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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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spatzieren, grüßte jeden mit einem gnädigen
Kopfnicken, machte sich aus einem breiten
Blatte einen Fächer, und sah es sehr gerne,
wenn die losen Dorfjungen als Bediente hinter
ihr her schritten, oder gar den Schlepp ihres
Kleides trugen.

Einst kam sie athemlos mit einem grossen
beschriebenen Papiere nach Hause, und machte
es allen Anwesenden kund, daß ihr Geliebter
sich im Kriege hervorgethan habe, General ge-
worden sei, und nächstens im Dorfe erscheinen
würde, um sie als seine Gemahlin nach der
Stadt zu führen. Diese Idee, welche sie wahr-
scheinlich schon lange im Stillen beschäftigte,
blieb nun unauslöschbar vor ihrer Seele ste-
hen, war der Urstoff aller ihrer Reden und
Handlungen. Sie stand jeden Tag mit der
Gewißheit auf, daß ihr Gemahl heute an-
kommen würde, und legte sich mit der festen
Ueberzeugung nieder, daß er morgen erschei-

ſpatzieren, gruͤßte jeden mit einem gnaͤdigen
Kopfnicken, machte ſich aus einem breiten
Blatte einen Faͤcher, und ſah es ſehr gerne,
wenn die loſen Dorfjungen als Bediente hinter
ihr her ſchritten, oder gar den Schlepp ihres
Kleides trugen.

Einſt kam ſie athemlos mit einem groſſen
beſchriebenen Papiere nach Hauſe, und machte
es allen Anweſenden kund, daß ihr Geliebter
ſich im Kriege hervorgethan habe, General ge-
worden ſei, und naͤchſtens im Dorfe erſcheinen
wuͤrde, um ſie als ſeine Gemahlin nach der
Stadt zu fuͤhren. Dieſe Idee, welche ſie wahr-
ſcheinlich ſchon lange im Stillen beſchaͤftigte,
blieb nun unausloͤſchbar vor ihrer Seele ſte-
hen, war der Urſtoff aller ihrer Reden und
Handlungen. Sie ſtand jeden Tag mit der
Gewißheit auf, daß ihr Gemahl heute an-
kommen wuͤrde, und legte ſich mit der feſten
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[216[200]/0214] ſpatzieren, gruͤßte jeden mit einem gnaͤdigen Kopfnicken, machte ſich aus einem breiten Blatte einen Faͤcher, und ſah es ſehr gerne, wenn die loſen Dorfjungen als Bediente hinter ihr her ſchritten, oder gar den Schlepp ihres Kleides trugen. Einſt kam ſie athemlos mit einem groſſen beſchriebenen Papiere nach Hauſe, und machte es allen Anweſenden kund, daß ihr Geliebter ſich im Kriege hervorgethan habe, General ge- worden ſei, und naͤchſtens im Dorfe erſcheinen wuͤrde, um ſie als ſeine Gemahlin nach der Stadt zu fuͤhren. Dieſe Idee, welche ſie wahr- ſcheinlich ſchon lange im Stillen beſchaͤftigte, blieb nun unausloͤſchbar vor ihrer Seele ſte- hen, war der Urſtoff aller ihrer Reden und Handlungen. Sie ſtand jeden Tag mit der Gewißheit auf, daß ihr Gemahl heute an- kommen wuͤrde, und legte ſich mit der feſten Ueberzeugung nieder, daß er morgen erſchei-

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 216[200]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/214>, abgerufen am 24.11.2024.