Einbildung, und fordert dann, daß sie Gott und ihm danken sollen. Wenn sie sich nun ganz natürlich nicht seiner Laune fügen wol- len, so hält er sie für Renegaten, und be- leidigt sie so lange, bis sie sich empfindlich an ihm rächen. Um ihn daher nicht täglicher Mißhandlung auszusetzen, darf ich ihn nicht aus dem Gemache lassen.
Anfangs gab ihm der Wärter, gleich al- len Uebrigen, eine Kette, aber er weinte schrecklich, und dünkte sich wieder in der Sklaverei; ich konnte seine Thränen nicht sehen, nahm ihm die Kette ab, und ordnete einen Wächter an seine Thüre. Jzt ist die- ser aber nicht mehr nöthig, weil er fest glaubt, daß vor der Thüre Türken auf ihn lauern, und in die Sklaverei schleppen wol- len, er würde daher um keinen Preiß in der Welt die Schwelle überschreiten.
Einbildung, und fordert dann, daß ſie Gott und ihm danken ſollen. Wenn ſie ſich nun ganz natuͤrlich nicht ſeiner Laune fuͤgen wol- len, ſo haͤlt er ſie fuͤr Renegaten, und be- leidigt ſie ſo lange, bis ſie ſich empfindlich an ihm raͤchen. Um ihn daher nicht taͤglicher Mißhandlung auszuſetzen, darf ich ihn nicht aus dem Gemache laſſen.
Anfangs gab ihm der Waͤrter, gleich al- len Uebrigen, eine Kette, aber er weinte ſchrecklich, und duͤnkte ſich wieder in der Sklaverei; ich konnte ſeine Thraͤnen nicht ſehen, nahm ihm die Kette ab, und ordnete einen Waͤchter an ſeine Thuͤre. Jzt iſt die- ſer aber nicht mehr noͤthig, weil er feſt glaubt, daß vor der Thuͤre Tuͤrken auf ihn lauern, und in die Sklaverei ſchleppen wol- len, er wuͤrde daher um keinen Preiß in der Welt die Schwelle uͤberſchreiten.
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Einbildung, und fordert dann, daß ſie Gott
und ihm danken ſollen. Wenn ſie ſich nun
ganz natuͤrlich nicht ſeiner Laune fuͤgen wol-
len, ſo haͤlt er ſie fuͤr Renegaten, und be-
leidigt ſie ſo lange, bis ſie ſich empfindlich
an ihm raͤchen. Um ihn daher nicht taͤglicher
Mißhandlung auszuſetzen, darf ich ihn nicht
aus dem Gemache laſſen.
Anfangs gab ihm der Waͤrter, gleich al-
len Uebrigen, eine Kette, aber er weinte
ſchrecklich, und duͤnkte ſich wieder in der
Sklaverei; ich konnte ſeine Thraͤnen nicht
ſehen, nahm ihm die Kette ab, und ordnete
einen Waͤchter an ſeine Thuͤre. Jzt iſt die-
ſer aber nicht mehr noͤthig, weil er feſt
glaubt, daß vor der Thuͤre Tuͤrken auf ihn
lauern, und in die Sklaverei ſchleppen wol-
len, er wuͤrde daher um keinen Preiß in
der Welt die Schwelle uͤberſchreiten.
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/282>, abgerufen am 26.11.2024.
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