Labetrunk reichen, und
die wenige Arbeit nicht mehr foͤrdern. Wie
er einſt troſtlos am Strohlager ſeines Wei-
bes ſaß, alle ſeine Kinder wimmerten, und
er der Leidenden aufrichtig geſtand, daß er
nicht wiſſe: Wo er morgen einen Biſſen Brod
hernehmen ſollte? Da ſprach ſein Weib: Va-
ter, du mußt betteln gehen! Die allgemeine
Noth wird die Herzen der Reichen doch oͤf-
nen! Geh nach der Stadt, und bring uns
Brod, ſonſt verſchmachten wir alle!
Er antwortete nicht, weinte ſchrecklich,
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/290>, abgerufen am 25.11.2024.
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